Ein Paradies der Sinne
wiederkam. Ihre Gefühle waren so komplex und durcheinander, dass sie vieles der Schwangerschaft zuschrieb. Noch nie zuvor war sie jedoch so wenig selbstsicher gewesen. Trotz ihrer Malerei, der wunderbaren Kinder und nicht zuletzt ihres mit Sehnsucht erwarteten Babys fühlte Amy sich von Harry abgeschnitten. Es kam ihr vor, als seien sie sich nur noch wirklich nahe, wenn sie miteinander schliefen, wenn sie in ihrer Ekstase nicht mehr in der Lage waren, miteinander zu reden.
Amy wusste nicht, wie sie das, was ihr am Herzen lag, in Worte fassen sollte. Vor. Verzweiflung fing sie an zu weinen.
Harry legte den Arm um sie, zog sie im Bett eng an sich und legte eine Hand besitzergreifend auf ihren runden Bauch. „Na, Schatz“, sagte er mit den Lippen an ihrer Schläfe, „deine Hormone sind ein wenig durcheinandergeraten. Aber am Ende wird alles gut. Du wirst sehen.“
Sag mir, dass du mich liebst! dachte Amy. „Du hast gut reden“, sagte sie laut. „Du bist ja nicht schwanger!“
„Zum Glück!“, konterte er gut gelaunt. „Sonst wären wir so damit beschäftigt, uns die Fotografen vom Leib zu halten, dass wir gar nichts mehr fertig bekämen.“
Amy musste lachen. „Eigentlich müsstest du mich hassen“, meinte sie.
Harry betrachtete einen Moment nachdenklich ihr gequältes Gesicht, ehe er sie küsste. „Dich hassen?“, sagte er mit tiefer Stimme, als es Amy von der Intimität seiner Berührung schwindelig wurde. „Niemals.“
Normalerweise hätte er jetzt ein neues Liebesspiel mit Amy begonnen, aber diesmal zog er sie nur ganz nah zu sich heran, seufzte zufrieden und schlief ein.
Zu Neujahr nahmen Mary Anne und Elsa den Christbaumschmuck wieder ab und verstauten ihn. Amy holte die Ölfarben und eine Leinwand heraus und begann erneut zu malen.
Ende des Monats und noch einmal im Februar brachte Harry Amy zum Arzt nach Sydney. In der ersten Märzwoche, gerade als der Winter in Australien Einzug hielt, setzten bei Amy die Wehen ein.
Diesmal brachte Harry sie nicht nach Sydney, sondern holte den Arzt, eine Hebamme und einen Anästhesisten dort ab.
Sara Tyler Griffith kam im Schlafzimmer ihrer Eltern zur Welt – während eines schweren Unwetters und einer drohenden Flutwelle. Sie war ein wunderhübsches Kind mit ihren blauen Augen und einem dichten Schopf dunkler Haare. Genau wie Tyler Amy in ihrem Traum angekündigt hatte.
Harry hielt seine Tochter im Arm, während der Arzt und die Hebamme Amy versorgten, und in seinen Augen standen Tränen. Als Amy ihren Mann und dieses unschuldige Kind sah, konnte sie nicht anders, als sich glücklich zu fühlen. Sie hatte praktisch alles, was sie sich je gewünscht hatte; was sollte es also, sich um Kleinigkeiten zu sorgen. Was machte es schon, wenn Harry sie nicht wirklich liebte, wenn sie sich immer wieder fragte, was er wohl tat, wenn er nicht zu Hause war. Man konnte nicht alles haben.
Am nächsten Tag, als die Milch einschoss und Amy Sara anlegte, streichelte sie ihr über den kleinen Kopf und sagte: „Du schlägst mehr nach deinem Vater als nach mir, glaube ich. Aber ich denke, damit kann ich leben.“ Sie lächelte. „Ganz unter uns, mein Schatz: Du wirst eines Tages die Firma deines Vaters leiten.“
Amy hörte ein zaghaftes Klopfen an der Tür, dann kamen Ashley und Oliver herein. Sie waren neugierig, ihre kleine Schwester kennenzulernen, und fragten sich sicher, ob die kleine Sara ihnen wohl den Platz streitig machen würde.
„Ich werde ganz, ganz viel Hilfe von euch beiden benötigen“, erklärte Amy ihren Kindern. „Ein Baby großzuziehen, ist harte Arbeit, auch wenn es meistens viel Spaß macht. Ich verlasse mich auf euch.“
„Was ist mit Harry? Hilft der auch mit?“, wollte Ashley wissen.
Die Frage traf Amy sehr. Harry liebte sein Kind abgöttisch, obwohl Amy zugeben musste, dass er Ashley und Oliver gleich viel Liebe entgegenbrachte. Doch von Amy begann er sich bereits zu entfernen.
Er schlief in einem der Gästezimmer, und wenn er sie besuchte, dann geschah dies, weil er seine Tochter besuchen wollte, nicht seine Frau. Bald war er noch öfter unterwegs als vor der Geburt, und als Sarah zweieinhalb Monate alt wurde, war Amy so unglücklich wie nie zuvor in ihrem Leben.
Als Harry aus Brisbane anrief, um ihr mitzuteilen, dass er dort ein paar Tage länger aufgehalten würde, als ursprünglich vorgesehen, beschloss sie, ihn endlich zur Rede zu stellen.
Da er mit dem Flugzeug unterwegs war, nahm Amy all ihren Mut zusammen, rief auf dem
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