Ein Quantum Blut - Biting the Bullet
ziemlich grimmig und ruhig.
»Was ist passiert?«, fragte ich und verschob meine eigenen schlechten Neuigkeiten, um zuerst ihre zu hören.
»Wir hatten ein paar Schwierigkeiten«, erklärte Dave. »Wir wären jetzt wahrscheinlich im Knast, wenn Cole uns nicht so schnell rausgeredet hätte.«
Jetzt nickten sie und prosteten Cole zu. Dieser nahm die Huldigung mit seinem typischen gutmütigen Grinsen entgegen.
Ich musterte meinen Rekruten und hob fragend die Augenbrauen. »Also?«
Er schlenderte zu Cam rüber, streckte die Hand aus, erhielt einen Zahnstocher und einen Salut und stellte sich dann in die Mitte des Raums. »Wir hatten die Erkundungstour abgeschlossen und waren auf dem Rückweg, als die Polizei uns aufhielt und zu diesem riesigen Platz schleppte. Dort mussten wir uns zu einer Gruppe von vielleicht dreißig Männern stellen. Ich fragte einen älteren Mann, ob er wüsste, warum wir dort seien, und er sagte, dass wir alle verdächtigt würden, einen Aufstand angezettelt zu haben, der früher am Abend stattgefunden hatte.«
»Ich glaube, wir waren auch dort«, murmelte ich mit tauben Lippen. »Zwei Frauen wurden gehängt, richtig?«
Cole nickte überrascht. »Zumindest hat er das gesagt.« »Ich dachte, der Aufstand wäre ausgebrochen, als sich der Tschador der älteren Frau gelöst hat.«
»Laut dem alten Mann war es eine Kombination aus
dem Bild an ihrem Kleid und dem, was die Leute in der Menge gerufen haben.«
»Spuck’s aus.«
Cole kratzte sich den Bart und nagte an seinem Zahnstocher, beides Anzeichen von Stress. »Es war ein Bild ihrer Tochter, die von ihrem Onkel bis zum Bauch eingegraben und dann von ihm und einigen anderen männlichen Verwandten gesteinigt worden war, weil sie versucht hatte, sich von ihrem Mann scheiden zu lassen.«
Obwohl Daves Mannschaft die Geschichte schon gehört hatte, wirkten sie mitgenommen. Da für uns diese Information neu war, sahen Bergman, Cassandra und ich uns an, nicht sicher, wie wir darauf reagieren sollten. Wir waren nicht vertraut mit Geschichten, die anfingen mit »O ja, ich hatte da mal diesen verrückten Onkel, der …« Nö. Das Schlimmste, was mein Onkel Barney jemals getan hatte, war, sich bei der Hochzeit von Cousine Amelia so zu betrinken, dass er dachte, er könnte beim Limbo mit den jungen Kerlen mithalten. Er verrenkte sich den Rücken und war eine Woche krankgeschrieben.
Ich versuchte eine Geisteshaltung zu verstehen, in der der Wunsch nach Scheidung logisch zur Todesstrafe führt. Keine Chance. Mein Verstand, der bereits überladen war, wollte aussteigen. Es kam mir so vor, als würde ich unser spontanes Meeting von der Zimmerdecke aus beobachten. »Und die Menge?«, hörte ich mich fragen. »Was haben sie gerufen?«
»Ich schätze, die Mutter wurde danach zur Regimekritikerin«, erklärte Cole sanft. »Sie riefen Slogans wie ›Frauen verdienen ein Leben‹ und ›Rechte für Frauen‹, was die Spaß suchenden natürlich wahnsinnig gemacht hat. Wahrscheinlich haben sie die Leichen ziemlich schlimm zerfetzt.«
»Warum …« Das kam mir nicht richtig über die Lippen, es klang mehr wie ein Heulen. Ich hustete. Versuchte es noch mal: »Welchen Verbrechens wurden sie schuldig gesprochen?«
Cole fuhr sich mit den Fingern durch die dicken Haare. Im Moment, fand ich, spiegelten die wilden Locken exakt unser aller Gefühlswelt wider. Er sagte: »Der alte Mann erzählte mir, dass sie und die jüngere Frau hingerichtet wurden, weil sie Widerstand gegen die Regierung geschürt hätten.«
Ach so. Die Damen hatten also gar nicht ihre Kinder umgebracht.
Mein Geist kehrte zu dem Augenblick auf dem Platz zurück und zeigte mir eine Parallele. Große Bühne. Erwartungsvolle Menge. Eine Show, bei der man das Gefühl bekam, die Hölle auf Erden betreten zu haben. Und der Richter, der in der wirklichen Hölle seine eigene Show abzog. Seine eigene Mordszene spielte. Meine spektakuläre Rettung inszenierte.
Auf der Erde hatten sich die Mahghul wie ein Schwarm bösartiger, mutierter Tauben herabgestürzt und sich von dem Hass und der Wut jedes Einzelnen in dieser Menge genährt.
Der Richter war nicht anders. Auch nicht besser als ein Parasit, wollte er etwas in sich aufnehmen, das er nur bekommen konnte, wenn ich mich im nicht körperlichen Zustand befand. Aber was? Irgendetwas sagte mir, dass es nur einen Weg gab, das herauszufinden.
Doch dafür war jetzt keine Zeit. Cole hatte mit seiner Geschichte weitergemacht und erklärt, wie er den alten Mann
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