Ein Rest von Schuld - Rankin, I: Rest von Schuld - Exit Music
Männer wollten ihrer Dankbarkeit möglichst deutlichen Ausdruck verleihen.
»Und behalten Sie Ray Reynolds ruhig so lange, wie Sie möchten«, fügte DI Shug Davidson mit einem Grinsen hinzu, bevor er sie mit einem Detective Constable namens Adam Bruce bekannt machte. Davidson hatte die Füße auf dem Schreibtisch, sein Stuhl war nach hinten gekippt.
»Schön zu sehen, wie Sie sich abrackern«, bemerkte Clarke. »Wo sind die anderen?«
»Erledigen wahrscheinlich ihre Weihnachtseinkäufe. Darf ich dieses Jahr ein Geschenk von Ihnen erwarten, Shiv?«
»Ich spielte eigentlich mit dem Gedanken, Ray ein paar Schleifen umzubinden und ihn zurückzuschicken.«
»Unterstehen Sie sich. Bei Sol Goodyear zu Potte gekommen?«
»Nee, wollte nichts abgeben.«
»Ist ein Scheißkerl, nicht? Er und sein Bruder könnten kaum verschiedener sein.Wussten Sie, dass jung Todd sonntags in die Kirche geht?«
»Hat er mir gesagt.«
»Wie Tag und Nacht, sag ich …« Davidson schüttelte bedächtig den Kopf.
»Um das Thema zu wechseln – könnten wir uns stattdessen über Larry Fintry unterhalten?«
»Was ist mit ihm?«
»Sitzt er in U-Haft?«
Davidson schnaubte. »Die Zellen platzen aus allen Nähten, Shiv – das wissen Sie genauso gut wie ich.«
»Dann ist er also auf Kaution draußen?«
»Heutzutage kommt alles unter Völkermord und Kannibalismus auf Kaution frei.«
»Und wo find ich ihn?«
»Er wohnt in einem Heim in Bruntsfield.«
»Was für einem Heim?«
»Für Suchtkranke. Zu dieser Tageszeit wird er allerdings kaum da sein.« Davidson sah auf seine Uhr. »Hunter Square oder vielleicht die Meadows.«
»Ich war grad in einem Café um die Ecke vom Hunter Square.«
»Irgendwelche Bekloppten in der Gegend gesehen?«
»Ein paar Obdachlose«, korrigierte ihn Clarke. Ihr war aufgefallen, dass auf dem Bildschirm, von dem Bruce kein Auge wandte, eine Partie Minesweeper lief.
»Die Parkbänke hinter dem alten Krankenhaus«, sagte Davidson, »da lungert er gelegentlich rum. Könnte jetzt allerdings ein bisschen frisch sein. Drop-in-Center an Grassmarket und Cowgate wären weitere Möglichkeiten... Was wollen Sie eigentlich von ihm?«
»Ich frag mich allmählich, ob nicht möglicherweise jemand ein Kopfgeld auf Sol Goodyear ausgesetzt hat.«
Davidson lachte verächtlich. »Der kleine Wichser ist es doch gar nicht wert.«
»Trotzdem …«
»Und niemand, der seine fünf Sinne beisammen hat, würde dem irren Larry den Job anvertrauen. Das Ganze, Shiv, läuft doch bloß darauf hinaus, dass Sol Larry wegen irgendwelcher Schulden Druck gemacht hat.Wahrscheinlich hat Sol an irgendeinem Punkt gesagt, ohne Geld würd’s kein Dope mehr geben, und da ist Larry eine seiner wenigen noch verbliebenen Sicherungen durchgebrannt.«
»Neu verkabeln müsste man den Typen«, fügte DC Bruce hinzu, der nach wie vor wie gebannt auf das Spiel auf seinem Bildschirm starrte.
»Wenn Sie sich auf die Suche nach Crazy Larry machen wollen«, sagte Davidson, »fein, von mir aus, aber erwarten Sie nicht, etwas aus ihm herauszubekommen. Und Sol Goodyear als Zielperson eines Auftragsmordes kann ich mir nach wie vor nicht vorstellen.«
»Er muss Feinde haben.«
»Aber Freunde hat er auch.«
Clarkes Augen verengten sich. »Nämlich?«
»Wie man hört, steht er wieder auf Big Gers Lohnliste. Na ja, ›Lohnliste‹ wär zu viel gesagt, aber er dealt wieder mit Caffertys Segen.«
»Irgendwelche Beweise dafür?«
Davidson schüttelte den Kopf. »Nach Ihrem Anruf habe ich ein bisschen rumtelefoniert, und das war’s, was ich so hörte. Aber ich werd Ihnen was anderes sagen …«
»Nämlich?«
»Die Spatzen pfeifen von den Dächern, dass man Derek Starr aus Fettes zurückgeholt und mit der Leitung Ihrer Untersuchung betraut hat.« Am anderen Schreibtisch fing Bruce an, leise gackernde Geräusche zu machen. »Ziemlicher Schlag ins Gesicht, nicht?«, fügte Davidson hinzu.
»War doch logisch, dass Derek die Führung übernehmen würde – er steht einen Dienstgrad über mir.«
»Scheint die Bosse aber nicht gekümmert zu haben, solange der höhere Dienstgrad einem gewissen DI namens Rebus gehörte …«
»Ich schick Ihnen noch wirklich Reynolds zurück«, warnte Clarke ihn.
»Dazu müssen Sie erst Derek Starr um Erlaubnis bitten.«
Sie starrte ihn an, bis er lachend wegsah. »Amüsieren Sie sich, solang Sie können«, erklärte sie und wandte sich zur Tür.
Wieder in ihrem Auto, fragte sie sich, was sie sonst noch tun könnte, um vorerst nicht
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