Ein pikanter Köder
würde auf Sellers und mir landen und uns plattdrücken.
»Zehn Cent die Meile«, wiederholte ich.
»Das ist der Gipfel! Wie können Sie sich unterstehen, Donalds Wagen zu konfiszieren! Wofür halten Sie sich eigentlich? Sie...Sie...Wir sind ruiniert, Donald! Dieser gottverdammte Fall wird noch mein Tod sein...« Zehn Minuten lang wütete und lamentierte Bertha und schimpfte Sellers die Ohren voll. Der hatte genug damit zu tun, uns durch den Verkehr zu schleusen, und wandte nicht mal den Kopf. Schließlich gab sie Ruhe und hüllte sich in ein erbittertes Schweigen.
Der Sergeant schien es nicht eilig zu haben. Wir rollten gemächlich durch Newport bis zum Jachthafen. Dort zeigte er seine Dienstmarke vor, fuhr durchs Tor und parkte den Wagen vor dem protzigen Klubgebäude. ' Ein uniformierter Beamter nahm uns in Empfang. »Hier entlang, Sergeant.«
Sellers warf Bertha und mir einen mahnenden Blick zu.
Wir marschierten zu einem privaten Landungssteg hinunter, an dem eine riesige seetüchtige Dieseljacht vor Anker lag. Vor der Laufplanke war ein zweiter Beamter postiert. Er ließ uns passieren, und wir gelangten in die Hauptkabine, wo Montrose L. Carson, Bernice Clinton und ein Beamter um einen Tisch herumsaßen.
Carsons Gesicht war eine Maske gefrorener Wut. »Ich nehme an, das haben wir Ihnen zu verdanken«, fauchte er mich an.
Ich verbeugte mich stumm.
»Halten Sie sich lieber an mich, Carson«, sagte Sellers. »Was hier geschieht, geht auf meine Kappe.«
Für Carson war er Luft. »Ich werde dafür sorgen, daß man Ihnen Ihre Lizenz entzieht. Sie haben mich betrogen. Sie haben gegen mich - Ihren Auftraggeber - intrigiert und -«
»Verschwenden Sie Ihre Worte nicht!« 1 knurrte Sellers. »Sie haben die Firma Cool und Lam engagiert, damit sie eine undichte Stelle in Ihrem Betrieb ausfindig macht. Aber das Leck gab es gar nicht, das existierte bloß in Ihrer Phantasie. Sie haben den beiden Leuten hier was vorgeflunkert, weil Sie jemanden brauchten, der Ihnen die Kastanien aus dem Feuer holt. Aber Sie haben sie nicht damit beauftragt, einen Mord zu begehen oder aufzuklären.«
»Woher soll ich wissen, was Lam auf dem Kerbholz hat? Ich traue ihm so ziemlich alles zu.«
Sellers wandte sich an den Beamten. »Wurde er schon durchsucht?«
Der andere nickte. »Wir haben aber nichts gefunden.«
»Und was ist mit dieser Person?«
Bernice Clinton fuhr hoch. »Ich bin keine Person, merken Sie sich das! Und wagen Sie ja nicht, mich oder mein Gepäck anzurühren! Ich bin eine Frau und lasse mich nicht von einem Haufen dreckiger Männerpfoten abtasten! Ich kann verlangen, daß man mir eine weibliche Aufsichtsperson beistellt, die -«
Sellers wies mit dem Kinn auf Bertha Cool. »Verpflichten Sie sie als Hilfspolizistin.«
Der andere Beamte grinste. »Okay. Wie heißt sie?«
»Bertha Cool.«
»Also, Bertha Cool, im Namen des Gesetzes ernenne ich Sie zur Hilfspolizistin und befehle Ihnen, in dieser Eigenschaft die Gefangene zu durchsuchen.«
Bernice Clinton erbleichte. »Nein! Was fällt Ihnen ein! Lassen Sie ja die Finger von mir oder ich -«
»Sind die Formalitäten erledigt?« erkundigte sich Bertha.
»Ja.«
»Gibt’s hier noch eine andere Kabine?«
»Da drüben.« Der Beamte zeigte auf eine Tür.
»Schön. Komm mit, Herzchen«, sagte Bertha gemütlich zu Bernice.
»Scheren Sie sich zum Teufel!« kreischte das Mädchen und warf sich mit voller Wucht auf Bertha, die dadurch aber nicht im mindesten aus dem Gleichgewicht geriet. Sie packte Bernice um die Mitte, klemmte sie sich unter den Arm wie einen Sack Mehl und entschwand durch die Tür.
Ein uniformierter Beamter holte Carson ab und eskortierte ihn zum Pier. Sellers setzte sich und grinste. Sein Kollege grinste auch und sah gespannt auf die Tür, hinter der Bertha mit ihrem Opfer verschwunden war. »Setzen Sie sich«, murmelte Sellers und zeigte auf einen Stuhl. Ich gehorchte, und dann waren wir alle ganz Ohr.
Aus der Kabine drang dumpfes Poltern, Flüche, schrille Proteste. Die Jacht erzitterte unter einem heftigen Aufprall, und die getäfelte Wand bebte so stark, daß wir glaubten, sie würde in Trümmer gehen. Kurz danach kam Bertha mit Bernice Clinton im Schlepptau wieder zum Vorschein. Bernice sah aus, als hätte man sie durch den Fleischwolf gedreht. Sie hatte ein blaues Auge, ihr Haar hing in wirren Strähnen herunter, ihr Rock war zerrissen, und in ihrer Bluse war ein faustgroßes Loch.
Bertha warf ein zusammengefaltetes Stück Papier auf den
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