Ein Sarg für zwei
Verband wieder über meinen Busen. »Sarah,
ich war kurz draußen und habe mich nach Heather und ihrem Freund umgesehen.«
»Und? Hast
du sie gefunden?«
»Allerdings.«
Er stand vom Sofa auf. »Ein Mann, von dem ich annehme, dass es ihr Freund war,
lag tot im Park neben den, wie ich vermute, sterblichen Überresten von Heather.
Sie waren beide tot. Wenigstens habe ich deinen Mantel wiedergefunden.«
Ich riss die
Augen auf. »War er ... hast du...?«
Thierry
schüttelte den Kopf. »Nein, ich habe sie nicht umgebracht, obwohl ich genau das
vorhatte.«
Ich runzelte
die Stirn. »Dann muss es der Rote Teufel gewesen sein.«
»Wer bitte?«
Ich holte
Luft. »Ummittelbar nachdem dieser Josh mir den Pflock in die Brust gerammt hat,
ist ein Mann aufgetaucht. Er hatte einen Schal vor das Gesicht gezogen, deshalb
konnte ich nicht sehen, wie er aussah. Er nannte sich selbst Roter Teufel. Er
hat mich zum Club zurückgeschleppt und ist dann vermutlich verschwunden, bevor
ihr auf sein Klopfen reagiert habt. Wenn er nicht gewesen wäre, wäre ich jetzt
tot. Er hat mir das Leben gerettet.«
»Du hast vor
der Tür gelegen, als der Türsteher dich gefunden hat. Jemand hatte geklopft.
Ich dachte, du wärst das gewesen, bevor du das Bewusstsein verloren hast.«
Ich
schüttelte den Kopf. »Das muss er gewesen sein. Hast du jemals von ihm gehört?«
Thierry
blickte ausdruckslos zu George. Der sichtlich aus dem Häuschen zu sein schien.
»Der Rote
Teufel!«, rief er. »Also ist er zurückgekommen? Wie wundervoll! Ich dachte, er
wäre für immer verschwunden.«
»Der Rote
Teufel ist eine Legende«, behauptete Thierry.
»Nein, das
ist er nicht.« George wandte sich zu mir. »Sarah, du bist gerade einem der
coolsten Vampire der Geschichte begegnet. Der Mann ist ein Held. Er beschützt
Unseresgleichen, wie der Lone Ranger oder Zorro die Menschen beschützt haben.
Er taucht wie aus dem Nichts auf, macht irgendeinen Bösewicht fertig und
verschwindet dann, ohne dass jemand erfährt, wer er ist. Zumindest hat er das
früher so getan. Man hat ihn seit mehr als hundert Jahren nicht mehr gesehen.
Aber jetzt ist er zurück. Du hast vielleicht ein Glück! Sag, sah er scharf
aus?«
»Er hatte
einen Schal über dem Gesicht!«, erinnerte ich ihn. Ich veränderte meine
Position auf dem Sofa. Das Leder knarrte. »Er war ziemlich groß. Meinst du das
wirklich ernst, George? Ist er so eine Art Vampir-Superman?«
»Er ist eine
Legende«, wiederholte Thierry. »Die möglicherweise einigen so sehr gefallen
hat, dass sie jetzt versuchen, ihn nachzuahmen. Den Roten Teufel gibt es nicht
wirklich. Es hat ihn nie gegeben. Aber wer auch immer dieser Kerl ist, ich
schulde ihm meinen Dank, weil er dir das Leben gerettet hat.«
Ich runzelte
die Stirn. »Er hat Josh und Heather umgebracht.«
»Ja, das hat
er.«
Mein
maskierter Held ist also jetzt ein Mörder. Schuldig der Selbstjustiz.
Vielleicht sieht er ja unter dem Schal aus wie Charles Bronson mit Reißzähnen.
Immerhin
hatten die beiden versucht, mich umzubringen. Ich glaube, es heißt Auge um Auge
- Zahn um Zahn, aber es war mir trotzdem unangenehm, gelinde gesagt. Ich hatte
Heather für eine Freundin gehalten, und ihr Verrat hatte mich zutiefst
verletzt. Und jetzt war sie nur noch eine glibberige Pfütze. Offenbar ist sie
älter gewesen, als ich gedacht hatte, denn nur wirklich alte Vampire lösen sich
in eine Glibberpfütze auf, wenn sie umgebracht werden. Jüngere Vampire und
Zöglinge bleiben auch als Tote eine feste Masse.
Ich
erschauerte und seufzte.
»George«,
sagte Thierry. »Bitte sag den Gästen, dass Sarah wieder gesund wird und es
keinen Grund zur Panik gibt. Außerdem fände ich es ratsam, wenn du niemandem
etwas von diesem ... diesem Roten-Teufel -Unsinn erzählen würdest.«
»Klar,
Chef.« George nickte, winkte mir kurz zu, verließ den Raum und schloss die Tür
hinter sich.
»Ich
verstehe wirklich nicht, wie das passieren konnte«, begann Thierry.
»Ich weiß.
Manchmal kommt es mir vor, als wäre jeder hinter mir her.« Ich durchlebte diese
schreckliche Szene immer und immer wieder in meinem Kopf und musste mich
schließlich zwingen, sie zu verdrängen.
»Das meinte
ich nicht.« Er berührte mein Gesicht und musterte es so scharf, als wollte er
es sich ins Gedächtnis brennen. »Heather war eine schlechte Kellnerin, aber ich
hätte nie geglaubt, dass sie zu so etwas fähig wäre. Ich habe ihr vertraut.«
»Da wären
wir schon zwei.« Ich schmiegte mein Gesicht in seine
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