Ein schicksalhafter Sommer
wollte, war, sie zu verlieren.
Doch wie es aussah, entfernte sie sich schon von ihm und er hatte keinen blassen Schimmer, warum. Er würde bald durchdrehen, das spürte er. Er setzte ihr nach und hielt sie fest. „Katrin, was ist denn los mit dir?“
„Robert, bitte.“ Sie versuchte, sich von ihm zu befreien. „Lass mich los.“
Er fasste nur noch fester zu. „Dann sag mir, was du hast. Ich merk doch, dass du anders bist.“ Er hasste den verzweifelten Unterton in seiner Stimme.
Seit gestern kreisten Katrins Gedanken in die unterschiedlichsten Richtungen. Einmal wäre sie am liebsten sofort zu ihm gelaufen und hätte ihn zur Rede gestellt. Doch was hätte sie sagen sollen? Hast du meine Schwester überfallen? Nein, das brachte sie nicht über sich. Seine Enttäuschung zu sehen, wenn er erkannte, dass sie ihn zu so etwas fähig hielt. Denn insgeheim erwartete sie, dass er es abstritt und sie von seiner Unschuld überzeugte, weil sie wusste, dass er so etwas niemals tun könnte.
Doch dann überlegte sie wieder, was ihre Schwester ihr alles erzählt hatte. Sofia war sich ganz sicher, ihn erkannt zu haben! Und wer sonst hätte ein Motiv für alle Vorfälle gehabt. Es passte alles und wenn Katrin diese ganzen Tatsachen für sich sprechen ließ, dann drohten ihre Zweifel sie wieder zu überwältigen und sie konnte Robert einfach nicht gegenübertreten.
Feige wie sie war, schob sie den Moment der Entscheidung immer weiter vor sich her. Doch als sie jetzt seine verzweifelte Miene sah, wusste sie, dass es nicht richtig von ihr war, ihn so zu behandeln. Ganz sicher war er unschuldig. Er war lieb und nett. Er hatte mit Otto diese Fackel gebastelt. Er war ihr Robert. Ganz sicher! „Robert, bitte lass mich“, bat sie hilflos. „Wir reden, sobald ich zurück bin.“ Er sah sie forschend an und was er sah, schien ihn zu überzeugen. Er ließ sie los und trat einen Schritt zurück. Katrin fasste ihren Bruder bei der Hand und machte sich auf den Weg.
„Hast du das gesehen? Da geht doch was vor sich!“ Mürrisch wollte Hermann schon hinaus eilen, als seine Frau ihn hinten am Hemd festhielt.
„Was machst du denn, Luise?“ Hermann riss sich los. „Zerreißt mir bald das Hemd.“
„Ich wollte dich nur davon abhalten, überstürzt zu handeln.“
„Luise, hast du denn nicht gesehen, wie Kalter sie gewaltsam am Arm gezerrt hat?“ Empört stemmte Hermann seine Fäuste in die Hüften. „Dass der sich wagt, so mit der Tochter des Hauses umzuspringen! Keinerlei Respekt. Schon wieder! Und das, obwohl ich ihm neulich erst die Leviten gelesen habe, nach dem Debakel vor der Kirche. Hab ich nicht klar und deutlich gesagt, ich will keinerlei Grund zur Klage mehr haben? Ob er sich tatsächlich an Katrin ranzumachen versucht?“ Hermann schüttelte fassungslos den Kopf. „Ich kann nicht glauben, dass er es wagt, sich mir zu widersetzen. Mir!“
„Hermann“, unterbrach Luise die Tirade ihres Mannes, ehe er sich noch weiter hineinsteigerte und zum Zuhören zu aufgebracht war. „Es gibt da etwas, dass ich dir erzählen muss“, beichtete sie.
„Luise, aber nicht jetzt. Für eine deiner Geschichten hab ich jetzt keine Geduld. “
„Doch, gerade jetzt. Es geht um Robert, Hermann. Und es ist wirklich sehr wichtig!“, betonte Luise. Es war sinnlos gewesen, auf einen geeigneten Zeitpunkt warten zu wollen. Hermann würde immer in die Luft gehen und länger konnten sie wirklich nicht mehr damit hinter de m Berg halten. Es musste etwas geschehen.
„So, so“ , knurrte Hermann, als er das beunruhigte Gesicht seiner Frau sah und stapfte zurück ins Haus. „Dann bitte! Ich bin ganz Ohr.“
„Und das erzählst du mir erst jetzt?“, schrie Hermann fassungslos, als seine Frau geendet hatte.
„Reg dich nicht auf, Hermann“, flehte sie. „Denk an dein Herz.“
„Da wohnen wir hier mit einem Verbrecher unter einem Dach und du sagst mir nichts davon?“, schrie er weiter mit hochrotem Kopf. „Und an meiner Tochter hat er sich auch vergangen?“ Eine Ader schwoll an seinem Hals an und Speicheltröpfchen flogen Luise entgegen.
„Vielleicht ist unser Verdacht ja auch falsch, Hermann. Vielleicht ist er ja unschuldig. Das müssen wir auch bedenken“, rief Luise.
„Was ist denn hier los?“ Wilhelmine kam schwer auf ihren Stock gestützt in die Küche geschlurft.
„Das kann dir Luise erzählen. Ich geh jetzt und schmeiß den Scheißkerl hochkant von meinem Hof. Macht mich zum Narren und schaltet und
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