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Ein Quantum Blut - Biting the Bullet

Titel: Ein Quantum Blut - Biting the Bullet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Rardin
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Ich weinte nicht, schrie nicht, denn das hätte die Leute auf mich aufmerksam gemacht, und ich war im Dienst. Wie professionell. Hey, Pete, ich habe es nicht versaut, als der Pfleger meines Vaters mir gesagt hat, dass mein Dad mit dem Tod ringt. Kriege ich jetzt einen verdammten Bonus?
    »Was …« Ich räusperte mich, um den Frosch aus meinem Hals zu kriegen. »Was ist passiert?«
    »Er war auf seinem Motorrad unterwegs, keine zwei Blocks von hier, als ihm eine Frau hinten draufgefahren ist. Er wurde rückwärts gegen ihre Windschutzscheibe geschleudert; dann ist er nach vorne auf den Asphalt gerollt.
Zum Glück war ein Polizist vor Ort. Er hatte jemanden angehalten, um ihm einen Strafzettel zu geben. So konnte er die Fahrerin direkt festnageln. Hat dafür gesorgt, dass innerhalb von drei Minuten ein Krankenwagen da war. Das hat ihm wahrscheinlich das Leben gerettet.«
    »Aber es geht ihm schlecht?«
    Ich konnte das Mitgefühl in Shelbys Stimme kaum ertragen. Ich wollte, dass er moserte wie Albert. Dann würde ich wütend werden. Dann würde ich nicht mehr heulen wollen. »Er ist ein einundsechzigjähriger Diabetiker. Zugegeben, er ist jetzt in besserer Verfassung als damals, als ich angefangen habe, mich um ihn zu kümmern, aber er hat mehrere Knochenbrüche, einer davon im Rücken, der wirklich ernst sein könnte. Das wissen sie aber erst, wenn die Schwellung nachlässt. Außerdem könnte es Probleme mit seinen Nieren geben. Ein junger, gesunder Mann heilt ziemlich schnell. Aber dein Dad ist der sturste, starrköpfigste Bastard, der mir je begegnet ist.«
    Wir lachten. »Mir auch«, sagte ich.
    »Wenn irgendjemand das schaffen kann, dann er«, versicherte mir Shelby.
    »Shelby.« Ich drängte ein Schluchzen zurück. Atme, Jaz, atme. »Ich kann nicht nach Hause kommen. Ich bin in Übersee.«
    »Das haben sie mir gesagt.«
    »Hast du schon Evie kontaktiert?«
    »Sie ist gerade bei ihm im Krankenhaus.«
    »Okay. Sag ihr, dass ich sie sobald wie möglich anrufen werde und es mir leid tut, dass ich nicht da sein kann.« Es tut mir leid, dass ich nie da bin.
    Den restlichen Weg zum Haus legte ich in einem Dämmerzustand zurück. Da mein Geist sich weigerte, sich mit Alberts Situation auseinanderzusetzen, konnte ich nur
immer wieder denken: Wen soll ich jetzt anrufen? Wer wird mir jetzt sagen, was ich tun soll, wo die Mahghul hinter Vayl her sind?
     
    Als ich an unserem Hauptquartier ankam, war die Tür verschlossen. Da ich zu erschöpft war, um den Schlüssel aus meiner Tasche zu fischen, griff ich durch das zerbrochene Seitenfenster, sperrte von innen auf und ging hinein. Cassandra und Bergman waren mit ihren Recherchen ins Wohnzimmer umgezogen. Sie hatten den Zweisitzer mit Beschlag belegt und stießen fast mit den Köpfen zusammen, während sie flüsternd über dem Enkyklios hockten. Obwohl die Murmeln in Bewegung waren und unzählige verschiedene Formen annahmen, ergaben die Bilder, die sie projizierten, für mich keinen Sinn. Vielleicht, weil sie so klein waren.
    Ich streifte meine Schuhe ab, kletterte über die Rückenlehne der Couch und ließ mich in die Kissen sinken, verzweifelt auf der Suche nach Trost, den ich nie wieder finden würde. Trotzdem holte ich meine alten Karten aus der Tasche und strich mit dem Daumen über ihre Kanten. Ffrrm. Was für ein wundervolles Geräusch.
    Cassandra ließ das Enkyklios alleine die letzten Bewegungen machen und setzte sich neben mich. »Was ist passiert?«
    Das erregte auch Bergmans Aufmerksamkeit. Er musterte die Karten. »Vielleicht solltest du dir eine andere Angewohnheit suchen, Jaz. Es gibt da so Kugelspiele …«
    »Nö. Ich glaube, ich fange einfach an zu saufen.«
    Es folgte ein langes Schweigen, während Bergman und Cassandra herauszufinden versuchten, ob ich Witze machte oder nicht. Warum versteht mich keiner? Schließlich sagte Cassandra: »Erzähl uns alles.«

    Also tat ich das. Und ich muss zugeben, als ich fertig war, war ich froh, dass unsere Berater mit auf diese Mission gekommen waren. Was auch immer sie sonst noch dazu beitrugen, sie machten sich immerhin nicht über mich lustig, als ich um den Vater weinte, mit dem ich kaum klarkam und den ich nur liebte, weil ich keine andere Wahl hatte. Und sie protestierten nicht, als ich verkündete, dass ich Vayls lahmen Verwandelt-die-Seherin-Plan durchkreuzen würde, selbst wenn es mich umbrachte. Was, wenn ich ehrlich sein sollte, durchaus passieren konnte. Aber sie wollten mir nicht dabei helfen, das zu planen.

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