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Ein paar Tage Licht

Ein paar Tage Licht

Titel: Ein paar Tage Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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»Ein paar Kilometer nördlich von hier ist ein Steinbruch im Wald, fünfzig Meter hoch. Hin und wieder springt jemand hinunter. Einer aus dem Dorf ist mit dem Auto über die Klippe gefahren, er hatte Krebs. Er ist samt dem Auto verbrannt. Sie haben ihn nur identifiziert, weil die Leute das Auto kannten.«
    »Fahren wir«, sagte Djamel.
    »Ich war so lange nicht dort«, sagte Hamza, »in der Heimat.«
    »Du musst Geduld haben.«
    Hamza durchsuchte die Hosentaschen des Toten, fand den Autoschlüssel. Djamel beobachtete, wie er den Kofferraum vorsichtig öffnete.
    Als er sich wieder dem Jungen zuwandte, lag dessen Kopf anders. Die Augen starrten ihn an. »Hamza«, sagte er.
    Schweigend standen sie da, blickten auf den Spitzel hinab. Er konnte sich nicht bewegen, konnte nur starren und blinzeln, schlucken.
    »Ein Straßenkämpfer«, sagte Hamza voller Respekt.
    »Ja«, sagte Djamel, kniete sich hin, brachte es zu Ende.

III
    PHIL

30
    ALGIER
    Ein Mann und eine Frau liefen über einen weiten Platz, vielleicht die Place des Martyrs, verschwommen die Konturen französischer Stadthäuser, grell das Weiß einer Moschee. Der Mann war er, die Frau kannte er nicht. Die Bewegungen zäh und mühsam, die Geräusche dumpf und tief, wie unter Wasser, alles war wie unter Wasser, schwerelos und zugleich schwer, sie kamen kaum voran, doch das war wohl auch nicht das Ziel, vorankommen. »Chéri …«
    Er wollte den Traum nicht verlassen, wollte unter Wasser bleiben, schwerelos bleiben, das Zähe, Dumpfe so angenehm. »Mon amour …«
    Er schlug die Augen auf, atmete Amels Duft ein, erschrak nicht einmal, zu viel Wein, um zu erschrecken. Ihr nackter Körper berührte seinen Rücken, ihre Brüste, sie war schon unter die Decke gekrochen, küsste seine Schulter, während ihre Hand über seine Taille fuhr, sein Becken, ihn ein Stück zu sich drehte. Sein Schwanz wuchs ihrer Hand entgegen. Eley drehte sich weiter, bis er ihr Gesicht sah, ihr Lächeln.
    »Bonjour, chéri.«
    Er nickte, alles war jetzt leicht und klar.
    Er stand am Fenster des Esszimmers, blickte auf Cap Matifou jenseits der Bucht, das wie das Meer draußen im weichen Grau der Morgendämmerung lag, die Bucht selbst noch dunkel. Im Hafen dockte eine Fähre an, in der Ferne unbewegt die Containerschiffe, kamen ihm vor wie Beobachter, unbarmherzige Wächter.
    »Kein Ton?«
    »Nein«, sagte er.
    Er ging zum Tisch, setzte sich, der Laptop zwischen ihnen, die Aufnahmen aus Constantine. Amel war in Unterwäsche, die Spaghettiträger verdreht, das Haar verstrubbelt und noch feucht vom Duschen. Ihre Augen erschienen ihm matt und kraftlos, darunter Schatten der Müdigkeit. Sie hatte die DDSE nachts um eins verlassen, war um fünf aufgestanden, um zu ihm zu kommen. Deutlicher als sonst zeichnete sich die lange, schmale Narbe ab.
    Minuten verstrichen, hin und wieder schabten ihre Finger über das Touchpad. An ihrem Blick sah Eley, wie die Zweifel kamen und mit ihnen Angst.
    Amel war ins dunkle Wohnzimmer gegangen, wo sie sich am frühen Morgen ausgezogen hatte. Er hörte Kleidung rascheln, sah sie nicht. Sie musste ins Büro, um halb acht die erste Besprechung, um zwölf mit dem Botschafter und ihm, am Nachmittag die merkwürdige Reise nach Tamanrasset. Ein, zwei Tage mit Toumi, Carola Liebig, anderen in der Wüste, um einen falschen Mittelsmann zu treffen, der sie zu einem falschen Tuareg-Informanten führen würde.
    »Es muss eine andere Erklärung geben«, sagte sie.
    »Ich habe keine.«
    »Warum sollten Toumi und Soudani in Bezug auf AQMI lügen? Was hätten sie davon?«
    »Zeit«, sagte Eley. »Sie brauchen Zeit.«
    »Ich kann das nicht glauben.«
    »Ich weiß.«
    »Wenn es nicht um Geld geht, worum dann?«
    »Wahrscheinlich um Informationen.«
    »In Bezug auf was?«
    Eley griff nach den Zigaretten, riss sich zusammen. Er rauchte nicht, wenn Amel in der Wohnung war.
    Sie trat in den Türrahmen und lehnte sich dagegen, wartete auf eine Antwort. Ihre Lippen waren leicht geöffnet, an der Nasenwurzel die kleinen, scharfen Falten, ihre Augen glänzten. Er wusste nicht genau, was es war, Erstaunen, Enttäuschung, Verärgerung, nur dass ihr sein Misstrauen wehtat.
    Vertrau ihr, dachte er. Du musst doch vertrauen.
    »In Bezug auf Meininger Rau«, sagte er. »Aber das ist nur eine Vermutung. Richter hat bis vor ein paar Monaten für die gearbeitet. Die ersten Gewehre werden demnächst geliefert. Vielleicht hängt es damit zusammen.«
    »Deutschland.« Sie kehrte ins Wohnzimmer zurück,

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