Ein Quantum Blut - Biting the Bullet
sie, während ihnen Blut aus allen Körperöffnungen drang. Sie waren jetzt gefügig. Wanden sich vor Schmerzen. Die Ranke wirkte auch nicht mehr sonderlich gesund.
Heilige Scheiße, ich glaube, so könnte es klappen!
Ich flog von einer goldenen Leitung zur nächsten, jede eine Verbindung zu jemandem, der mir nahestand. Evie. Cassandra. Bergman. Cole. Albert. Vayl. Daves fehlte noch immer. Aber jedes Mal, wenn ich gegen einen Strang prallte und einen schrillen Ton erzeugte, der die Dämonen und ihre Leinen schnitt wie Glasscherben, wirkte E.J.s Leitung strahlender.
Als die erste Leitung nachgab, zerriss sie mit einem überirdischen Schrei, als wäre sie ein lebendiges Wesen und nicht nur eine Art Kanal. Der größte Dämon löste sich auf. Sein Kumpel folgte ihm bald; als ich gegen Coles Strang flog, explodierte die seine, zusammen mit seinem Nicht-Körper.
Yeah, Baby! Ich fühlte mich großartig. Gestärkt. Fast schon unbesiegbar. Jetzt, wo ich den Schlüssel dazu gefunden hatte, wie man diese bösartigen Dreckskerle zerstörte, konnte mich niemand mehr aufhalten.
Ich hätte es besser wissen sollen.
Als ich mich umdrehte, um dem Richter sein Todeslied zu spielen, brach er aus. Er bewegte sich mit einer solchen Geschwindigkeit, dass meine Bewegungen aussehen mussten, als hätte da oben irgendjemand einen Knopf gedrückt und mich für den Rest der Schlacht in Zeitlupe versetzt.
Während er sich vorwärtskämpfte, griff er nach oben und zog einen weiteren Strang zu sich. Jetzt hatte er zwei peitschenähnliche Waffen. Er schlug zu, und eine schlang sich um meinen Bauch und fixierte mich so an meinem momentanen Standort, nur knapp einen Meter von E.J.s leuchtender Leitung entfernt. Die andere wickelte er um meinen Hals. Sofort wurde mein Blick unscharf, so als würde er mir die Blutzufuhr abschneiden. Was er nicht tat. Also, was zur Hölle …?
Ganz genau , sagte Großmama May, während sie das Bridgespiel beendete und anfing, die Knabbereien wegzuräumen . Nenne mir irgendeinen anderen Ort, an dem du ein solches Grauen verspürt hast. Dieses schreckliche Gefühl der Sinnlosigkeit.
Worauf willst du hinaus? , fragte ich benommen.
Sie nahm ein Stück Popcorn aus der Bambusschüssel, die sie gerade hielt, und wedelte damit ungeduldig in meine Richtung. Was? Hast du etwa vergessen, worüber wir an all den Sonntagnachmittagen gesprochen haben?
Nach der Kirche. Nach dem Mittagessen. Während der langen, gemächlichen Spaziergänge über das Farmgelände. Wir hatten über alles Mögliche gesprochen. Aber bei diesen Gelegenheiten ging es meistens um ernste Themen. Wir Kinder konnten ihr dann alles sagen, was uns bedrückte, und dafür ein oder zwei Bröckchen Weisheit erwarten. Doch oft hatten sich unsere Gespräche, wohl aufgrund
der Art, wie wir den Morgen verbracht hatten, der Natur von Gut und Böse zugewandt, und allem, was dazwischen lag, und wie man erkennen konnte, wo man gerade stand.
»Die Hölle ist ein real existierender Ort«, hatte sie uns erklärt. »Lasst euch bloß nichts anderes erzählen. Und sie ist nicht nur ein bestimmter Ort. Sie ist einer dieser mächtigen, hinterhältigen Orte, die sich nebenan breitmachen, warten, bis man nicht hinsieht, und dann zuschnappen, wenn sie können.«
»Wie bekämpft man so etwas?«, hatte ich gefragt.
Großmama May hatte die Lippen gespitzt und mir einen Seitenblick zugeworfen, ihre Art, mir zu gratulieren, weil ich genau die Frage gestellt hatte, auf die sie gehofft hatte. »Reinheit der Absichten«, hatte sie geantwortet. »Unschuld des Geistes.«
Ja, ja, du verschlagene alte Hexe , dachte ich nun, als der Richter über mir aufragte, das fein geschnittene Gesicht zu einem triumphierenden Lächeln verzogen, während er beobachtete, wie ich schwächer wurde, du hast auch schon gegen Dämonen gekämpft . Später würde ich, wenn ich die Zeit dazu hatte, in Großmamas Vergangenheit eintauchen. Aber jetzt würde ich mich erst mal an ihren Rat halten.
Ich schloss die Augen. Und konzentrierte mich auf das reinste, unschuldigste Wesen, das ich kannte.
Ich konnte sie spüren. So, wie ich oft Vayl durch Cirilai und meine Sinne spüren konnte. E.J. schwebte am Rand meines Bewusstseins wie ein neu erstrahlender Stern. So schön und hell, dass ich fühlen konnte, wie ihre Schönheit meine persönliche Dunkelheit verdrängte.
Der Richter zuckte zusammen und keuchte. Ich öffnete die Augen. Seine Schlingen hatten sich zurückgebildet. Er
warf sich nach hinten und rieb
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