Ein Rezept für die Liebe: Roman (German Edition)
aufzuheben. Die Deckenbeleuchtung fiel auf sein braunes Haar und fing sich in den goldenen Strähnen. Das Rascheln seines Anorakärmels erfüllte die Stille zwischen ihnen. »Wie lange sind Sie schon hier?«, fragte er mit derselben tiefen, samtigen Stimme, die sie bereits kannte, nur dass sie sie diesmal nicht wie heißer Rumpunsch durchströmte.
Er wusste ganz genau, seit wann sie hier war. Was sollte das? »Seit ein paar Wochen.«
»Dann haben wir uns wohl gerade verpasst. Ich war in den letzten Wochen mit ein paar Freunden beim Skifahren.«
Natürlich wusste sie das. Und er wusste, dass sie es wusste. Aber wenn er so tun wollte, als wären sie einander noch nie im Leben begegnet, hatte sie absolut nichts dagegen einzuwenden. Ihr Blick fiel auf seine Hand, als er ihr die Auszeichnungsmaschine entgegenstreckte. Der Markenname seines Anoraks, Arc’terys , stand in Weiß auf dem Klettverschluss am Ärmel.
»Danke«, sagte sie und nahm die Auszeichnungspistole entgegen. Dabei berührten sich versehentlich ihre Fingerspitzen, und sie trat einen Schritt zurück, während sie den Arm sinken ließ. Ihr Blick wanderte am Reißverschluss auf der Vorderseite seines Anoraks nach oben.
»Was für eine Überraschung, in den Laden zu kommen und noch jemanden außer Stanley hier arbeiten zu sehen«, erklärte er.
Verblüfft sah sie in seine grünen Augen. Nichts. Keine versteckte Ironie, kein Zeichen des Erkennens. Im ersten Augenblick hatte er überrascht gewirkt, aber jetzt nicht mehr, und sie hatte keine Ahnung, ob er nur so tat oder nicht. War es möglich, dass er sie nicht wiedererkannte? Nein, das wäre reines Wunschdenken. So großes Glück hatte sie normalerweise nie.
»Es wurde wirklich langsam Zeit, dass er Hilfe bekommt.«
»Ah, ja«, murmelte sie gedankenverloren. Sie war betrunken gewesen. Und er wahrscheinlich ebenso. Vielleicht war die Verblüffung, die sie gerade noch auf seinem Gesicht bemerkt hatte, nur die Überraschung gewesen, jemanden außer ihrem Großvater im Laden anzutreffen. Denn für alle anderen im Ort war ihr plötzliches Auftauchen weiß Gott ein Schock gewesen.
»Sie ist hergekommen, um mir ein wenig im Laden zu helfen.« Stanley trat neben sie und tätschelte ihre Schulter. »Sie ist so ein braves Mädchen.«
Rob Sutter musterte ihren Großvater, dann kehrte sein Blick wieder zu ihr zurück. Kate wartete, dass er in Gelächter ausbrach oder wenigstens das Gesicht zu einem Lächeln verzog. Doch er tat es nicht. Sie entspannte sich ein klein wenig. Vielleicht war dieser Rob ja ein gewohnheitsmäßiger Trinker. Konnte sie ein solches Glück haben? Manche Männer schlugen ihre Frauen, zertrümmerten die Wohnungseinrichtung und wenn sie im Gefängnis zu sich kamen, hatten sie keine Ahnung, weshalb sie hinter Schloss und Riegel saßen. Sie saßen da, den Kopf in den Händen vergraben, und konnten sich an nichts erinnern. Als Mensch, der sich grundsätzlich an alles erinnern konnte, hatte Kate nie so recht an diesen durch Alkohol ausgelösten Gedächtnisschwund geglaubt, aber vielleicht irrte sie sich. Möglicherweise litt der Besitzer des Sportgeschäfts ja genau daran.
Vielleicht sollte sie ein wenig verletzt sein, dass er sie so schnell vergessen hatte, doch in diesem Moment spürte sie
nichts als einen winzigen Hoffnungsschimmer, dass sie noch einmal Glück gehabt hatte und er ein haltloser Trinker war, der sich an nichts erinnern konnte.
Braves Mädchen, heiliger Strohsack . Rob Sutter zog mit der freien Hand den Reißverschluss seines Anoraks nach unten und verlagerte sein Gewicht auf das rechte Bein. Brave Mädchen ließen sich nicht volllaufen und gabelten wildfremde Männer in Bars auf.
»Wie lange werden Sie in Gospel bleiben?«, erkundigte er sich. Bei ihrer letzten Begegnung hatte sie ihr Haar offen getragen, so dass es glatt und glänzend wie flüssige Flammen über ihre Schultern gefallen war. Ihm gefiel es offen besser.
Allmählich bekamen ihre bleichen Wangen wieder ein wenig Farbe, und sie legte den Kopf schief. Es war, als könnte er ihre Gedanken lesen, und im Moment fragte sie sich, ob er sie wiedererkannte. »Solange, wie mich mein Großvater braucht«, antwortete sie und wandte sich Stanley zu. »Ich gehe wieder nach hinten und zeichne die restlichen Dosen aus. Wenn du noch was brauchst, ruf mich einfach.«
Als könnte Rob jemals ihr Angebot vergessen, ihm ihren nackten Hintern zu zeigen! Als sie davonging, wanderte sein Blick über den Pferdeschwanz zwischen
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