Ein schicksalhafter Sommer
heulte Otto.
„Und ich ganz bestimmt auch nicht. Nein, wie ist das ekelhaft. Allein die Vorstellung!“ , rief Luise.
„Ich mag aber keine Reibekuchen ohne Kraut. Jetzt kann ich nie mehr Reibekuchen essen“, heulte Otto.
„Halt den Mund! Du bist es doch alles schuld“, schimpfte Oma und haute ihm mit der flachen Hand auf den Hinterkopf.
Otto heulte noch lauter.
„Jetzt schlag das arme Kind doch nicht“, schrie Luise ihre Schwiegermutter an.
„Du hast es nötig, mir Vorhaltungen zu machen. Ein bisschen mehr Zucht und Ordnung und das Balg hätte nicht solche Flausen im Kopf“, rief Mine zurück.
„Aha! Jetzt bin ich es schuld, dass die Mäuse im Kraut stecken.“ Luise schlug sich mit beiden Händen auf die Oberschenkel. „Habt ihr das gehört?“, fragte sie die anderen.
„Luise, jetzt ist es aber genug. Hol jetzt bitte das Kraut. Und Otto, halt endlich den Mund!“ , rief Hermann.
„Das ist mir klar, dass du wieder mit deiner Mutter überhältst.“
„Meine armen Mäuse!“, heulte Otto.
„Meine Güte, was ist das wieder für ein Zirkus!“ Hermann warf ergeben die Hände in die Luft und sah hilfesuchend zur Decke. Dabei wollte er doch nur in Ruhe zu Mittag essen.
Katrin trat gerade aus dem Stall, als Georg sich von seinem Fahrrad schwang. „Georg! Was führt dich freiwillig hierher? Kommst du noch mehr Wurst holen?“ Katrin trat zu ihm und sah zum Tor, wo sie ihre Schwester erwartete. „Wo ist Sofia?“ , fragte sie dann, den stichelnden Ton fallen lassend. Sie sah in das Gesicht ihres Schwagers und wurde ernst. „Georg, ist etwas mit Sofia? Mit dem Kind?“, fragte sie ängstlich.
„Es geht ihr gut“, beruhigte Georg sie. „Allerdings hast du schon richtig vermutet, dass etwas passiert ist“, sagte er unheilvoll.
„Liebe Güte, was denn? So red doch.“ Katrin rang die Hände.
Luise kam aus dem Schweinestall, wo sie Kartoffelschalen verfüttert hatte und verwundert blieb sie einen Moment stehen. Da stand Georg mitten im Hof. Allein, ohne Sofia. Und unterhielt sich mit Katrin. Sämtliche Alarmglocken schrillten bei Luises mütterlichen Instinkten und sie setzte ihre Massen in Bewegung, um auf die beiden zuzurennen.
„Georg“, schnaufte sie, als sie die beiden erreicht hatte, „was ist passiert?“
„Reg dich bitte nicht auf, Luise. Sofia geht es gut.“ Georg stellte sein Fahrrad endlich gegen die Hausmauer. „Trotzdem muss ich dringend mit euch reden.“
„Ja, dann komm rein, Georg“, drängte Luise beunruhigt.
Im Esszimmer saß Hermann und war eingenickt. „Hermann, wach auf, es ist etwas passiert“, rief seine Frau und rüttelte ihren Mann unsanft wach. Als er sich schlaftrunken aufrichtete, räusperte Georg sich.
„Ich muss mich entschuldigen. Ich habe noch nicht einmal die Tageszeit gesagt. Ich kann es nur meiner Besorgnis zuschreiben. Guten Tag zusammen.“
„Jaja“, winkte Luise ab, „was ist denn nun?“
„Ich werde mich kurz fassen“, verkündete er und räusperte sich. „Also, gestern, als Sofia sich auf dem Heimweg befand, ist sie beinahe überfallen worden.“
„Was?“ Hermann war schlagartig hellwach.
„Mein Gott.“ Luise hob die Hände an ihren Mund.
„Ist ihr was passiert? Oder dem Kind?“ Katrin wurde blass.
„Nein, zum Glück war ich rechtzeitig zur Stelle. Ich kam gerade angefahren, da sah ich, wie sie mit dem Fahrrad stürzte. Sie ist Gott sei Dank im Feld gelandet, war aber außer sich vor Angst. Anscheinend hatte sich jemand im Wald herumgetrieben.“ Unheilvoll sah Georg in die Runde. „Jedenfalls hatte sie den Eindruck, der Unbekannte hätte es auf sie abgesehen und sie ist geflüchtet.“
„Also hat er sie nicht zu fassen bekommen?“, versicherte sich Luise.
„Nein, nein, Luise. Aber was passiert wäre, wenn ich nicht zufällig genau in diesem Moment um die Ecke gefahren gekommen wäre, das wage ich mir nicht auszumalen. “
„Hast du den Überfall denn wenigstens zur Anzeige gebracht?“ Hermann stand auf und ging auf und ab. Er konnte nicht mehr ruhig sitzen bleiben.
„Hör mir damit auf, Hermann.“ Georg winkte ab. Erbost dachte er an sein Gespräch mit dem Polizeisergeanten. „Wenn ich dir das erzähle! Weggeschickt hat man mich. Das muss man sich mal vorstellen.“
„Welch eine Unverschämtheit.“
„Das sag ich dir, Luise. Aber ich greife vor. Mein Weg führte mich also, sofort nachdem ich nach dem Doktor geschickt hatte, um ganz sicher zu gehen, dass bei Sofia kein Grund zur Sorge besteht, zum
Weitere Kostenlose Bücher