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Ein Profi. Stories vom verschütteten Leben

Ein Profi. Stories vom verschütteten Leben

Titel: Ein Profi. Stories vom verschütteten Leben
Autoren: Charles Bukowski
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kleinen grauhaarigen Wichser, der auf der Couch saß, sich die Hände rieb und mich mit nassen Lippen anhechelte. Es war sein Ernst. Mir wurde schlecht. Ich trank mein Glas aus, fand irgendwo ein volles und trank auch das aus. Ich begann mich an die Frauen ranzumachen. Ich schilderte ihnen die Vorzüge meines mächtigen Riemens und versprach ihnen das Blaue vom Himmel. Sie lachten. Mir war es ernst damit. Gleich da. Auf der Stelle. Ich ging auf die Frauen los. Die Männer zerrten mich zurück. Für einen Mann von Welt benahm ich mich ein bißchen arg halbstark. Wäre ich nicht der große Mr. Chinaski gewesen, hätte mich jemand dafür umgelegt. Aber so riß ich mir das Hemd vom Leib und bot jedem einen Kampf im Freien an, draußen auf dem Rasen. Ich hatte Glück. Keiner hatte Lust, einen lallenden Säufer über seine Schnürsenkel stolpern zu lassen.
    Als ich im Kopf wieder klar wurde, war es 4 Uhr morgens. Sämtliche Lichter brannten, und alle waren fort. Ich saß noch da. Ich fand ein warmes Bier und trank es aus. Dann ging ich zu Bett mit dem Gefühl, das alle Säufer kennen: Ich hatte mich lächerlich gemacht, aber zum Teufel damit.
3
    Seit 15 oder 20 Jahren hatte ich immer wieder mit Hämorrhoiden zu kämpfen; verschiedentlich auch mit offenen Magengeschwüren, einer schwachen Leber, Furunkeln, Angstneurosen und diversen Formen von Wahnsinn, aber man macht eben weiter und hofft, daß nicht alles auf einmal kommt.
    Nach diesem Besäufnis schien es, als sei ich diesmal nahe dran. Ich fühlte mich benommen und schwach, aber das war normal. Wenn nur die Hämorrhoiden nicht gewesen wären. Sie waren nicht kleinzukriegen – heiße Bäder, Salben, nichts half. Meine Eingeweide hingen mir fast zum Hintern raus, wie ein Hundeschwanz. Ich ging zu einem Arzt. Er warf nur einen kurzen Blick darauf. »Operation«, sagte er. »Meinetwegen«, sagte ich, »das Problem ist nur, ich bin ein Feigling.«
    »Aha! Na, das kompliziert die Sache allerdings.«
    Du dreckiger Nazi, dachte ich.
    »Nehmen Sie Dienstag abend dieses Laxativ ein. Am nächsten Morgen stehen Sie dann um 7 Uhr auf, ja?, und machen sich einen Einlauf. Den wiederholen Sie, bis das Wasser klar bleibt, ja? Mittwoch früh um 10 sehe ich mir’s dann wieder an.«
    »Jawoll, Herr Oberarzt«, sagte ich.
4
    Das Klistier rutschte mir immer wieder heraus, und bald schwamm das ganze Klo, und es war kalt und mein Bauch tat mir weh und ich versank langsam in Schmant und Scheiße. So geht die Welt unter, dachte ich; nicht mit einer Atombombe, sondern mit Scheiße, Scheiße, Scheiße. An dem Apparat, den ich gekauft hatte, konnte man den Wasserstrahl nicht regulieren, meine Finger waren kraftlos, und so rauschte das Wasser eben voll rein und voll wieder raus. Ich brauchte anderthalb Stunden dazu, und meine Hämorrhoiden wurden mittlerweile zur stärksten Macht auf Erden. Mehr als einmal war ich nahe daran, einfach aufzugeben und zu sterben. In meinem Wandschrank entdeckte ich eine Dose Terpentin. Es war eine wunderschöne Dose, rot und grün. »VORSICHT LEBENSGEFAHR!« stand darauf. Ich war ein Feigling: Ich stellte die Dose wieder zurück.
5
    Beim Arzt mußte ich mich bäuchlings auf einen Behandlungstisch legen. »So, und jetzt bitte nicht verkrampfen, ja? Liegen Sie ganz entspannt, ganz entspannt …«
    Plötzlich rammte er mir ein keilförmiges Instrument in den Arsch und begann etwas herauszudrehen, das mir schlangengleich den Darm raufkroch und Ausschau hielt nach einem Pfropfen oder nach Krebs.
    »Ha! Tut ein bißchen weh, nicht? Schnaufen Sie einfach wie ein Hund, machen Sie hahahahahaaaa!«
    »Dreckiger Motherfucker!«
    »Was?«
    »Shit, Shit, Shit! Hundequäler! Schwein! Sadist! … Ihr habt Jeanne d’Arc am Marterpfahl verbrannt, ihr habt dem Herrn Jesus die Hände angenagelt, ihr habt für den Krieg gestimmt, ihr habt für Goldwater gestimmt, ihr habt für Nixon gestimmt … Scheiße nochmal! Was MACHEN Sie da mit mir?!«
    »Es ist gleich vorbei. Sie halten sich tapfer. Sie werden ein guter Patient sein.«
    Er drehte das Schlangending wieder heraus, und dann sah ich, wie er in so etwas wie ein Periskop reinsah. Er stopfte mir eine Portion Verbandmull in meinen blutenden Arsch, und ich stand auf und zog mich wieder an. »Aber bei der Operation bleibt’s dann bei dem, was wir gesagt haben, ja?«
    Er wußte genau, was ich meinte. »Nur die Hämorrhoiden«, sagte er.
    Im Hinausgehen sah ich seiner Krankenschwester die Beine hoch. Sie schenkte mir ein süßes
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