Ein pikanter Köder
Zorn über mich. »Das habe ich nun davon! Ich hab’ mich zum Gespött von ganz Santa Ana gemacht, und Sie sind schuld daran! Sie haben mich in diese Klemme gebracht. Die Zeitungen werden morgen voll davon sein.«
»Ja zum Kuckuck! Warum durchsuchen Sie denn die Wohnung nicht?« .
»Das trau’ ich mich nicht ohne Durchsuchungsbefehl.«
»Und warum besorgen Sie sich nicht einen?«
»Dazu reicht das Belastungsmaterial nicht aus. Mein Gott, Donald, Sie haben ja keine Ahnung, was sich in letzter Zeit vor Gericht tut. Den Gaunern haben sie die Handschellen abgenommen und sie den Polizeibeamten angelegt. Vor lauter Vorschriften können wir uns nicht mehr rühren.«
»Es ist doch die Höhe, wenn die Polizei nicht mal mehr eine Wohnung durchsuchen darf«, murrte Bertha.
»Blech! Er darf ja!«
»Was meinst du damit?«
»Also, hör zu.« Ich sprach wie ein Lehrer, der einem zehnjährigen Schüler eine einfache Rechenaufgabe erklärt. »Bernice Clinton hat in Phönix nachweislich einen Meineid geschworen. Man hat sie verhaftet, und sie hat eine Kaution gestellt, sonst liefe sie jetzt nicht frei herum. Das Geld hat ihr jemand vorgestreckt, der großes Interesse daran hatte, sie möglichst rasch aus den Fängen der Justiz zu befreien. Der Betreffende wollte verhüten, daß sie noch mehr aus der Schule plaudert. Immerhin hat sie bereits zugegeben, daß alle ihre Aussagen vor der Polizei erlogen waren und daß sie sich der Beihilfe in einem Mordfall schuldig gemacht hat. Mit anderen Worten, Sellers kann sie ohne weiteres verhaften, und danach steht einer Durchsuchung ihrer Wohnung nichts mehr im Wege.«
»Bei Gott, das kann ich!« rief Sellers. »Ich kann sie wegen Mordverdachts festnehmen! Und genau das werde ich tun!«
»Tja, und wie ist’s mit mir? Dann haben Sie zwei Mordverdächtige, und das ist ein bißchen zuviel des Guten.«
Sellers machte ein verblüfftes Gesicht. »Verdammt! Sie hatte ich ganz vergessen! «
»Wenn Sellers wirklich schlau wäre«, sagte ich zu Bertha, »dann würde er die Niederlage einstecken, wegfahren, um den Block herumkurven und weiter oben an einer Stelle parken, von der aus er das Haus beobachten kann.
Bernice Clinton ist in Phönix gerade noch mit einem blauen Auge davongekommen. Sie hatte es so verdammt eilig, daß sie sich in einer Chartermaschine direkt nach Santa Ana befördern ließ. Sonst könnte sie unmöglich schon hier sein. Und all das kostet Geld. In fünfzehn oder zwanzig Minuten wird sie zu dem Briefkasten da drüben auf der anderen Straßenseite gehen, um sich zu vergewissern, ob die Luft rein ist. Hat sie sich davon überzeugt, dann wird fünf Minuten später ein Taxi aufkreuzen; sie wird mit Sack und Pack einsteigen und sich zu dem Treffpunkt fahren lassen, wo Montrose L. Carson bereits auf sie wartet.«
»Wieso gerade Carson?«
»Weil er als einziger über genug Moneten verfügt, um Bernice unter die Arme zu greifen. Er hat die Kaution und alles übrige bezahlt, verlaß dich drauf.«
»Donnerwetter!«
Ich gähnte affektiert. »Aber Sellers will lieber ganz sichergehen. Er möchte nichts riskieren. Auch gut! Dann habe ich den Reportern in Los Angeles wenigstens was zu erzählen. Zu der Blamage in Phönix kommt jetzt noch das Fiasko in Santa Ana. Lauter Sachen, die den Zeitungsfritzen einen Heidenspaß machen werden.«
Sellers setzte sich hinter das Lenkrad des Leihwagens. »Steigen Sie ein, Bertha.«
»Wohin fahren wir?«
»Ich bringe ihn nach Los Angeles ins Polizeipräsidium.«
»Dann fahre ich lieber mit meinem Wagen hinter Ihnen her.«
»Steigen Sie ein!«
Bertha gehorchte und quetschte sich auf den Rücksitz.
Der Sergeant kurvte um den Block herum, parkte vor einem Drugstore, lehnte sich zurück und faßte das Apartmenthaus scharf ins Auge. Nach knapp fünf Minuten kam Bernice Clinton zum Vorschein. Sie eilte über die Straße und schwenkte dabei einen Brief so auffällig in der Hand, daß sie nicht mal einen Trottel damit hinters' Licht geführt hätte. Nachdem sie ihn eingeworfen hatte, sah sie rasch nach rechts und links und stöckelte ins Haus zurück. Kaum war sie verschwunden, da schoß Sellers wie ein geölter Blitz in den Drugstore, stürzte in die Telefonzelle und fing an zu wählen.
Wir blickten ihm nach, und dann benutzte Bertha die günstige Gelegenheit, um mir die Leviten zu lesen. »Bei uns war der Teufel los! Deinetwegen! Du hast die Agentur an den Rand des Ruins gebracht, und ich bezweifle stark, ob wir jemals wieder auf die Beine
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