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Ein Schlag ins Herz

Ein Schlag ins Herz

Titel: Ein Schlag ins Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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war, und versuchte, vollkommen regungslos zu bleiben, um nicht das geringste Geräusch zu verursachen.
    Börjesson war im Frachtraum gewesen, mit dem Auftrag, die Befestigungen des Transportbehälters zu überprüfen. Die Information über das in Seenot geratene Segelboot hatte er bekommen, deswegen aber nicht die Arbeit unterbrochen. Erst als man ihm über Bordfunk nicht mehr auf seine Fragen geantwortet hatte, war ihm der Verdacht gekommen, es sei etwas Seltsames vorgefallen – und dann hatte er an Deck die Männer mit den Maschinenpistolen gesehen.
    Börjesson hatte sich zur Ruhe gezwungen, als er begriff, dass nun jede Minute und Sekunde entscheidend sein konnte. Nachdem er festgestellt hatte, dass die Piraten sich bereits an verschiedenen Stellen des Schiffs bewegten, war er in den Belüftungsschacht gekrochen, in der Hoffnung, dass sie nicht jeden Winkel durchsuchten, zumindest nicht sofort. Die Crew war außer Gefecht gesetzt, Kapitän und Steuermann waren Gefangene. Aber er war frei, jedenfalls vorläufig noch. Von dem Waffenversteck konnten die Angreifer nichts wissen. Wenn er leise und geduldig vorginge, könnte es ihm durchaus gelingen, unbemerkt das Versteck zu erreichen.
     
    Anita Vasama eilte zur S-Bahn -Station, sie wollte in die Hamburger Innenstadt fahren. In den Kastanienbäumen auf einem Spielplatz zwitscherten die Vögel, und fröhliches Kindergeschrei drang auf die Straße. Normalerweise hätte das Anita Freude gemacht, aber jetzt war sie zu niedergeschlagen und wütend.
    Patriks Verhalten machte sie rasend. Ja, er hatte das Recht, zornig auf sie zu sein, absolut. Aber alles hatte seine Grenzen, immerhin war er ein erwachsener Mann. Sollte sie das Ganze auf sich beruhen lassen und Patrik eben nicht warnen, wenn er sich nicht dazu herabließ, sie anzuhören? Eigentlich hätte er sich doch denken müssen, dass sie einen wichtigen, außergewöhnlichen Grund für ihren Anruf hatte, sonst hätte sie nach all den Jahren doch nicht so hartnäckig versucht, ihren Sohn zu erreichen.
    Das Ehepaar Funke hatte sich korrekt verhalten, aber letztendlich hatte Anita es trotzdem nicht gewagt, sich ihnen anzuvertrauen, obwohl sie das ursprünglich so geplant hatte. Sie waren viel zu anständige Leute und hätten es nicht für sich behalten können, sondern hätten sich sicher gleich an die Polizei gewandt.
    Der zweite Grund für Anitas Schweigen war der Anblick von Beates Elternhaus gewesen. Der hatte sie zögern lassen. Trafen Dietrichs Behauptungen denn zu? Konnte eine intelligente junge Frau, die aus einer solch wohlhabenden Mittelstandsfamilie stammte, in etwas hineingeraten, das   … Falls Dietrich unrecht hatte, würde Anita für Patrik lediglich alles komplizierter machen, und er würde glauben, das wäre ihre Absicht gewesen.
    Deshalb war Anita jetzt auf dem Weg zu jenem Freund von Dietrich, von dem die Informationen über Beate stammten. Das Gespräch mit Jürgen Gladbach würde über ihr nächstes Vorgehen entscheiden.
    Nervös beschleunigte sie ihre Schritte. Den Entschluss,den sie vor fünfzehn Jahren getroffen hatte, hatte sie sich nie verziehen. Sie hätte sich damals nicht von Depressionen und Drogen leiten lassen dürfen. In all ihren Schwierigkeiten hatte sie gehandelt wie ein Kind und sich vom neuen Leben in Berlin mitreißen lassen. Es war ihr richtig erschienen, zu vergessen und Abstand zu nehmen – es hatte lange gedauert, bis sie sich eingestehen konnte, dass sie egoistisch und erbärmlich gehandelt hatte.
    Wie oft hatte sie sich später vorgenommen, Patrik nach Deutschland zu holen, sich aber jedes Mal wieder Dietrichs Widerstand und der Beteuerung, im freien Leben liege das Glück, gebeugt. Angeblich war es für den Jungen besser, bei seinem Onkel im friedlichen Finnland zu bleiben, in dem Land und in der Umgebung, die er gewohnt war. Warum hatte sie auf Dietrich gehört, den kinderlosen, wurzellosen Mann, der nie Verständnis für die Verbundenheit seiner Freundin mit ihrem ehemaligen Heimatland und ihrem Sohn gehabt hatte?
    Beim Betreten der S-Bahn -Station zog Anita ihre Fahrkarte heraus. Sie wollte unbedingt auch den Sohn von Jürgen Gladbach treffen – wenn sie diesen Dominik vor sich hätte, würde ihr das helfen, einzuschätzen, ob die Behauptungen,dieüber ihn aufgestellt wurden,zutreffen konnten.
    Falls nicht, könnte sich über Dominik die Möglichkeit eröffnen, einen konstruktiven Kontakt zu Patrik aufzubauen. Das war das Einzige, das sie sich in ihrem Leben noch

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