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Ein paar Tage Licht

Ein paar Tage Licht

Titel: Ein paar Tage Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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Staatsstreich gegen den ersten gewählten Präsidenten des unabhängigen Algerien unterstützt.
    »Wir gehen davon aus, dass sie mit den Geiseln dorthin zurückkehren werden«, sagte Toumi, Zigarette und Feuerzeug in den Händen.
    »Nach Libyen«, sagte Eley.
    Soudanis Augen lagen auf ihm, gerötete, strenge Augen, die ihn in seine Grenzen verweisen wollten. Er spürte, dass ihn der General nicht respektierte. Er war ihm zu sehr Westler, zu dekadent, zu emotional. Nicht diszipliniert genug.
    »Was für Autos haben sie?«
    »Vans«, sagte Toumi.
    »Sie müssen lokale Unterstützer gehabt haben, wie den Chauffeur. Leute, die sie für eine Weile verstecken und versorgen. Irgendwo müssen andere Autos bereitstehen.«
    »Auch unsere Polizei beherrscht ihr Handwerk, Monsieur Eley«, warf Amel ein.
    »Das bezweifele ich nicht.«
    »Sie sind selbst Polizist«, sagte Toumi freundlich, stieß Rauch aus. »Sie fühlen sich verantwortlich, wollen auf die Straße, selbst ermitteln. Cop work. Wir verstehen das. Leider ist es nicht möglich. Es würde gegen algerische Gesetze verstoßen.«
    Eley nickte. Die Warnung war deutlich genug.
    »Noch Tee?«
    »Ja, bitte.«
    Toumi schenkte allen nach, wieder trat eine Gesprächspause ein, ein kurzer Waffenstillstand.
    Toumi hatte recht, er fühlte sich verantwortlich. Er war doch auch verantwortlich, irgendwie. Die Sicherheit deutscher Staatsbürger in Algerien fiel in seine Zuständigkeit.
    Er dachte an die vielen offenen Fragen. Eine war wichtiger als alle anderen: Falls das Militär in irgendeiner Form in die Entführung involviert war – wusste Amel dann Bescheid?
    Er musterte sie über seine Tasse hinweg. Sie hatte die Beine eng übereinandergeschlagen, saß leicht nach vorn gebeugt, rührte Zucker in ihren Tee. Die dunkelgraue Hose und die gleichfarbige Jacke standen ihr, passten wunderbar zum schwarzen Haar. Sie hatte sie vor wenigen Wochen zusammen mit ihrer Mutter gekauft, in einem Geschäft in der Rue Didouche Mourad, Haupteinkaufsstraße im Zentrum Algiers.
    Auch er war dort gewesen.
    Draußen sintflutartiger Regen, der alltägliche Verkehrshorror, drinnen algerische Popmusik und der gefährliche, heimliche Tanz, der für beide immer mehr von seinem spielerischen Charakter verlor. Sie hatten über Kleidungsständer hinweg mit Blicken kommuniziert, über Spiegel, eine schlanke, elegante Algerierin, ein hagerer Ausländer mit wilden Augen und grauem Stoppelhaar. Hatten sich kurze Sätze zugewispert, wenn sie sich in den engen Gängen begegnet waren, den anderen flüchtig berührt. Von Weitem hatte Eley beobachtet, wie sich der geschlossene Vorhang der Umkleidekabine bewegte und seine Form veränderte, wenn ihr Körper ihn von innen berührte. Ein spitzer Ellbogen, eine Schulter, eine Hüfte …
    Monsieur? Puis-je vous aider?
    Merci, je cherche un blazer pour ma femme.
    Les blazers sont là-bas.
    Aussi un pullover.
    En face de vous.
    Er hatte einen zu dem dunklen Grau passenden blauen Pullover genommen, Amels Blick gespürt, ihr unauffälliges, müdes Lächeln gesehen.
    Sie waren beide müde geworden in diesen dreieinhalb Jahren.
    Plötzlich hatte ihre Mutter neben ihm gestanden, eine kleine Frau mit dunklem Kopftuch, bodenlangem, hellbraunem Hidschab, geröteter Nase. Sie war stark erkältet, roch nach Pfefferminz. Lautlos hatte sie die Kleidung durchgesehen, lautlos war sie weitergegangen, in einer Aura aus Unruhe und konservierter Trauer.
    Sie war ein Teil des Problems. Solange sie lebte, würde Amel Algerien auf keinen Fall verlassen.
    Der blaue Pullover … Erst jetzt fiel ihm auf, dass sie ihn an diesem Sonntagabend in Toumis Büro trug.
    Sie sah auf. Ihr Blick begegnete seinem, glitt weiter zu Toumi, zu Soudani, die leise auf Algerisch miteinander sprachen. Kehrte zu ihm zurück.
    Sie lächelte kaum merklich.
    Ich liebe dich, dachte Eley. Je t’aime.
    Zum ersten Mal fragte er sich, weshalb sie bei dieser Besprechung dabei war. Wenn er Termine bei algerischen Behörden hatte, traf er immer auf Männer, nie auf Frauen. Hin und wieder telefonierte er mit Frauen, las Dokumente und Schriftstücke von Sachbearbeiterinnen, Untersuchungsrichterinnen. Aber er begegnete ihnen nie. Die Algerier hätten es als anstößig empfunden, wenn er mit Frauen zusammengearbeitet hätte.
    Also war Amel aus strategischen Gründen hier. Man brauchte ein gefälliges Gesicht. Die Rüstungsgeschäfte mit den Deutschen waren zu wichtig.
    Sie benutzten sie.
    »Monsieur?«
    Er sah Toumi an.

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