Ein Sarg für zwei
Rauchwölkchen waberten durch die Luft, während
sich meine Haut von dieser Grillattacke erholte.
Es klingelte
abermals.
»Ich ... ich
habe hier eine Sendung für Sarah Dearly.«
Ich trat ans
Fenster, was, wie ich erst jetzt bemerkte, mit Vorhängen verdunkelt war. Ich
riskierte einen kurzen, einen sehr kurzen Blick nach draußen, der mir trotzdem
fast den Augapfel versengte. Ein Kurierlaster stand mit laufendem Motor am
Bordstein vor Georges Haus.
Eine
Sendung. Für mich.
Ich
versteckte mich hinter der Tür und öffnete sie einen winzigen Spalt. »Okay.«
Der
Kurierfahrer zögerte, doch schließlich tauchte sein Quittierungsgerät in dem
Spalt auf. »Sie müssen da unten auf dem Feld unterschreiben.«
Ich nahm den
Stift, kritzelte hastig meine Unterschrift auf das Display und gab dem Mann den
Stift zurück.
»Alles
okay?«, erkundigte er sich zögernd.
»Nur ein
ganz schlimmer Kater«, log ich. Genau. Und zwar einer von der höllisch
glühend heißen Sorte.
»So was
kenne ich«, meinte er und kicherte wissend. »Okay, hier bitte.«
Ein kleiner
gepolsterter Umschlag tauchte in dem Spalt auf. Ich nahm ihn.
»Schönen Tag
noch!«
»Danke gleichfalls«,
erwiderte ich, schlug die Tür zu und blieb gut zwei Minuten mit dem Rücken
dagegen gelehnt dort stehen. Dann gestattete ich mir, mich zu entspannen,
schleppte mich zum Sofa und brach prompt drauf zusammen.
Die Tür ging
wieder auf, und ein tödlicher Sonnenstrahl fiel direkt auf mich.
»Tür zu!«,
kreischte ich und fügte noch ein paar Flüche hinzu, um meinen Standpunkt
deutlich zu machen.
»Entschuldige!«
Georges Stimme schien aus einem Meer von weißem heißem Schmerz zu mir zu
dringen, und plötzlich war das Zimmer wieder angenehm dunkel. Ich blinzelte und
wartete, bis die schwimmenden Farbflecken vor meinen Augen allmählich
verblassten.
»Wo hast du
gesteckt?«, fragte ich.
»Ich war in
einer wichtigen Mission unterwegs.« Er hielt zwei Styroporbecher mit Kaffee
hoch. »Alles Gute zum Valentinstag, Sarah. Meine neue Espressomaschine hat den
Geist aufgegeben, deshalb musste ich kurz fremdgehen. Du trinkst deinen
schwarz, stimmt’s?«
»Du hast mir
Kaffee geholt?« Dafür brachte ich ein Lächeln zustande. »Du bist der Beste.«
Ich kippte
ein paar Päckchen Süßstoff in die dunkle Flüssigkeit, die so gut roch, dass ich
am liebsten darin gebadet hätte. Ich liebte Kaffee. Obwohl mein neuer
Vampirkörper ziemliche Schwierigkeiten hatte, mit der Milch zurechtzukommen,
die ich früher gern dazu getrunken hatte, und obwohl Koffein bei mir so gut wie
gar nicht wirkte, weigerte ich mich, diese liebe Gewohnheit aufzugeben. Von
einigen Süchten kann man sich eben nur schwer trennen.
»Kaffee am
Morgen ist genau das Richtige, trotz des katastrophalen Abends gestern. Danke,
George.«
Er sammelte
meine leeren Süßstoffpäckchen und den kleinen Holzstab zum Umrühren ein.
»Morgen? Von wegen! Es ist vier Uhr nachmittags.«
Ich runzelte
die Stirn. »Es ist vier Uhr? Am Nachmittag?«
Er nickte.
»Thierry war vorhin hier. Er ist ein paar Stunden geblieben, aber du bist nicht
aufgewacht. Ich habe aufgepasst, dass er keine merkwürdigen Dinge mit dir
anstellt, schließlich siehst du in deinem Nachthemd wirklich hinreißend aus. Er
hat sich entschlossen, schon etwas früher in den Club zu gehen, und meinte,
dass er dich dort erwartet.«
Dieser
Valentinstag fing ja gut an! Meine Haut qualmte immer noch ein bisschen von der
Sonne.
»Wahrscheinlich
hat er die Nase voll von mir. Ich mache ihm einfach zu viel Ärger.«
»Na und?«
George grinste und trank einen Schluck Kaffee. »Vielleicht bist du ja eine
kleine Extraanstrengung wert.«
Ich sah ihn
an. »Du bist diese Woche wirklich supersüß.«
Er seufzte
bekümmert. »Ich glaube, ich muss mehr ausgehen. Ich habe meinen Biss verloren
und bin ganz weich und kuschelig geworden.« Er tat, als würde er sich
schütteln. »Wie fühlst du dich heute? Okay?«
Ich zuckte
mit den Schultern. »Okay ist ein ziemlich relativer Begriff. Es ist noch nicht
so richtig bei mir angekommen, dass ich für den Rest meines Lebens nicht mehr
in die Sonne gehen kann.« Bei dem Gedanken schnürte sich mir der Hals zu.
Ich
schilderte George meinen Traum. Zunächst wirkte er besorgt, doch als ich ihm
das tragische Ende erzählte, lachte er. »Als ob Thierry dich jemals pfählen
würde.«
»Glaubst du
nicht?«
»Natürlich
nicht.«
Ich stöhnte.
»Es war so realistisch. Vor allem, nachdem ich herausgefunden habe,
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