Ein Prinz wie aus 1001 Nacht
verbarg?
Kirsten hielt den Kopf gesenkt, während sie das Elektrokabel aufwickelte. Ihre Hände waren feucht und zitterten vor Nervosität. Sie bückte sich, und in ihrem Kopf begann sich alles zu drehen. Verzweifelt suchte sie Halt an dem starren Stiel der Bohnermaschine, doch der rutschte ihr aus der Hand und knallte auf den Boden zurück. Das scheppernde Geräusch entlockte ihr ein dumpfes Aufstöhnen. Sie war doch angewiesen worden, möglichst leise und unsichtbar in der Nähe ihres Arbeitgebers zu sein. Ob sie die Bohnermaschine einfach stehen lassen und weglaufen sollte?
„Lassen Sie mich Ihnen helfen …“
„Nein!“, rief Kirsten in höchster Panik aus. Als sie hochschnellte, stand Shahir so dicht vor ihr, dass sie entsetzt zurücksprang und den Bohnerbesen an sich riss, ehe seine ausgestreckte Hand ihn erreichen konnte. „Entschuldigung …“
So schnell sie nur konnte, hastete Kirsten in Richtung der nächsten Feuertür davon, wobei sie das unhandliche Gerät fast gewaltsam hinter sich herschleppte. Shahir war so verblüfft und verärgert, dass er sekundenlang zögerte, bevor er sich an die Verfolgung machte.
„Kirsten …!“, rief er hinter ihr her, ehe sie ihm durch die Schutztür entwischen konnte. Irritiert durch den ungewohnten Klang ihres Namens wirbelte sie herum und starrte ihn aus weit geöffneten Augen an. Ihr Atem kam stoßweise, das schmale Gesicht war brandrot vor Anstrengung.
„Sie dürfen mich nicht ansprechen!“
„Machen Sie sich nicht lächerlich!“
„Ich mache mich nicht lächerlich!“, hielt sie ihm empört entgegen. „Was wollen Sie überhaupt von mir? Eine Entschuldigung? Gut, die sollen Sie bekommen. Tut mir leid, dass ich Sie als Motorradrüpel bezeichnet habe. Tut mir leid, dass ich Ihr wichtiges Meeting gestört habe. Reicht das … Ihre … Euer Hoheit?“ Während sie sprach, war Kirsten immer weiter zurückgewichen, bis sie mit dem Rücken gegen die Feuertür prallte. Abrupt drehte sie sich um, stieß sie auf und schlüpfte hindurch.
Shahir folgte ihr auf den Fersen, und ehe sie noch die nächste Tür erreichte, hatte er sich ihr auch schon in den Weg gestellt. „Oh nein, keinen Schritt weiter …“, warnte er sie mit trügerisch sanfter Stimme, doch seine goldenen Augen schossen Blitze. „Wenn ich mit Ihnen rede, müssen Sie stehen bleiben.“
„Aber … aber das ist gegen die Regeln“, flüsterte Kirsten unglücklich.
Shahir lachte leise. „Was für Regeln?“
„Die Hausregeln. Leute wie ich, die zum Personal gehören, müssen auf der Stelle verschwinden, wenn Sie auftauchen.“
„Nicht, wenn ich versuche, mit Ihnen zu sprechen“, korrigierte er trocken.
„Aber Sie bringen mich in Schwierigkeiten! Niemand weiß, dass wir uns schon einmal getroffen haben, und ich möchte auf keinen Fall im Gespräch mit Ihnen gesehen werden.“
„Das ist kein Problem.“ Shahir stieß die nächstliegende Tür auf und zog Kirsten mit sich. Stumm sah sie sich in dem weitläufigen Konferenzraum mit dem riesigen polierten Holztisch um.
„Und worüber wollen Sie mit mir reden?“
Shahir glaubte, nie eine dümmere Frage gehört zu haben. Jeder Mann zwischen fünfzehn und fünfzig würde mit ihr reden wollen – und alle über das gleiche Thema. Sie hielt den Kopf gesenkt und das Gesicht war halb abgewandt. Ihr spektakuläres Haar hatte sie in einem schlichten Zopf gebändigt. Doch auch das konnte seinen seidigen Schein nicht trüben. Dazu ihr bezauberndes Profil, der klare, frische Teint, die biegsame, schlanke und dennoch ausgesprochen weibliche Figur …
„Warum haben Sie niemandem davon erzählt, dass wir uns schon einmal getroffen haben?“
Kirsten starrte auf seine glänzenden schwarzen Lederschuhe. „Ich hätte gar nicht auf dem Hügel sein dürfen.“
„Warum nicht?“
Was sollte sie darauf sagen? Dass ihr Vater sie auf Schritt und Tritt überwachte? Und dass sie ihn trotz seiner Härte und Grausamkeit nicht belügen wollte?
Ihre scheinbare Verstocktheit reizte Shahir. „Ich habe Sie etwas gefragt“, erinnerte er sie kühl.
Kirsten presste die Lippen zusammen, und als sie den Kopf hob, funkelten in ihren Augen unterdrückte Tränen. „Ich hätte deshalb nicht dort sein dürfen, weil mein Vater mir nicht erlaubt, das Haus ohne seine Zustimmung zu verlassen“, sagte sie mit gepresster Stimme. „Außerdem habe ich eine Illustrierte gelesen, und so etwas duldet er schon gar nicht in seinem Haus.“
„Tut mir leid. Ich hätte Sie nicht so
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