Ein Rest von Schuld - Rankin, I: Rest von Schuld - Exit Music
zum Gayfield Square zurückzumüssen. Antwort: nicht viel. Rebus hatte von den Überwachungskameras gesprochen.Vielleicht konnte sie einen Umweg über das Rathaus machen und dieses Amtshilfeersuchen stellen, oder Megan Macfarlane anrufen und ein weiteres Treffen mit ihr vereinbaren – diesmal, um sich mit ihr über Charles Riordan und seine Mitschnitte der Tagungen ihres Ausschusses zu unterhalten. Dann war da noch Jim Bakewell, Rebus wollte, dass sie ihn nach seinem geselligen Beisammensein mit Sergei Andropow und Big Ger Cafferty befragte.
Cafferty …
Er schien wie ein Gigant über der Stadt zu ragen, und dennoch dürften die wenigsten Einwohner von Edinburgh auch nur von seiner Existenz gewusst haben. Rebus hatte die Hälfte seines Lebens als Polizist in den Versuch investiert, den Gangster zur Strecke zu bringen. War Rebus erst mal im Ruhestand, würde es ihr Problem werden, nicht weil sie es so wollte, sondern weil Rebus kaum lockerlassen würde. Er würde von ihr erwarten, dass sie zu Ende brachte, was er nicht mehr hatte erledigen können. Sie dachte wieder an die Abende, an denen sie bis spät im Büro geblieben waren und Rebus ihr seine brennendsten ungelösten Fälle vorgelegt hatte. Was sollte sie mit diesen Hinterlassenschaften wohl anfangen? Sie empfand sie wie eine unerwünschte Last. Sie hatte zu Hause zwei hässliche von einer Tante vererbte Zinnkerzenständer, die wegzuwerfen sie nicht übers Herz brachte. Also lagen sie ganz hinten in einer Schublade, was auch künftig der beste Aufbewahrungsort für Rebus’ alte Fallnotizen sein würde.
Ihr Telefon klingelte, Vorwahl 556: Jemand rief vom Gayfield Square aus an. Sie hatte eine Idee, wer es sein konnte.
»Hallo?«
Und tatsächlich, es war Derek Starr. »Sie sind mir abgehauen«, sagte er, bemüht, dem Vorwurf einen Hauch von Scherzhaftigkeit zu verleihen.
»Musste mit dem West End reden.«
»Worüber?«
»Sol Goodyear.«
Einen Augenblick lang herrschte Stille. »Helfen Sie mir auf die Sprünge«, bat er.
»Wohnt ganz in der Nähe des Fundorts der Leiche. Und es war eine Freundin von ihm, die die Leiche gefunden hat.«
»Und?«
»Wollte mir nur ein paar Details bestätigen lassen.«
Er wusste verdammt genau, dass sie etwas verschwieg, genauso wie sie wusste, dass er nichts daran ändern konnte.
»Wann kehren Sie also voraussichtlich wieder in den Schoß der Gemeinde zurück, DS Clarke?«
»Ich muss vorher noch einmal beim Rathaus Zwischenstation machen.«
»Central Monitoring?«, tippte er.
»Genau. Dürfte höchstens eine halbe Stunde dauern oder so.«
»Von Rebus irgendwas gehört?«
»Keinen Piep.«
»DCI Macrae meinte, er sei suspendiert worden.«
»So könnte man es ungefähr nennen.«
»Kein besonders starker Abgang, was?«
»Gibt’s sonst noch was, Derek?«
»Sie sind meine Nummer zwei, Siobhan. Dabei bleibt es auch, solange ich nicht den Eindruck gewinne, dass Sie auswärts spielen.«
»Und das heißt genau?«
»Ich will nicht, dass Sie noch mehr schlechte Angewohnheiten von Rebus übernehmen.«
Mit ihrer Geduld am Ende, legte sie auf. »Aufgeblasener Hohlkopf«, murmelte sie und startete den Motor.
»Und? Was hast du gestern Abend nun getrieben?«, fragte Hawes. Sie saß auf dem Beifahrersitz, Colin Tibbet am Steuer.
»Mit ein paar Freunden was getrunken.« Er warf ihr einen Blick zu. »Eifersüchtig, Phyl?«
»Eifersüchtig auf dich und deine Bierkumpane? Aber klar doch, Col.«
»Hab ich mir gedacht«, sagte er grinsend. Sie waren unterwegs zur Südostecke der Stadt, zur Umgehungsstraße und dem Grüngürtel.Viele waren nicht überrascht, dass man der FAB gestattet hatte, ihre neue Zentrale mitten in einem ausgewiesenen Naturschutzgebiet zu errichten. Ein Dachs war samt seinem Bau umgesiedelt und eine Neun-Loch-Golfanlage für die ausschließliche Verwendung durch die Mitarbeiter aufgekauft worden. Das gigantische Glasgebäude lag knapp anderthalb Kilometer vom neuen Royal Infirmary entfernt, was, wie Hawes vermutete, ganz praktisch war, wenn sich einer der Angestellten beim vielen Geldzählen mit einer Banknote in den Finger schnitt. Niemanden hätte es andererseits gewundert, wenn der FAB-Komplex über eine eigene Krankenstation verfügt hätte.
»Ich bin zu Hause geblieben, da du dich so begierig danach erkundigst«, sagte sie jetzt, während Col den Wagen vor einer roten Ampel zum Stehen brachte. Er machte es genau so, wie man es in der Fahrschule lernte – nicht abrupt auf die Bremse treten, sondern
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