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Ein paar Tage Licht

Ein paar Tage Licht

Titel: Ein paar Tage Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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entführt, den ehemaligen Vertriebsbeauftragten von Meininger Rau, der so viele Details kannte und für seinen neuen Arbeitgeber Elbe Defence Systems geradewegs zu ihnen gekommen war, nach Constantine. Aber sie gehörten weder AQM noch den algerischen Sicherheitskräften an.
    »Sie wollen die Gewehre«, sagte er.
    Die beiden Männer antworteten nicht. Fragten weiter.
    »Wie viel wiegt eine Kiste?«
    »Siebzig Kilo.«
    »Wie groß sind die Kisten?«
    »Hundertdreißig mal fünfundsechzig mal sechzig.«
    Das MRG 45, der Verkaufshit von Meininger Rau. Ein fabelhaftes Gewehr, besser als das G36 von HK . Ein Gewehr für die Ewigkeit. Er war noch immer stolz darauf, stolz auf den Erfolg. Geliefert unter seiner Ägide in rund ein Dutzend Länder, die Lizenz verkauft an Spanien, Jordanien und Saudi-Arabien. Auch das Algerien-Geschäft hatte er noch in die Wege geleitet.
    Madjer trat ein, schickte die beiden Männer hinaus. Er wirkte ernst und gefasst, aber sehr müde. »Konnten Sie schlafen, Monsieur?«
    »Sie werden mich nicht freilassen«, sagte Richter. »Nicht bevor Sie die Gewehre haben.«
    »Ja.«
    Madjer trug den Stuhl vor ihn und setzte sich. Richter dachte, dass er sich den alten Madjer zurückwünschte, den aus Constantine, der so freundlich und humorvoll gewesen war. Wir sind eine große Familie, und hier wohnen wir. Das Schild – MONSIEUR ATLAS .
    »Sie werden in der zweiten Novemberhälfte ausgeliefert«, sagte er. »In drei Wochen, nicht in ein paar Tagen.«
    »Das Datum wurde geändert. Am Montag sind Sie frei.«
    Er schüttelte den Kopf. Das Datum geändert? Sie konnten doch nicht wissen, was er nicht wusste.
    Madjer lächelte sanft. »Wie haben jetzt jemanden bei der Spedition. Bei Talheim Transport. Sie kann nachts in die Auftragsbücher sehen.« Er tätschelte ihm das Knie. »Montag, Monsieur Richter.«
    Richter wandte sich dem Fenster zu, dem Licht. Aber es war zu hell geworden. Vor seinen entwöhnten Augen tanzten Flecken, und der Schmerz pochte in seinem Kopf. Er senkte den Blick. »Noch eine Woche Couscous.«
    »Wir fahren heute in die Stadt. Falls Sie etwas Bestimmtes wollen …«
    »Fleisch. Und ein kühles Bier. Bekommt man hier Bier?«
    »Hier?«
    »In der Kabylei.«
    Madjer lächelte. »Ja, hier bekommt man Bier.«
    »Sind Sie Kabyle?«
    »Nein.«
    »Und Ihre Leute?«
    »Manche sind Kabylen, andere Tuareg, die meisten Araber. Aber wir haben auch Christen unter uns. In der Kabylei gibt es eine Menge Christen, wussten Sie das?«
    »Nein.«
    »Eine Viertelmillion«, sagte Madjer.
    Zweihundertfünfzigtausend, dachte Richter. Eine Menge Steinchen. Er unterdrückte ein Kichern. Fragte sich, wie lange er durchhalten würde. Bei klarem Verstand bleiben würde.
    Madjer sprach weiter, täuschte eine Unterhaltung zwischen Gleichberechtigten vor, ein informatives Gespräch zwischen Einheimischem und Ausländer. »Nominell herrscht in Algerien Religionsfreiheit, wie Sie vielleicht wissen. Trotzdem werden immer wieder christliche Kirchen geschlossen, und die Missionierung ist verboten. Eine Schande, wenn Sie mich fragen.«
    Richter begann zu begreifen. »Und Sie wollen das ändern.«
    »Das und vieles andere.«
    »Deshalb die Gewehre.«
    »Es ist besser für Sie, wenn Sie nicht zu viel wissen.«
    »Ich weiß bereits zu viel, Madjer.« Richter hob die Hand, bewegte sie im Halbkreis, während ihm Tränen in die Augen schossen. »Ich weiß, was Sie wollen, wer Sie sind, dass Ihre Gruppe existiert, dass wir in der Kabylei sind. Ich weiß viel zu viel, und deshalb werden Sie mich nicht freilassen. Sie werden mich töten.«
    Es klopfte, eine Frau trat ein. Sie sagte ein paar Worte auf Algerisch und reichte Madjer ein Fernglas. Er ging zu dem Fensterschlitz, der kaum breiter als das Fernglas war. Lange stand er dort, beobachtete.
    Richter musste nicht fragen, er hörte das Geräusch in weiter Ferne. Ein Hubschrauber.
    Er blinzelte die Tränen weg, wischte sich die Wangen trocken. Als er den Blick der Frau auf sich spürte, sah er sie an. Eine einfache Frau, Anfang dreißig, Haare und Teint dunkel, die Augen schwarz. Mit einem leeren Lächeln trat sie zu ihm. Plötzlich hielt sie eine Pistole in der Hand. Sie setzte ihm die Mündung an die Stirn und sagte: »Pow.«
    Madjer drehte sich um. »Karima.«
    Richter schloss die Augen, ließ den Kopf nach hinten sinken. Die Mündung blieb an seiner Stirn.
    »Pow«, sagte Karima.
    Dann war die Waffe fort. Karima schien die Zelle verlassen zu haben, er hörte, wie sich die

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