Ein Pony mit Herz
sehen, und Bille ging mit Bettina ins Ferienhaus der Krolles hinüber, wo man mit dem Frühstück auf sie gewartet hatte.
Bille wollte protestieren. „Das ist lieb, aber wir wollten eigentlich nur ...“
„Keine Widerrede!“ unterbrach Vater Krolle sie. „Lena wäre sehr traurig, wenn Sie beide nicht mit uns frühstücken würden. Sie haben doch Zeit, oder?“
„Ja, eigentlich schon“, Bille sah fragend zu Bettina hinüber.
Bettina nickte. Was sollte schon geschehen! Schließlich waren die Ponys unter Aufsicht. Und was Lenas Mutter da an Köstlichkeiten auf den Tisch gestellt hatte, konnte einem das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen. Ein kräftiges Landfrühstück mit Eiern, Wurst und Schinken, mehreren Sorten Käse, Obst, Honig, Marmelade und zum krönenden Abschluß einen frischgebackenen, köstlich duftenden Napfkuchen! Er war von einem Kranz Geburtstagskerzen umgeben, in der Mitte brannte das große Lebenslicht.
Lena wurde hereingerufen. Alle gratulierten ihr, dann setzten sich Bille und Bettina rechts und links vom Geburtstagskind an den Tisch und ließen es sich schmecken. Lena sah sich unauffällig um, doch Vater Krolle bemerkte es sofort.
„Die Geburtstagsgeschenke kommen später dran. Die sind noch versteckt!“ sagte er lächelnd. „Wir haben schließlich einen ganzen langen Tag zum Feiern. Erst wollen wir in Ruhe frühstücken.“
Hoffentlich nicht zu lange, dachte Bille. Aber Zottel und Panja sind ja zusammen, was soll also geschehen.
Sie hatte nicht mit Zottels neuerwachter Abenteuerlust gerechnet. Seit er eine Gefährtin hatte, schien das Leben für ihn wieder aufregend und voller Überraschungen zu sein. Auf jeden Fall zu schade, um einen ganzen Vormittag nur in der Box herumzustehen! Wofür hatte man sie schließlich geschmückt, als wenn es zu einer Zirkusvorführung gehen sollte? Vielleicht hatte man sie ganz einfach vergessen, und sie verpaßten den wichtigsten Teil des Vergnügens?
Zottel beschloß zu handeln. Die Box war fest geschlossen, weder er noch Panja sahen eine Möglichkeit hinauszukommen. Traurig ließen sie die Köpfe hängen.
Plötzlich spitzte Panja die Ohren. Da war Besuch im Stall! Auf der Stallgasse näherten sich Schritte, helle Kinderstimmen waren zu hören. Panja antwortete ihnen mit einem sehnsüchtigen Wiehern.
„Da ruft eins!“ sagte ein kleines Mädchen. „Schau, es guckt uns an! Es ist traurig, so allein!“
„Sieh mal, sie haben es geschmückt! Bestimmt für heute nachmittag. Armes Pony, bist so schön gemacht und mußt noch so viele Stunden warten!“ Ein älteres Mädchen trat dicht an die Box und streichelte vorsichtig Panjas Nase.
„Und darfst überhaupt nicht auf die Koppel raus, spielen gehen!“ sagte das andere Kind mit einem Ausdruck tiefen Bedauerns.
Panja stand still wie ein Plüschtier. Zottel hielt sich regungslos im Hintergrund.
„Ob wir mal mit ihm schmusen dürfen?“ überlegte das ältere Mädchen.
„Aber mach die Tür nur ein ganz kleines bißchen auf!“ mahnte die andere ängstlich.
„Klar. Nur ein paar Zentimeter.“
So geschah es. Panja und Zottel konnten ihr Glück kaum fassen. Um die Kinder nicht zu erschrecken, taten sie zunächst einmal gar nichts. Sie standen weiter still, scheinbar brav wie die Lämmer.
„Da ist noch eins! Sieh mal, wie traurig und müde es ist. Es ist sicher schon ganz alt.“
Zottel hütete sich, ihr das Gegenteil zu beweisen. Man mußte klug vorgehen, wenn man vermeiden wollte, daß die Kinder ängstlich die Boxentür zuwarfen und den Riegel vorschoben, ehe man sie zur Seite drängen konnte.
Mit der Zeit wurden die kleinen Mädchen mutiger. Jede hing einem Pony am Hals und streichelte es hingebungsvoll. Langsam begann Panja, sich zu regen. Sie beschnupperte die Taschen des größeren Mädchens.
„Ach du Armes! Du hast Hunger. Ich hab aber nichts für dich! Warte, vielleicht finde ich was im Stall!“
Im Vertrauen darauf, daß das Pony weiter stillstehen würde, verließ sie die Box und ging zur Futterkammer hinüber, die wenige Schritte weiter schräg gegenüber lag.
„Hier ist ein Sack mit ganz vielen Rüben!“ rief sie begeistert. „Komm, Lisa, hol dir auch welche!“
„Bleib schön da!“ ermahnte die Kleine Zottel. „Ich bring dir gleich was Gutes!“ Sie schlüpfte an Panja vorbei und lief ebenfalls zur Sattelkammer hinüber.
Zottel brummelte und reckte sich.
Panja wandte sich kurz nach ihm um, als wollte sie sagen: Achtung, fertig, los! Dann schritt sie leise auf
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