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Ein schicksalhafter Sommer

Ein schicksalhafter Sommer

Titel: Ein schicksalhafter Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Frenken
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nahm, lachte er verzweifelt auf.
    Katrin versteifte sich. Als sein irres Lachen verklungen war, fragte sie: „Was meinst du damit?“
    Er raufte sich die Haare. „Wie soll ich es dir nur erklären, wenn ich es selbst nicht verstehe.“ Er zog sich einen Stuhl hervor, überlegte es sich aber doch wieder anders und lief ziellos durch den kleinen Raum. „Ich hab die Befürchtung, dass ich es vielleicht gewesen sein könnte. Alles deutet darauf hin, aber ich kann mich nicht daran erinnern.“
    „Aber, Robert, was redest du denn da? Treibst du jetzt ein böses Spiel mit mir, oder was soll das werden? Entweder du warst es oder du warst es nicht. Das musst du doch wohl wissen!“, rief sie ärgerlich.
    „Nein, ich weiß es aber nicht“, rief er aufgebracht. „Ich weiß es nie!“ Er schlug mit der Faust gegen die Wand. „Nein, bleib, bitte!“, flehte er, als er sah, wie sie von ihrem Stuhl aufgesprungen war. „Ich will es dir erklären, aber es ist nicht so einfach.“ Aufgewühlt knetete er sich seinen Nacken.
     
    Er wollte ihr unbedingt alles erzählen. Alles in ihm drängte danach, ihr endlich alles zu beichten, ihr alle seine Sünden zu gestehen und ihr alle Bedenken mitzuteilen. Aber wenn er sich dann ihr Gesicht vorstellte, wenn er ihr von dem Schlimmsten erzählte, wie sich in ihrem Gesicht dann Abscheu und Entsetzten zeigen würden, Abscheu vor ihm, nein, dann verließ ihn der Mut. Das könnte er nicht ertragen. Seine größten Verbrechen konnte er ihr nicht erzählen. Aber das Meiste. Und dann, ja, dann würde er von hier fortgehen. Von ihr und allen seinen Träumen. Er atmete tief ein. Dann zwang er sich, ihr ins Gesicht zu sehen. „Es ist gut möglich, dass ich es war, der deine Schwester überfallen wollte.“
    Katrin schnappte nach Luft und trat unwillkürlich einen Schritt zurück.
    „Ich hab nicht gesagt, dass ich es gewesen bin“, sprach er schnell weiter. „Ich hab gesagt, es ist möglich.“ Als er sicher war, dass sie nicht weglaufen würde, fuhr er fort. „Es ist auch möglich“, diesmal sah er auf einen Punkt irgendwo links von ihrer Schulter, „dass ich Schuld hab an dem Vorfall mit der Kutsche...“ Er warf ihr einen Blick zu und als er ihren Gesichtsausdruck sah, beschloss er, dass er die Sache mit dem Hund erst einmal nicht auch noch erwähnen würde.
    Katrin stand wie gelähmt hinter ihrem Stuhl und sah ihn an wie ein in die Enge getriebenes Kaninchen. Doch sie hörte ihm weiter zu.
    „Um dir das begreiflich zu machen, muss ich weit ausholen.“
    Alles was Katrin zu Stande brachte, war ein schwaches Nicken.
    „Siehst du, Katrin, ich bin-, war-“, er schnaubte hilflos „ich bin böse“, brachte er schließlich rau heraus. Dann warf er ihr einen vorsichtigen Blick aus den Augenwinkeln zu. Katrin hatte sich ihre Arme um die Mitte geschlungen und sah ihn hilflos an. „Jedem, dem ich zu nahe komme, den zerstöre ich. Es fing mit meiner Mutter an. Die hab ich getötet, als ich zur Welt gekommen bin. Meine Großmutter, die mich aufgenommen hat, die hat es dahingerafft, als ich sie mit Diphterie angesteckt hab. Danach hatte auch mein Großvater keinen Lebensmut mehr. Dann bin ich zu meinem Vater gekommen. Da hatte ich nicht viele Freunde. Gar keine, um genau zu sein.
    Ich hab mich damals immer weniger unter Kontrolle gehabt. Ich konnte die ständigen Hänseleien und Sticheleien der anderen Kinder nicht mehr hören. Ich hab nachher auf jeden eingeschlagen, der mich blöd angesprochen hat. Bald hat sich keiner mehr in meine Nähe getraut. Nur mein Hund.“ Robert hielt einen Moment inne und blickte ins Leere. „Den Hund hatte ich schon bei Oma und Opa gehabt. Es war der beste Hund, den man sich vorstellen konnte. Und eines Tages“, er blinzelte und sah sie an. „da hab ich auch ihn umgebracht. Ich hab mit ihm rumgetollt und war einfach zu grob gewesen. Am nächsten Tag ist er eingegangen.“ Robert hielt inne und starrte ins Leere.
    Als sein Schweigen sich hinzog, trat Katrin vorsichtig einen Schritt vor. „Robert“, sagte sie zaghaft, „für all das konntest du doch nichts. Du hast keinen von ihnen umgebracht.“
    Robert sah sie einen Moment einfach nur an, dann ging er plötzlich wieder im Zimmer auf und ab. „Ja, das weiß ich auch. Ich bin ja nicht blöd.“
    „Warum sagst du dann so etwas?“
    Er blieb stehen. „Ich weiß auch nicht“, murmelte er zerstreut, „weil es passt, nehme ich an. Es passt zu allem anderen. Damit hat es angefangen, verstehst du?“
    Katrin

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