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Ein Rückblick aus dem Jahr 2000

Ein Rückblick aus dem Jahr 2000

Titel: Ein Rückblick aus dem Jahr 2000 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Bellamy
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kein Land mit sicheren gesellschaftlichen Verhältnissen kenne, Grönland, Patagonien und das Chinesische Reich ausgenommen.“
    „Die Chinesen“, fügte jemand Frau Bartletts Worten hinzu, „wußten sehr gut, was sie wollten, als sie sich gegen die westliche Zivilisation abschlossen. Sie erkannten weit besser als wir, wozu sie führen muß. Sie sahen voraus, daß die Zivilisation nichts anderes ist als verhülltes Dynamit.“
    Ich erinnere mich, wie ich darauf Edith beiseitezog und sie zu überreden suchte, daß es besser wäre, wenn wir sofort heirateten, ohne auf die Fertigstellung des Hauses zu warten. Wir könnten ja, meinte ich, solange reisen, bis unser Heim fertig wäre. Edith war an diesem Abend ganz besonders schön. Das schwarze Kleid, das sie des Tages wegen trug, hob die Reinheit ihres Teints in vorteilhafter Weise. Noch heute kann ich mir deutlich vorstellen, wie an dem Abend aussah. Als ich mich verabschiedete, begleitete sie mich in die Vorhal le, und ich küßte sie wie gewöhnlich zum Abschied. Kein ein ziger ungewöhnlicher Umstand unterschied dieses Au seinandergehen von dem anderer Abende, wo wir für eine Nacht oder einen Tag einander Lebewohl gesagt hatten. Nicht die leiseste Ahnung beschlich unser Gemüt, daß dieser Abschied mehr als ein gewöhnliches Scheiden sei.
    Es war noch ziemlich früh für einen Liebenden, als ich meine Verlobte verließ, allein man darf daraus nicht etwa auf geringe Liebe zu Edith schließen. Ich litt nämlich seit langem an Schlaflosigkeit, und obgleich ich sonst vollkommen gesund war, so fühlte ich mich doch gerade an jenem Tage sehr erschöpft, weil ich die vorausgegangenen beiden Nächte kaum ein Auge geschlossen hatte. Edith wußte dies, und so hatte sie darauf bestanden, mich um neun Uhr nach Hause zu schicken mit der strengen Weisung, sofort zu Bett zu gehen.
    Das von mir bewohnte Haus befand sich seit drei Generationen in dem Besitz meiner Familie, deren einziger noch lebender Sproß in gerader Linie ich war. Das Haus, ein stattlicher alter Holzbau, war im Innern mit altväterischer Eleganz ausgestattet. Es lag jedoch in einem Viertel, dem die gute Gesellschaft schon seit langem den Rücken gekehrt hatte wegen der vielen Mietshäuser und Fabriken, die dort emporgeschossen waren. Ich konnte also auch nicht daran denken, eine junge Frau in dieses Haus zu führen, am allerwenigsten aber ein so zartes, feines Geschöpf wie Edith Bartlett. Ich hatte das Haus darum zum Verkauf ausgeboten und benutzte es einstweilen nur zum Schlafen, die Mahlzeiten nahm ich in meinem Klub ein. Nur ein einziger Diener, mein treuer Neger Sawyer, bewohnte mit mir das Haus und sorgte für meine wenigen Bedürfnisse. Eine ganz besondere Einrichtung des Hauses befürchtete ich jedoch künftig in meinem neuen Heim sehr zu vermissen: das Schlafzimmer, das ich mir unter den Grundmauern hatte bauen lassen. Ich hätte unmöglich in der Stadt mit ihrem nicht endenwollenden nächtlichen Lärm schlafen können, wenn mein Zimmer in einem oberirdischen Stockwerk gelegen wäre. In das unterirdische Gemach meines alten Hauses drang kein Laut der Oberwelt. Sobald ich es betreten und die Tür hinter mir geschlossen hatte, umgab mich Grabesstille. Damit keine Kellerfeuchtigkeit in das Zimmer dringe, hatten die sehr dicken Wände wie der Boden einen Belag von hydraulischem Zement erhalten. Um den Raum feuer- und diebessicher zu machen, so daß ich Wertsachen darin aufbewahren konnte, hatte ich ihn mit hermetisch zusammenschließenden Steinplatten decken lassen, und die eiserne Außentür war mit einer dicken Lage Asbest überzogen. Beständiger Luftwechsel war dem Gemach durch eine dünne Röhre gesichert, die mit einem Windrad auf dem Dache des Hauses in Verbindung stand.
    Man sollte meinen, der Bewohner eines solchen Zimmers hätte sich eines guten Schlafes erfreuen müssen. Das war jedoch bei mir nicht der Fall. Es kam sogar da nur selten vor, daß ich zwei Nächte hintereinander gut schlief. Ich war derart an das Wachbleiben gewöhnt, daß ich mir nur wenig daraus machte, wenn ich eine einzige Nacht nicht schlafen konnte. Brachte ich jedoch eine zweite Nacht lesend im Lehnstuhl zu, statt schlafend im Bett, so war ich so erschöpft, daß ich ein ernstes Nervenleiden befürchten mußte. Um ihm vorzubeugen, sah ich mich dann gezwungen, meine Zuflucht zu künst lichen Mitteln zu nehmen, um den Schlummer herbeizurufen. Wenn ich mich nach zwei durchwachten Nächten auch in der dritten noch nicht

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