Ein Quantum Blut - Biting the Bullet
sich die Hände als wären sie verbrannt.
Ich streckte die Hände aus. Schlang sie um E.J.s Leitung.
Sobald ich sie berührte, fielen die letzten, verdorrten Arme der Ranke von ihr ab. Ich zupfte sie. Spielte die Musik, die einzig zu meiner Nichte passte. Sie erfüllte die Luft, laut wie eine Sinfonie, fröhlich wie ein Weihnachtslied.
»Nein!«, schrie der Richter und hielt sich mit beiden Händen die blutenden Ohren zu. »HÖR AUF!«
Ich spielte weiter, bis der Klang dieses frischen, unverdorbenen Liedes von allen anderen Leitungen um uns herum widerhallte und Harmonien erzeugte, die mir die Freudentränen in die Augen trieben. Dem Richter allerdings nicht.
Er griff nach seiner glänzenden schwarzen Leine. Versuchte, ihr bis zu ihrem Ursprung zu folgen. Doch sie begann sich aufzulösen. Dann bekam er Sprünge, wie eine von Evies Porzellanpuppen, nachdem sie vom Regal gefallen war. In seinem Modelkörper taten sich lange Risse auf, als hätte sich alles in seinem Inneren verschoben. Sein perfektes Gesicht zersplitterte. Schädel und Zähne, Muskeln und Blut ersetzten die weiche rote Haut. Aber ich spielte weiter, bis der ganze Körper des Richters zitternd zerbrach und die Leitung, die ihn hielt, sich in kleine schwarze Schreckenstropfen aufgelöst hatte, die wie schwarzer Regen zu ihrem Ursprungspunkt zurückfielen.
Ich ließ die Hände sinken. Gott, war ich müde. Und mein Strang verblasste langsam. Ein sicheres Zeichen dafür, dass mein Körper schwächer wurde. Aber war es klug zurückzukehren, bevor ich mit Raoul gesprochen hatte? Wie verwundbar wäre E.J. dann? Andererseits brauchte
Dave mich vielleicht im Haus. Während ich noch mit mir selbst diskutierte, spürte ich, wie ich plötzlich und unsanft in die physische Welt zurückgeschubst wurde.
Als der Schmerz des Wiedereintritts einsetzte, merkte ich, wie sich mein Rücken durchbog. Als ich endlich wieder Luft bekam, reichte mein Atem nur aus, um zu sagen: »Was zur …«
Vayl beugte sich über mich. »Ist alles in Ordnung?«
Ich schüttelte den Kopf, um meine Gedanken zu klären. Raoul? Wie heißt das Wort?
Keine Antwort.
Scheiße!
»Cam!«, schrie ich. Natchez kam in die Küche gerannt, warf einen Blick auf mich, wie ich neben David kniete, der noch immer nicht atmete, und wischte sich eine Träne von der Wange. »Wo ist Cam?«, verlangte ich zu wissen.
»Noch mit Grace beschäftigt.«
»Hol ihn! Sofort!«
Natch war nach dreißig Sekunden zurück, das gesamte Team im Schlepptau.
»Wiederbelebungsmaßnahmen!«, fauchte ich. »Sofort!« Ohne ein Wort kniete Cam sich hin und begann mit der Herzmassage.
»Du hast doch gesagt, Raoul …«, setzte Cole an.
»Ich werde das nicht nur ihm überlassen«, knurrte ich. Ich beugte mich runter, um Dave zu beatmen.
Wieder flog die Tür auf, und Cassandra stürzte herein. »Jasmine, ich kann wieder sehen! «, rief sie. Sie wirkte, als wäre es ihr lieber gewesen, im Nebelland zu bleiben.
Ich nickte und sparte mir meinen Atem für Dave.
»Du musst gehen!«, sagte Cassandra mit zitternder Stimme, die kaum ihre Gefühle verbergen konnte.
»Was?«
»Eine Vision. Furchtbare Zerstörung. Massenmorde. Schwarzer Rauch von Bombeneinschlägen. Tausende Unschuldige tot zwischen den Trümmern. Der Zauberer wird nicht aufgehalten werden, wenn du dich nicht sofort auf die Suche nach ihm machst!«
Ich sah auf meinen Bruder hinab, und Tränen verschleierten mir die Sicht, als ich mich auf die Füße kämpfte. Jet nahm meinen Platz ein, während Vayl mich aus der Küche führte, ins Männerschlafzimmer, wohin Cassandra heimlich die Dinge geschafft hatte, die sie für ihren Zauber brauchte.
Sie hatte mir zuvor erklärt, dass dieser Zauber auf meinen sowieso schon verstärkten Fähigkeiten basierte, mit denen ich Andere aufspüren konnte. Bisher konnte ich einer Spur nur folgen, wenn ich zuerst ihre Quelle fand. Dieser Zauber würde mir nicht nur die Quelle zeigen, sondern auch die mentale Signatur des Zauberers in meinem Gehirn abspeichern, so dass ich ihn auch finden konnte, wenn er den Standort wechselte, bevor wir ihn erreichten.
Cassandra streckte die Hand nach dem Ohm aus, das ich nur zu gerne loswurde. Sie nahm eines von Bergmans kleinen Hämmerchen, brach damit das Plastikröhrchen auf und zog einen kleinen weißen Knochen aus den Splittern.
»Was ist das?«, fragte ich, erkannte aber meine eigene Stimme nicht mehr. Ich klang wie ein Roboter. Ja, irgendwann zwischendurch hatte ich auf den
Weitere Kostenlose Bücher