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Ein perfektes Leben

Ein perfektes Leben

Titel: Ein perfektes Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonardo Padura
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fing an, mit dem Verschluss zu spielen. Das monotone Klicken hallte in dem Büro wie Pistolenschüsse wider.
    »Und, Maciques?«, fragte Manolo, und Maciques hob den Kopf.
    Er ist ein Chamäleon, dachte El Conde. Maciques glich jetzt nicht mehr dem energiegeladenen Conférencier des ersten Treffens, auch nicht dem peniblen Bibliothekar vom Tag der Tonbandaufzeichnung. Ein Tag ohne Rasierapparat hatte genügt, den Büroleiter in den Prototyp eines Vagabunden zu verwandeln, und das Zittern seiner Hände ließ an einen furchtbar kalten, verheerenden Winter denken.
    »Es war seine Schuld«, begann Maciques und versuchte sich auf seinem Stuhl aufzurichten. »Er hat alles eingefädelt, als er wusste, dass er auffliegen würde. Zu dem Übrigen kann ich nichts sagen.«
    »Doch, Maciques, ich glaube, Sie können«, widersprach Manolo.
    »Ich meine, ich kann es mir nicht erklären … Er kam am Abend des Dreißigsten zu mir, um mir zu sagen, dass die Leute von Mitachi früher als vorgesehen kommen würden und er dadurch in Schwierigkeiten geraten könnte. Ich wusste nicht, von welchen Schwierigkeiten er redete, konnte es mir aber vorstellen. Irgendein Problem mit den Geldern. Dann sagte er mir, er müsste das Land verlassen. Ich hab ihm davon abgeraten, das war Irrsinn, hab ich gesagt, und außerdem nicht so einfach. Doch, hat er gesagt, es wär ganz einfach, mit einem Motorboot, er hätte zehntausend Pesos und etwas über zweitausend Dollar, damit könnte er einen Bootsführer bezahlen, ich sollte einen auftreiben. Und dann hat er mich mit dem Bankkonto in Spanien und mit dem Auto erpresst. Keine Ahnung, wie er sich die Kopien der Papiere besorgen konnte, jedenfalls hatte er sie. Nein, nein, das mit dem Auto musste er sich wohl vorher schon überlegt haben. Er hatte es geschenkt bekommen und dann mir geschenkt. Ich habs natürlich gleich verkauft, es war mir zu heiß … Ich hab ihm noch einmal klargemacht, dass es ein Irrsinn war, das Land illegal zu verlassen, und hab ihm vorgeworfen, dass er ein schmutziges Spiel mit mir spielte. Darauf hat er mir gesagt, ich sollte das Boot besorgen, dann könnte ich alles andere vergessen. Aber ehrlich gesagt, ich hab nicht mal den Versuch gemacht, ein Motorboot aufzutreiben. Hab nur daran gedacht, wie ich an diese Kopien rankommen konnte.«
    »Indem Sie ihn umbrachten, Maciques?«
    Der Mann schüttelte den Kopf. Eine unwillkürliche, heftige Bewegung wie das Zittern seiner Hände.
    »Nein, Sargento, ich suchte nach einem anderen Ausweg … Aber um Zeit zu gewinnen, hab ich ihm gesagt, ich hätte einen Bootsführer für den Ersten angeheuert, vor Tagesanbruch. Das wär die beste Zeit für eine Flucht, hab ich ihm erklärt. Der Mann hätte eine Lizenz für Hochseefischerei, wir müssten um vier Uhr früh in Guanabo sein. Sie hätten Rafael auf der Party sehen müssen! Selbstsicherer und ausgelassener denn je, hatte wohl das Gefühl, schon nicht mehr in Kuba zu sein. Dieser Scheißtyp, mein Gott, seien Sie froh, dass Sie ihn nicht gekannt haben … Wenn ich es mir jetzt überlege, glaube ich, ich hätte das Ganze von Anfang an nicht zulassen dürfen. Aber wissen Sie, was es heißt, Angst zu haben? Angst, alles zu verlieren und vielleicht ins Gefängnis zu wandern, nie mehr ein normales Leben führen zu können? Das ist der Grund, warum ich mitgemacht habe. Nach der Party hab ich ihn von zu Hause abgeholt und nach Guanabo gebracht. Ich hab den Wagen in der Nähe der Pizzeria Veneciana abgestellt, gleich neben dem Fluss, und ich hab gesagt, ich wollte mit dem Mann erst mal alleine sprechen. Ich bin zum Strand runtergegangen und eine Weile dort geblieben. Dann bin ich zu Morín zurückgegangen, und als ich ihm sagte, dass er noch bis zum Abend warten müsste, ist er völlig ausgerastet. So hatte ich ihn noch nie erlebt, er schrie mich an, ich wär ein Vollidiot und was weiß ich nicht noch alles. Ich könnte froh sein, dass er abhauen müsste, sonst würde er mich fertig machen, und in dem Stil gings weiter. Dann hab ich ihn zu dem Haus gefahren. Ich wusste, dass es im Winter leer steht. Ein Freund von mir mietet es immer im September. Wir gehen also da rein, und ich sag zu ihm, er müsste bis zum Abend dort warten. Dann bin ich wieder zurück nach Havanna gefahren.«
    »Und was haben Sie da gedacht, Maciques?«
    »Gedacht? … Nichts. Daran, was ich am Abend vorhatte und dann auch gemacht habe. Zu ihm gehen und ihm sagen, dass alles vorbereitet ist. Dann wollte ich ihm den Koffer mit den

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