Ein schicksalhafter Sommer
ihrer Kehle bildete. Sie wollte auch Kinder. Und einen Mann. Und sie wollte auch lachen und einmal unbeschwert sein. Katrin blinzelte, als sie merkte, dass ihr Blick verschwamm. Sie atmete tief ein und drückte den Rücken durch. Genug des Selbstmitleids. Sie sollte froh sein mit dem, was sie hatte. Außerdem änderte sie mit ihrem Gejammer auch nichts.
Sie versuchte, die schöne Natur auf sich wirken zu lassen, das Zirpen und Summen der Insekten und die Blumen am Wegesrand. Das half ihr eigentlich immer über ihre bedrückte Stimmung hinweg, aber heute konnte sie das nicht aufheitern.
Plötzlich hörte sie entfernte Stimmen. War das nicht Otto? Ihr fiel ein, was er ihr gestern erzählt hatte. Der Knecht wollte ihm Schwimmunterricht geben. Plötzlich neugierig geworden, ging sie auf das dichte Gebüsch zu, welches den Feldweg auf der rechten Seite säumte. Als sie durch den schmalen Pfad das Dickicht durchquert hatte, hatte sie freien Blick auf den See der unter ihr lag. Otto und Kalter standen beide im Wasser.
Zuerst hatte sie ein schlechtes Gewissen, weil sie die beiden beobachtete, aber nach einer Weile vergaß sie ihre guten Manieren. Was da unten passierte, war einfach zu interessant.
Sie hatte sich schon ein paar Mal das Lachen verbeißen müssen und amüsierte sich köstlich. Einmal erschrak sie, als ihr Bruder wie wild strampelte, aber als er dann wieder auftauchte, beruhigte sie sich wieder. Sie hörte Roberts Stimme und Ottos wütendes Geschrei. Die grimmige Miene seines Lehrmeisters schien keinen Eindruck mehr auf ihn zu machen. Das hier war besser als ein Besuch im Theater. Gespannt beobachtete sie, wie es weiterging.
„Du konntest es doch gerade, als ich dich gestützt habe. Warum machst du es denn nicht jetzt?“
„Ich hab keine Lust mehr. Ich geh nach Hause.“
„Nein, das wirst du nicht. Wir sind noch nicht fertig. Du kommst hier erst raus, wenn du es noch mal versucht hast. Aufgegeben wird nicht.“
„Ich geh. Du hast mir gar nichts zu sagen. Du bist unser Knecht. Außerdem bist du gemein.“
„Ich zeig dir gleich wie gemein ich sein kann, wenn du jetzt nicht versuchst, zu schwimmen. Ich stütz dich auch wieder.“
„Und dann lässt du wieder los!“ Vorwurfsvoll blickte Otto seinen Lehrer an, nahm aber seine Position mit aneinander gelegten Handflächen vor der Brust wieder ein.
„Nein, diesmal zieh ich die Hand nicht ganz weg, versprochen. Aber jetzt mach, Otto. Sofort!“
Der Junge gab sich geschlagen und gehorchte. Nach einer Weile klappte es schon ganz gut, und er schaffte einige Züge, ohne dass Robert ihn stützen musste. Otto war begeistert. „Ich kann’s, ich kann’s Robert“ , lachte er glücklich.
„Jawohl, du kannst es.“ Robert erlaubte sich ein kleines Lächeln. Dann wurde er wieder ernst. „Ich will aber nicht, dass du schon alleine ins Wasser gehst. Erst müssen wir noch ein paar Mal üben, Otto. Verstanden?“
„Klar. Alles , was du sagst, Robert.“ Der Junge blickte dankbar zu ihm auf.
„In Ordnung, für heute machen wir Schluss.“
„Och, bitte, Robert.“
„Sei lieber vorsichtig. Mit dem Wasser darfst du es nicht übertreiben. Sonst kriegst du noch Schwimmhäute zwischen den Zehen.“
„So ein Quatsch.“
„Das sagst du. Ich wäre mir da an deiner Stelle nicht so sicher.“
Einen Moment doch unsicher geworden, sah er Robert forschend an. Dann lachte er. „Du willst mich veräppeln, stimmt`s? Ich sehe doch, dass du lachen musst. Bitte, Robert. Wir können doch ruhig noch ein bisschen drin bleiben, oder?“
„Nein, es ist genug. Du bist müde und ich muss sehen, dass meine Hosen trocken werden.“ Er ging tropfnass aus dem Wasser, hob den Kopf und erstarrte. Katrin Nessel kam lächelnd auf sie zu.
„Kathi, ich kann fast richtig schwimmen!“, schrie Otto aufgeregt.
„Ja, ich hab’s gesehen. Du machst das wirklich toll, Otto.“ Dann lächelte sie seinen Begleiter an. Robert war verblüfft. Sie war tatsächlich freundlich zu ihm und ihr Mund, der sonst bei seinem Anblick immer eine Flunsch zog, lächelte. Und da Robert heute guter Stimmung war, lächelte er vorsichtig zurück.
Während Otto sich anzog und dabei ununterbrochen redete, um seiner Schwester alle Einzelheiten seines Unterrichts zu berichten, zog sich Robert seine Arbeitshosen über seine nasse Unterhose. Eigentlich hatte er vorgehabt, sich in die Sonne zu legen, bis sie getrocknet war, aber er würde keine Sekunde länger in Unterhosen hier vor der Frau herumstehen. Er
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