Ein Ring von Tiffany - Roman
erzählt: Paul, der Halbargentinier und Halbbrite, gepflegt, weitgereist, charmant und attraktiv, der lieber auf die Geburtstagsparty seiner Ex gehen wollte als mit meiner Wenigkeit ins Bett.«
»Da muss doch noch mehr dahinterstecken. Vielleicht war er bloß …«
Adriana fiel ihr ins Wort. Leigh mit ihren hirnrissigen Vielleicht-Spielchen, nicht zum Aushalten. »Also bitte! Wenn wir mal davon ausgehen, dass dieser Paul sowohl männlich als auch hetero ist, gibt es nur eine einzige Erklärung für das, was an jenem Abend passiert beziehungsweise eben nicht passiert ist. Emmy, sei ehrlich. Wolltest du wirklich Sex mit ihm haben? Warst du scharf auf ihn? Wolltest du ihm wirklich an die Wäsche?«
Emmy lachte verlegen. »Wow. Was soll ich darauf antworten? Ja, schon? Ich hab mich ihm doch praktisch an den Hals geworfen, obwohl ich ihn bloß ein paar Stunden kannte.«
»Und mit ›an den Hals geworfen‹ meinst du, dass du unauffällig ein paar nervöse Andeutungen fallen gelassen hast, dass du dir unter Umständen vorstellen könntest, noch ein Gläschen Wein mit ihm zu trinken. Hab ich recht?«
»Na ja, schon möglich.« Emmy schniefte. Sie war entschlossen, sich den wahren Grund für Pauls Abgang nicht entlocken
zu lassen. Wenn sie zugab, dass sie ihn gefragt hatte, ob er sich vorstellen könnte, eines Tages Kinder zu haben - eine in ihren Augen vollkommen legitime Frage -, würden es ihr die Mädels bis an ihr Lebensende unter die Nase reiben.
»Das heißt also, er wäre nicht unbedingt auf die Idee gekommen, dich mit einem wilden Partyluder zu verwechseln, das für jeden Spaß zu haben ist?«
»Ach, ich weiß nicht. Nicht unbedingt, okay? Aber hast du dir auch schon mal überlegt, warum? Weil ich eben kein wildes Partyluder bin . Ich bin eine stinknormale junge Frau, die einen Mann, der ihr gefällt, lieber erst mal näher kennenlernt, statt es mit einem wildfremden Kerl zu treiben.«
Adriana lächelte triumphierend. »Und das, meine Liebe, ist genau dein Problem.«
»Das ist kein Problem«, mischte Leigh sich ein, ohne die Augen zu öffnen. »Das ist unsere Emmy. Nicht jede Frau ist für bedeutungslose One-Night-Stands geschaffen.«
Adriana stieß einen frustrierten Seufzer aus. »Also, erstens, Mädels: ›One-Night-Stands‹ sind etwas für armselige Gestalten, die man in zweitklassigen Kasinos oder billigen Absteigen trifft. Und ›es mit irgendwem treiben‹, so was machen nur betrunkene Studentinnen nach einer Collegeparty. Wir dagegen haben Affären . Fabulöse, heiße, spontane Affären . Verstanden? Zweitens glaube ich, dass wir hier etwas aus den Augen verloren haben. Es war nicht meine Idee, dass Emmy überall wo sie hinkommt, eine Affäre haben soll. Den Vorsatz hat sie ganz allein gefasst. Aber wenn du natürlich meinst, du bist damit überfordert …«
Der Kellner, ein niedlicher blonder Knabe in Hemd und Khakishorts, fragte sie, ob er ihnen etwas bringen könne. Sie bestellten eine Runde Margaritas und fuhren mit der Unterhaltung fort, als ob es ihn nie gegeben hätte.
»Nein, da hast du recht«, gab Emmy zu. »Es war meine Entscheidung, und ich zieh das auch durch. Es wird mir gut tun.
Damit ich mich nicht mehr so aufs Heiraten versteife. Damit ich ein bisschen lockerer werde. Nur hört es sich in der Theorie einfacher an, als es in Wirklichkeit ist, wenn man in einer fremden Stadt in einem Hotel sitzt, mit einem Typen, den man kaum kennt, und plötzlich daran denken muss, dass er dich in ein paar Minuten nackt sehen wird, obwohl du noch nicht mal weißt, wie er mit Nachnamen heißt. Ich hatte mir das irgendwie anders vorgestellt.«
»Aber wenn du die richtige Einstellung mitbringst, kann es sehr befreiend sein«, sagte Adriana.
»Oder die totale Katastrophe«, fügte Leigh hinzu.
»Unsere ewige Optimistin.«
»Hör mal, mir ist schon klar, dass Emmy dazu entschlossen ist, und ich verstehe auch, warum. Wenn ich in meinem ganzen Leben nur mit drei Männern zusammen gewesen wäre - und alle drei feste Freunde -, würde ich auch wissen wollen, was die Welt sonst noch zu bieten hat. Aber sie soll ruhig auch wissen, dass One-Night-Stands - o entschuldige, ich meine natürlich Affären - nicht unbedingt so wahnsinnig glamourös sein müssen«, erklärte Leigh.
»Bei dir vielleicht nicht. Ich bin jedenfalls noch immer auf meine Kosten gekommen.« Adriana lächelte. Im Großen und Ganzen stimmte das sogar. Sie war mit mehr Männern zusammen gewesen, als sie zählen konnte, und nicht einer
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