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Ein schicksalhafter Sommer

Ein schicksalhafter Sommer

Titel: Ein schicksalhafter Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Frenken
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Katrin ihn ansprach.
    „Er arbeitet immer noch wie verrückt, nicht wahr?“ Besorgt starrte sie auf die Türe, wo die schmale, gebückte Gestalt ihres Vaters soeben verschwunden war.
    „Ja, das tut er.“
    „Ich wette, er geht jetzt wirklich den Stall ausmisten.“
    „Ich habe ihm angeboten, das für ihn zu machen, aber er will nichts davon hören. Tut mir leid.“
    „Das braucht dir nicht leid zu tun. Du kannst ja nichts dafür.“ Sie seufzte. „Du hast recht gehabt, als du damals gesagt hast, es ginge ihm schlechter. Warum will er nur nicht hören? Mit Vernunft ist ihm einfach nicht beizukommen. Er wird wirklich arbeiten, bis er zusammenbricht.“ Sie rieb sich die Schläfen. „Ich will mir gar nicht vorstellen, wie es wäre, ohne Papa.“ Still starrte sie eine Weile ins Leere. „Hast du nicht manchmal Heimweh?“, fragte sie plötzlich.
    Als er sie nur ansah , setzte sie hinzu: „Es muss doch schlimm sein, die Menschen, die einem nahe stehen, so lange nicht zu sehen.“
    „Nein.“
    „Nein?“, rief sie ungläubig.
    Er zuckte die Achseln . „Es gibt keinen, der mir nahe steht“, sagte er mit ausdrucksloser Stimme.
    Mitleidig sah sie ihn an. „Keinen Menschen?“
    „Nein“, sagte er barsch, „alle die mir nahestanden, sind tot.“ Ihr mitleidiger Blick ärgerte ihn und die Richtung, die das Gespräch nahm, machte ihn nervös. „Es leben nun mal nicht alle in einer großen, glücklichen Familie“, setzte er angespannt hinzu.
    „Nein, natürlich nicht.“ Entschuldigend lächelte sie ihn an. „Wo kamst du denn eigentlich her, als du bei uns nach Arbeit gefragt hast? Bist du von zu Hause weggegangen, weil alle gestorben waren?“ Neugierig betrachtete sie ihn.
    Er starrte sie nur an. Verlegen räusperte sie sich. „Die Erinnerungen sind sicher schmerzlich für dich. Kein Wunder, dass du nicht darüber sprechen willst. Es geht mich auch gar nichts an. Tut mir leid, dass ich so neugierig war. Das bin ich sonst gar nicht.“ Mit rotem Kopf wechselte sie das Thema. „Morgen fangt ihr also endlich mit der Hütte an?“
    „Ja.“ Froh, dass sie ihm nicht weiter persönliche Fragen stellte, gab er ihr gerne eine ausführlichere Antwort. „Otto war letzten Sonntag schon ganz enttäuscht, aber die Arbeit ging vor. Ihr Vater wollte unbedingt das Korn sicher in der Scheune haben und er hat damit ja auch recht getan. Den Tag darauf hat es angefangen zu regnen und drei Tage nicht mehr aufgehört.“
    „Hoffentlich ist der Waldboden jetzt nicht zu matschig. Meinst du, ihr bekommt die Hütte morgen fertig?“
    „Keine Ahnung. Otto hat jedenfalls erzählt, er hätte schon mal alles wieder so weit hergestellt, wie es vorher war und hat sich auch schon fleißig Nägel geholt.“ Bei dem Gedanken musste Robert lachen. „Hoffentlich hat er nicht mehr verbaut als fertiggestellt.“
    Katrin lachte zurück und Robert wurde bewusst, wie gut er sie mittlerweile leiden konnte. Er arbeitete gern mit ihr zusammen und er genoss es, wenn sie sich mit ihm unterhielt. Wenn sie ihn nicht gerade nach etwas Persönlichem fragte. Er wäre gern noch etwas mit ihr hier sitzen geblieben, aber plötzlich bemerkte sie wohl, dass er sie nachdenklich ansah, denn sie schaute verlegen weg und erhob sich. „Ich sitz hier, als hätte ich nichts zu tun. Melli wartet bestimmt schon sehnsüchtig, dass ich sie melke.“
    Damit verschwand sie. Robert blieb sitzen. Er dachte darüber nach, was sie ihn vorhin gefragt hatte. Sie hatte ihn an etwas erinnert, woran er seit Ewigkeiten nicht mehr gedacht hatte. An eine Zeit, als es noch Menschen gab, die ihm etwas bedeuteten. Denen er etwas bedeutete. Ein Kloß hatte sich in seiner Kehle gebildet. Er schämte sich, dass er sich an diese beiden Menschen fast nicht mehr erinnert hatte und er bat sie in Gedanken um Verzeihung, dass er so wenig an sie gedacht hatte.
    Er schluckte. Wie hatte er sie nur beinahe vergessen können, wo sie ihm einmal alles bedeutet hatten? Warum hatte er nicht mehr an sie denken wollen? Verständnislos schüttelte er langsam den Kopf. Dann erstarrte er und plötzlich war ihm kalt bis ins Mark. Jetzt war es ihm wieder eingefallen.
    Er hatte sie ja umgebracht.

Kapitel 6
     
     
    „Da wird die Mama Augen machen, wenn sie sieht, was wir ihr mitgebracht haben.“ Sofia saß gutgelaunt in ihrem neuen Sonntagsstaat neben ihrem Mann in ihrer neuen, kleinen Kutsche.
    „Ja, das will ich doch wohl annehmen. So etwas bekommt man ja auch nicht alle Tage geboten.“ Georg lenkte

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