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Ein Schlag ins Herz

Ein Schlag ins Herz

Titel: Ein Schlag ins Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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und glitt dann mit der Flanke voran an den Kai. Vor der hinteren Rampe erstreckte sich der zweite Teil des L-förmigen Kais, auf dem ein gelber Gabelstapler, ein weißer Mercedes Sprinter und ein Bus warteten.
    Die Gruppe begab sich langsam zur Treppe. Dominik legte den Zimmermann-Zylinder in eine schwarze Tasche. Patrik war mit zwei Schritten bei ihm.
    »Eines noch   …«
    »Schnell!«
    »Warum hast du Beate geschlagen?«
    Dominik stand regungslos da und wirkte plötzlich sehr müde. Er wollte sich abwenden, doch dann hielt er inne und antwortete: »Das war nur ein Mal. Als sie mir sagte, dass sie einen anderen kennengelernt habe.«
    Patrik fuhr zusammen. War ich dieser andere?, hätte er am liebsten gefragt.
    Dominik wandte sich mit seiner Waffe ab und ging zur Tür. Patrik merkte, dass Sandrine unmittelbar hinter ihm stand.
    »Ich habe es gehört«, sagte sie zögernd. Sie war so erschöpft, dass sie sich nur mit aller Mühe auf den Beinen halten konnte. »War   … war Beate Dominiks frühere Freundin?«
    Patrik versuchte, sich zusammenzureißen. Er wollte nicht, dass jemand davon wusste, am allerwenigsten Sandrine.
    »War Beate nur ein Lockvogel, mit dem   …«, Sandrine schien verwirrt nach den richtigen Worten zu suchen, »…   sie dich in die Falle gelockt haben?«
    »Ich will darüber nicht reden«, sagte Patrik grob.
    »Bewegung!«, schnauzte Andrus und richtete die Waffe auf sie.
    Wütend folgte Patrik Sandrine zur Tür.
    »Es tut mir wirklich leid, dass Beate   …«
    »Jetzt sei endlich still!«, brüllte Patrik.
    »Hebt euch eure Beziehungsstreitigkeiten für später auf«, befahl Andrus. »An eurer Stelle würde ich mich darauf konzentrieren, lebendig aus Helsinki hinauszukommen.«

57
    Åsa blickte durch das Bürofenster im Terminal auf die
Sigyn
, die sich langsam dem Kai näherte. Weit draußen auf dem Meer flackerten Blitze, und Åsa merkte, dass sie schwitzte. Sie mochte keine Gewitter, auch nicht unter besseren Umständen.
    Je länger sie am Telefon mit Anita Vasama gesprochen hatte, desto beunruhigter war sie geworden. Aus Berlin waren bereits der Polizeiregisterauszug von Dominik Gladbach und eine Zusammenfassung des Beweismaterials aus zwei Gerichtsverfahren geschickt worden. Åsa hatte gegenüber Anita Vasama nicht durchblicken lassen, was sie wusste, sondern sich ganz neutral nach Gladbach erkundigt. Die Antworten, die sie erhielt, deckten sich mit den Informationen aus Berlin.
    Am interessantesten und wichtigsten war die Tatsache, dass Dominik Gladbach bei dem deutschen Bundesamt für Verfassungsschutz eine terroristische Akte hatte, und sein Vater ebenso. Diese Nachricht ließ Åsa keine Ruhe. Welches Motiv hatte Gladbach für die Entführung der
Sigyn
?
     
    Im Frachtraum spürte Sandrine, wie das Schiff immer mehr das Tempo drosselte. Alle Geiseln waren vor der hinteren Rampe versammelt.
    »Es ist wahrscheinlich ein leichter Infarkt«, sagte sie zu Dan Cohen, der auf dem Boden lag. »Man wird Sie sicherlich hier in Helsinki ins Krankenhaus bringen.«
    Cohen stand der kalte Schweiß im bleichen Gesicht. »Glauben Sie, die werden das zulassen?«
    »Ich werde mit ihnen reden. Ich denke nicht, dass sie unterwegs von einem Kranken behindert werden wollen.«
    »Unterwegs wohin?«, flüsterte Deschamps.
    »Es reicht!«, sagte Andrus und stieß den Franzosen mit dem Lauf seiner Maschinenpistole an.
    Sandrine warf einen Blick auf Patrik.
    »Hoffen wir, dass die Finnen keinen Sturmangriff versuchen«, flüsterte der. »Ich kann einfach nicht glauben, dass Dominik und Herman uns umbringen wollen.«
    »Natürlich werden sie das nicht«, sagte Sandrine. Sie war noch aufgewühlt von dem, was sie über Beate gehört hatte. Patrik war zum Objekt einer unendlich grausamen Intrige geworden. Und er musste die Wahrheit über Beate auf dem Schiff erfahren haben.
     
    Das Wasser am Kai schäumte weiß auf, als die
MS Sigyn
festmachte. Timo stand am Rand des Terminals auf einer Betonbrücke, von der aus man einen ungehinderten Blick auf den Hafenkai hatte. Er hörte, wie das Dröhnen der Maschinen gedämpft und die hintere Rampe hydraulisch herabgelassen wurde. Scheppernd traf sie auf dem Kai auf und bildete so eine Brücke ins Innere des Schiffes.
    »Ich habe mit Anita Vasama gesprochen, die Frau hat Kontakte zu alten Baader-Meinhof-Kreisen«, sagte Åsa, die neben Timo trat. »Auch bei ihrem Sohn können wir noch auf die eine oder andere Überraschung stoßen. Ich habe gerade in Berlin angerufen.

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