Ein Quantum Tod: Roman (German Edition)
aufbewahre – und sah die Klippe hinab. Über hundert Meter unter uns krachten schwere, hohe Wellen gegen dunkle und zerklüftete Felsen, Gischt flog durch die Luft.
Ein kalter Nordwind blies, Möwen hingen in der Luft und kreischten klagend. Eine alte Legende besagt, dass die Möwen die Sünden der Welt beklagen und dass sie aufhören werden, wenn wir es endlich geschafft haben, uns zusammenzureißen. Es war leicht, an einem derart verlassenen Ort eine solche Geschichte zu glauben.
Das Cottage lag etwa einen guten Kilometer entfernt, wie die Krähe flog, auf der anderen Seite einer nackten Fels- und Schotterebene. Molly und ich sahen uns an und gingen los. Nirgendwo war ein Lebewesen zu sehen. Selbst unsere Schritte auf dem steinigen Boden schienen gedämpft. Als wir näher kamen, konnte ich sehen, dass das Cottage von einem sorgfältig gepflegten Garten umgeben war. Eine kleine Steinmauer umgrenzte ihn, in altem Stil von Hand aufgeschichtet. Es gab Hecken und Blumen und in Form geschnittene Bäume. Ein kunterbunter Farbflecken in der grauen Umgebung. Wir hielten vor einem kunstgeschmiedeten Eisentor an, das den einzigen Eingang in den Garten darstellte. Hinter dem Tor führte ein schmaler Kiesweg zur Haustür. Ein einfaches Schild neben dem Tor besagte: U NBEFUGTE WERDEN VERPRÜGELT . Molly und ich standen davor, sorgfältig bedacht, nichts anzufassen, und spähten durch das Gitter. Der Garten sah wundervoll aus.
»Ich kann Schutzmaßnahmen und Verteidigungen von Industriegröße in der Luft hängen spüren. Sie warten nur darauf, dass jemand sie auslöst«, meinte Molly. »Sie fühlen sich ... komisch an. Keine Magie, keine Technik, nur die Willenskraft eines Menschen. Ich habe das Gefühl, dass wir sicher sind, solange wir den Pfad nicht verlassen. Sie weiß, dass wir hier sind, Eddie.«
»Ich wäre enttäuscht, wenn sie es nicht wüsste«, sagte ich. »Wir bleiben noch einen Moment, wo wir sind. Dann kann sie uns und unsere Schutzvorrichtungen genau in Augenschein nehmen.«
»Das tut sie schon, seit wir hier angekommen sind.« Molly trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen. Molly hat es nicht so mit dem Herumstehen. Nicht, wenn die Alternative darin besteht, dorthin vorzupreschen, wo sich sonst niemand hinwagt. »Ich kann ihre Aufmerksamkeit wie ein schweres Gewicht spüren, das mich niederdrückt. Oder als starre ich in einen grellen Suchscheinwerfer. Die Kraft, die ich spüre, ist geradezu beängstigend. Und ich ängstige mich sonst nicht. Ah!«
Ich fuhr herum. »Was?«
»Es ist weg. Sie beobachtet uns nicht mehr.«
Das verschlungene Eisengitter schwang langsam vor uns auf, die Angeln protestierten leise quiekend. Ich wusste, Ammonia hätte diese Angeln auch ölen können, aber sie zog es vor, das nicht zu tun. Eine einfache Art der zusätzlichen Warnung. Jedenfalls wäre es das gewesen, was ich getan hätte. Ich trat vor und gab mein Bestes, um Selbstvertrauen auszustrahlen: Molly blieb dicht bei mir, Haupt erhoben, und sah wachsam in alle Richtungen. Das Tor schwang lärmend hinter uns zu, aber ich gönnte ihm die Befriedigung nicht, mich umzusehen. Unsere Schritte knirschten auf dem Kiespfad, als wir aufs Cottage zugingen. Der Garten war wirklich entzückend: offen und hübsch, mit allen Arten von Blumen, ordentlichen Hecken und Bäumen, die man in perfekte geometrische Formen geschnitten hatte. Jemand hatte viel Arbeit in diesen Garten gesteckt.
»Eine friedliche Umgebung«, sagte ich. »Für eine bekanntermaßen so unfreundliche Frau.«
»Dann sind alle Geschichten, die ich gehört habe, wahr?«, fragte Molly und warf immer noch finstere Blicke um sich.
»Wenn sie beunruhigend, abscheulich oder alarmierend sind, dann höchstwahrscheinlich ja«, sagte ich. »Das ist die Frau, die seinerzeit den amtierenden Gegenpapst einen großnasigen Idioten genannt hat. Ins Gesicht.«
»Eine treffende Beschreibung«, meinte Molly.
»Nun, ja, aber man sagt das doch dem Führer eines Kults mit einer Privatarmee von fanatischen Anhängern nicht ins Gesicht.«
»Ich schon.«
»Nun, das stimmt auch wieder, aber du bist ja auch verrückt.«
»Du sagst die nettesten Sachen, Eddie.«
»Ich tu mein Bestes.«
Das Cottage erwartete uns ein wenig bedrohlich, ähnlich dem Wartezimmer eines Zahnarztes: Es mag nett anzusehen sein, aber man weiß, es wartet Ärger. Eigentlich sah das Cottage in seinem hübschen Garten so aus, wie es sein sollte, wie ein Foto auf einer Puzzleschachtel. 1000 Teile, nicht allzu
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