Ein prickelndes Spiel (German Edition)
Haus zu kommen, dann konnte man sich ebenso gut gleich der Polizei stellen.
Die Hausdame jedoch war nicht so leicht zu überzeugen.
Nicole versuchte gar nicht erst, der matronenhaften Latina zuzulächeln, die so aussah, als würde sie selbst den Bürgermeister von New York nicht ohne Anmeldung einlassen. Sie hatte ihr lediglich ihre falsche Green Card gezeigt, hatte vor sich hingemurmelt, dass sie diesen Job dringend brauche, und trat dann ein, wobei sie die kräftige Frau beiseite schob.
“Halt, Señora”, rief die Hausdame hinter ihr her. “Ich muss doch erst mit Mrs Nessbaum sprechen.”
Bei Nicoles Beruf kam es besonders auf Improvisation und Schnelligkeit an. Sie drehte sich um und schlug sich verzweifelt mit der flachen Hand gegen die Stirn, so wie es eine Freundin aus Puerto Rico immer tat. “Das darf ja wohl nicht wahr sein! Ich habe seit einer Stunde im dicksten Verkehr gesteckt, habe ein Vermögen für das Taxi ausgegeben, um möglichst bald hier zu sein, weil Madame es besonders dringend gemacht hat. Und nun das!” Sie drehte sich auf dem Absatz um und ging zielstrebig den Flur hinunter, wobei sie hoffte, dass die Wohnungen alle gleich geschnitten waren. “Dabei ist heute mein freier Tag. Und jetzt muss ich unbedingt mal schnell auf die Toilette.”
Da, das war das Gästeklo, wie immer unter der Treppe.
Die Hausdame war dicht hinter ihr. Nicole drehte sich schnell um und hob die Hände. “Was soll das? Wollen Sie mir auch noch dahin folgen? Dann kann ich für nichts garantieren!”
Die ältere Frau blieb stocksteif stehen, geschockt von der Möglichkeit, dass dieses junge Ding handgreiflich werden könnte. Dann drehte sie sich schnell um und floh den Flur hinunter in die andere Richtung, wahrscheinlich, um Hilfe zu holen.
Umso besser. Nicole verschwand schnell in der Toilette, schloss die Tür ab und blickte auf die Uhr. Drei Minuten, nicht schlecht.
Sie stellte den Rucksack ab, und da nicht mehr viel Papier auf der Rolle war, machte sie den Schrank unter dem Waschbecken auf und holte eine neue Rolle heraus. Sie umwickelte ihre Hand dick mit Papier und stopfte das Papier dann tief in die Toilette. Das ekelte sie immer ein bisschen, aber sie konnte hoffen, dass das Klo heute schon geputzt worden war. Dann stellte sie die halbleere Rolle wieder zurück in den Schrank und wartete.
Nach wenigen Sekunden hämmerte jemand an die Tür. “Señora, kommen Sie sofort da heraus!”
Nichts lieber als das.
Nicole vergewisserte sich, dass ihre Perücke auch fest saß, dann betätigte sie die Spülung. Wie geplant konnte das Wasser wegen des vielen Papiers nicht ablaufen, sondern floss über den Rand des Toilettenbeckens. Schnell griff Nicole nach ihrem Rucksack und öffnete die Tür. “Hilfe! Sehen Sie nur, was passiert ist! Was soll ich nur tun?”
Neben der Hausdame stand ein älterer Mann. Ob das ihr Ehemann war? Nicole trat zur Seite, als die beiden in den kleinen Raum stürzten. Schnell blickte sie sich im Flur um. Keiner zu sehen.
“Der Mopp”, sagte sie, “wo ist denn der verdammte Mopp?”
Das Paar versuchte, die Wasserfluten zu stoppen. “In der Abseite bei der Küche”, schrie die Hausdame. “Schnell, beeilen Sie sich!”
Das ließ sich Nicole nicht zweimal sagen. Sie trat auf den Flur, knallte die Tür der Gästetoilette zu und schob den Stopper darunter. So, die waren erst mal für die nächsten fünf Minuten kaltgestellt.
Sie rannte die Stufen zu dem Schlaftrakt hoch. Nessbaum hatte die Juwelen sicher im Schlafzimmer versteckt. Das war ein Gästezimmer … noch eins … Endlich hatte sie das Schlafzimmer gefunden.
Sie blieb kurz an der Tür stehen und huschte dann hinein. Sie zog die Türen des begehbaren Kleiderschranks auf, schob die Schuhe beiseite und hob den Teppich hoch.
Bingo.
In einem einfach zu öffnenden Schmuckkasten lagen die Tiffany-Juwelen, noch in der Originalbox.
“Sie sollten sich mal einen guten Safe leisten.” Nicole konnte sich richtig vorstellen, wie die Polizei das kopfschüttelnd zu der armen Mrs Nessbaum sagte.
Sie grinste kurz, nahm die Tiffanybox hoch und steckte sie in einen kleinen Samtbeutel, den sie dicht am Körper trug. Die anderen Schmuckstücke ließ sie liegen, auch wenn sie durchaus verlockend aussahen.
Geschafft.
Sie hastete die Treppe hinunter, warf kurz einen mitfühlenden Blick auf die Toilettentür, drückte auf den Fahrstuhlknopf und blickte auf die Uhr. Das Ganze hatte insgesamt acht Minuten gedauert. Das war zwar nicht ihre
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