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Ein perfekter Freund

Ein perfekter Freund

Titel: Ein perfekter Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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wären wir Ihnen dankbar für eine kurze Nachricht an den Unterzeichnenden.
    Mit freundlichen Grüßen, Fabio Rossi Fabio unterdrückte - zum wievielten Mal schon heute? - den Impuls, Norina anzurufen. Er ging hinunter und verbrannte sich am Pizzastand gegenüber den Gaumen. Das Wetter hatte sich noch nicht entschieden. Graumelierte Wolken jagten sich auf einem Himmel von zaghaftem Blau. Im Übermut ließ sich Fabio mit dem kurdischen Pizzaverkäufer auf ein Fachgespräch über die Konsistenz von Pizzaböden ein.
    Als er keine Viertelstunde später wieder die Treppenhalle des Florida betrat, stand sein Fahrrad anders. Er machte Licht. Der Vorderreifen war platt. Der Hinterreifen ebenfalls. Er schaute sich den Schaden näher an.
    Jemand hatte die Reifen seitlich mit einem Messer aufgeschlitzt und etwas Längliches in die Schlitze gesteckt. Er zog es heraus. Es waren zwei Schokoriegel. Marke Chocofit.
    Fabios Herz raste. Er stand in seinem Apartment und redete sich gut zu.
    Ein Bubenstreich. Vandalismus. Milieuhumor. Eine Verwechslung. Chocofit war einer der verbreitetsten Schokoriegel. Wenn jemand es lustig fand, jemandem zwei Schokoriegel durch die Fahrradreifen zu stecken, war die Wahrscheinlichkeit groß, daß er Chocofit wählte. Zufall. Jemand hatte sich einen schlechten Scherz erlaubt.
    Jemand mit einem Hausschlüssel?
    Das war nicht nötig. Um diese Zeit waren alle Mädchen zu Hause. Irgendwo klingeln und »Post« in die Gegensprechanlage rufen - schon war man drin.
    Langsam beruhigte sich Fabio. Sachlich betrachtet war alles halb so schlimm. Es waren emotionale Dinge, die ihn verstörten: die Aggressivität - es bedarf schon eines sehr scharfen Messers und eines sehr brutalen Schnitts, um zwei praktisch neue, verstärkte Trekreifen seitlich zu durchtrennen; die Perversität - zwei Schokoriegel, die in den klaffenden Reifen eines Fahrrads steckten; und die Verletzung seiner persönlichen Sphäre. Etwas, das zu seinem privaten Lebensbereich gehörte, war ostentativ entweiht worden.
    Er steckte sich eine Zigarette an und ging ans Fenster. Draußen herrschte der normale Nachmittagsverkehr. Ein paar Passanten gingen vorbei. Auf der anderen Straßenseite stand ein Mann in einem hellen Mantel und schaute zu ihm herauf.
    Fabio entfernte sich vom Fenster. Was sollte er tun?
    Die Polizei anrufen? Und was erzählen? Jemand habe ihm zwei Chocofit in die Reifen gesteckt? Es handle sich um einen Einschüchterungsversuch durch einen Food-Multi?
    Plötzlich wußte er, was er zu tun hatte: es dokumentieren. Er holte seine kleine Kamera aus der Korpusschublade, lud sie mit einem Film und schlich die Treppe hinunter.
    Zwischen dem ersten Stock und dem Erdgeschoß verlöschte das Licht im Treppenhaus. Fabio ging die paar Stufen zurück. Er hatte keine Lust, im Dunkeln dort unten anzukommen. Er drückte auf den Lichtschalter. In diesem Augenblick hörte er, wie die Haustür ins Schloß fiel.
    Vorsichtig und mit schußbereiter Kamera ging er die Treppe hinunter.
    Die Halle war leer. Das Fahrrad war nicht mehr da.
    Als Fabio ins Apartment zurückkam, klingelte sein Handy. Polizeiwachtmeister Tanner.
    »Wie geht es Ihnen?« erkundigte er sich auf seine mitfühlende Art.
    »Soeben ist mir mein Fahrrad geklaut worden.«
    »Sind Sie versichert?«
    »Ich glaube schon.«
    »Dann melden Sie es. Nur wenn Sie großes Pech haben, findet man es wieder.«
    Fabio gab den Plan auf, die Polizei einzuschalten.
    »Herr Rossi, ich muß Sie noch einmal behelligen. Wir haben im Gartenhaus von Herrn Jägers Onkel ein paar Spuren gesichert und brauchten ein wenig Referenzmaterial von Ihnen.«
    »Was bedeutet das?«
    »Fingerabdrücke, Blut, Haare. Einfach, um die Akten zu schließen. Wir haben dort einen Schaufelstiel mit etwas Blut und Haaren gefunden. Rot, die Haare, übrigens.«
    »Wann soll ich kommen?«
    »Sagen Sie mir, wann es Ihnen paßt, und ich versuche, einen Termin im Labor zu bekommen.«
    Fabio bot an, in einer Stunde zu kommen. Tanner rief zurück und sagte, er werde in anderthalb Stunden erwartet.
    Er war froh, hier rauszukommen. Und daß er einen guten Vorwand hatte, Norina anzurufen.
    Ihr Beantworter meldete sich. Er hinterließ: »Mußte ins Polizeilabor, Blut und Haarprobe machen. Die Tatwaffe wurde im Gourrama ge funden. Ruf mich zurück, sobald du kannst.«
    Norina erreichte ihn noch im Polizeilabor. »Ich bin noch bei der Polizei, laß dein Handy eingeschaltet, ich rufe in…« Er schaute die Laborantin fragend an.
    »Zehn

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