Ein Rückblick aus dem Jahr 2000
Entbehrungen zugrunde ging. Unsere Verwunderung wächst noch, wenn wir einige weitere Arten riesiger Verschwendung betrachten, die der kapitalistischen Wirtschaftsordnung eigentümlich waren.
Abgesehen von der Arbeits- und Kapitalvergeudung durch fehlgeschlagene Unternehmen und den beständigen Blutverlust im Konkurrenzkrieg war Ihre Produktionsordnung periodischen Erschütterungen unterworfen, die die Klugen wie die Törichten, die erfolgreichen Halsabschneider wie auch ihre Opfer niederwarfen. Ich meine die Krisen, die in Zwischenräumen von fünf bis zehn Jahren wiederkehrten und die nationale Wirtschaft schwer schädigten. Sie warfen alle schwachen Unternehmungen zu Boden, lähmten die Stärksten und wurden von langen, oft mehrere Jahre dauernden Perioden sogenannter Depression gefolgt, während deren die Kapitalisten langsam die vergeudeten Kräfte wiedergewannen und die Arbeiter hungerten und revoltierten. Dann kam wohl wieder eine kurze Zeit des geschäftlichen Aufschwungs, bis abermals eine Krise einsetzte, begleitet von einigen Jahren vollständiger Erschöpfung. Als der Handel sich entwickelte und die Nationen voneinander abhängig machte, ergriffen diese Krisen die ganze Welt. Bei dem Fehlen regelnder, ausgleichender Zentralstellen nahm die Dauer des auf Krisen folgenden geschäftlichen Niederganges mit der Größe der betroffenen Gebiete zu. Je weiter sich die Weltwirtschaft ausdehnte, je verwickelter sie ward und je größer das in ihr angelegte Kapital, um so häufiger traten die Krisen ein. Gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts kamen schließlich zwei schlechte Jahre auf ein gutes, und die ganze gewaltige Produktion schien in Gefahr, unter ihrem eigenen Gewicht zusammenzubrechen. Nach endlosen Erörterungen schienen die Nationalökonomen jener Zeit zu dem verzweifelten Schlusse gelangt zu sein, daß diese Krisen ebensowenig verhindert oder eingeschränkt werden könnten wie eine Dürre oder ein Orkan. Man müßte sie als unvermeidliches Übel ertragen, und wenn sie vorüber wären, das zertrümmerte Gebäude der Wirtschaft von neuem aufbauen, wie die Bewohner eines von Erdbeben heimgesuchten Landes ihre Städte immer wieder auf derselben Stelle errichteten.
Ihre Zeitgenossen hatten sicherlich insofern recht, als sie die Ursachen dieser Störungen in ihrer Wirtschaftsordnung selbst suchten. Sie wurzelten in der Tat in dem tiefsten Wesen dieser Ordnung und mußten um so verderblicher werden, je größer und verwickelter das Wirtschaftsleben wurde. Eine dieser Ursachen war, daß es den verschiedenen Zweigen der Wirtschaft an jeglicher gemeinsamen Leitung fehlte und damit auch an einer geordneten und regelmäßig fortschreitenden Entwicklung. Als unvermeidliche Folge davon hielten sie nie gleichen Schritt miteinander und verloren die Fühlung mit den vorhandenen Bedürfnissen des Marktes.
Für diese Bedürfnisse gab es keinen sicheren Anhaltspunkt, wie ihn unsere Regelung der Güterverteilung besitzt. Die ersten Anzeichen dafür, daß in einem Erwerbszweig die Produktion den Bedarf überschritten hatte, waren das Fallen der Preise, die Bankrotte der Unternehmer, die Stockung oder Einstellung der Produktion, die Herabdrückung der Löhne und die Entlassung der Arbeiter. Dieser Prozeß vollzog sich in vielen Industrien sogar in den sogenannten guten Zeiten fortwährend; aber eine Krise trat nur dann ein, wenn er sehr umfangreiche Gebiete des Wirtschaftslebens ergriff. Die Märkte waren dann mit Waren überschwemmt, von denen niemand über Bedarf kaufen wollte, mochten sie auch noch so billig sein. Da die Löhne und Profite der Produzenten jener überflüssigen Waren sanken oder ganz aufhörten, so versiegte für sie die Möglichkeit, andere Waren zu kaufen und zu verbrauchen. Als Folge davon trat eine Überflutung des Marktes auch mit solchen Gütern ein, an denen keine Überproduktion stattgefunden hatte. Das Ende vom Lied war hier ebenfalls das Fallen der Preise, Arbeits- und Brotlosigkeit für die in Betracht kommenden Erwerbstätigen. Waren die Dinge so weit gediehen, so kam die Krise erst recht ordentlich in Gang; nichts vermochte ihrem Wüten Einhalt zu tun, bis der Reichtum einer Nation gründliche Einbuße erlitten hatte.
In Ihrer Wirtschaftsordnung lag noch eine andere Ursache fest verankert, die häufig Krisen herbeiführte und stets sehr verschlimmerte. Ich meine Ihr Geld- und Kreditwesen. Solange die Gütererzeugung vielen Privatleuten überlassen blieb und die Bedürfnisse der einzelnen
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