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Ein Rückblick aus dem Jahr 2000

Ein Rückblick aus dem Jahr 2000

Titel: Ein Rückblick aus dem Jahr 2000 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Bellamy
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Widersinn geben als die angeführte Tatsache? In einer Zeit allgemeiner Armut, allgemeinen Mangels mußten die Kapitalisten einander abwürgen, um nur Gelegenheit für eine sichere Anlage ihres Kapitals zu finden, und die Arbeiter revoltierten, wurden Brandstifter, weil sie keine Beschäftigung finden konnten.
    Bei allem, Herr West“, fuhr der Doktor fort, „dürfen Sie nicht vergessen, daß die von mir erwähnten Umstände nur in negativer Weise die Vorteile einer nationalen Arbeitsorganisation erkennen lassen. Sie beleuchten die unglaubliche Unvernunft der kapitalistischen Produktionsweise und legen gewisse verhängnisvolle Mängel bloß, von denen unsere Ordnung auch keine Spur zeigt. Sie müssen wohl zugeben, daß dies allein schon zur Genüge erklären würde, warum die Nation jetzt so viel reicher ist als zu Ihrer Zeit. Aber die größere, die positive Hälfte der Vorteile, die wir vor Ihnen voraus haben, konnte ich bisher kaum streifen. Angenommen, die kapitalistische Produktionsweise wäre mit keinem der erörterten schweren Mängel behaftet gewesen. Es hätte keine Vergeudung des nationalen Reichtums gegeben infolge verfehlter Unternehmungen, die ihren Grund in der falschen Schätzung der Marktverhältnisse hatten, in der Unmöglichkeit, einen Überblick über das gesamte Produktionsgebiet zu gewinnen; keinen Konkurrenzkampf, der die Kräfte zugleich lähmte und nutzlos zur höchsten Anspannung aufpeitschte; keine Verschwendung durch Krisen, Bankrotte und lange Geschäftsstockungen; keine durch das Brachliegen von Kapital und Arbeitskraft. Angenommen, alle diese Übelstände, die im Wesen der kapitalistischen Wirtschaftsordnung selbst wurzelten und unlöslich mit ihr verbunden waren, hätten plötzlich durch ein Wunder beseitigt werden können, während man die kapitalistische Produktionsweise fortbestehen ließ. Auch in diesem Falle würde der reiche Ertrag erweisen, daß unsere Wirtschaftsordnung mit ihrer Zusammenfassung und Organisierung aller nationalen Kräfte der kapitalistischen gewaltig überlegen ist.
    Es gab zu Ihrer Zeit viele große Textilbetriebe, die sich allerdings ihrem Umfang nach durchaus nicht mit den unseren messen konnten. Gewiß haben Sie die eine oder andere dieser großen Fabrikanlagen besucht, die ganze Acker Land bedeckten, Tausende beschäftigen und unter einem Dache, einer Leitung alle die hundert verschiedenen Prozesse vereinigten, die zum Beispiel einen Ballen Baumwolle in einen Ballen Kattun verwandeln. Sie haben sicher die gewaltige Ersparnis an Menschen- und Maschinenkraft bewundert, die dort durch das mustergültige, bis ins kleinste durchgeführte Ineinandergreifen und Zusammenwirken aller Räder und aller Hände erzielt wird. Ohne Zweifel haben Sie daran gedacht, um wie viel die nämliche Anzahl Menschen weniger leisten würde, wenn sie zersplittert wäre und jeder einzelne für sich allein arbeitete. Würden Sie wohl die Behauptung für eine Übertreibung halten, daß der größtmögliche Arbeitsertrag solcher einzeln schaffender Leute nicht nur um einen bestimmten Bruchteil, sondern um das Vielfache durch eine einheitlich geregelte und geleitete Organisation erhöht wird, wie sie der Fabrikbetrieb darstellt? Nun aber, Herr West, besteht bei uns eine einheitlich und planmäßig geleitete Organisation der gesamten nationalen Arbeit, eine Organisation, bei der alle Räder ineinandergreifen. Muß sich da nicht der Gesamtertrag der Arbeit in dem Maße über die höchste Ergiebigkeit der kapitalistischen Produktion erheben, wie das Zusammenwirken im Textilbetrieb den Arbeitsertrag jedes einzelnen Arbeiters steigerte? Ein anderer Vergleich. Unter der tausendköpfigen Leitung des Privatkapitals – sogar dann, wenn sich die einzelnen Kapitalisten gegenseitig nicht bekämpfen – verhält sich die Produktivität der nationalen Arbeitskraft zu der Produktivität unter einheitlicher Organisation genau so, wie sich die kriegerische Leistungsfähigkeit eines Volkshaufens oder einer Horde von Wilden unter Hunderten von Häuptlingen zu derjenigen eines wohlgeschulten Heeres verhält, das von einem einzigen General geführt wird – ich denke zum Beispiel an solch eine furchtbare Kriegsmaschine, wie die deutsche Armee sie unter Moltke darstellte.“
    „Nach allem, was Sie mir auseinandergesetzt haben“, sagte ich, „wundere ich mich nicht darüber, daß die Nation jetzt reicher als vormals ist. Ich könnte höchstens erstaunt sein, daß nicht alle Ihre Zeitgenossen Krösusse

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