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Ein Schlag ins Herz

Ein Schlag ins Herz

Titel: Ein Schlag ins Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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wünschte.
     
    Die Schritte der fünfköpfigen Gruppe mit den orangefarbenen Helmen und reflektierenden Westen hallten an den feuchten Höhlenwänden in dem Gang fünfhundert Meter unter der Erdoberfläche wider. In der Ferne, irgendwo weiter oben in dem Höhlensystem, erklangen fröhliche Kinderstimmen und Gelächter.
    »Wir haben immer mehr Schulklassen hier zu Besuch«, sagte Sigurd Danielsson von SKB, das sich im Besitz schwedischer Atomkonzerne befand. Das Unternehmen besaß ein hochtechnisiertes Labor zur Erforschung der unterirdischen Lagerung von Atommüll.
    »Ich kann mir gut vorstellen, dass Schulklassen das spannend finden«, sagte Annika Lindholm, die gerade erst berufene dreiundvierzigjährige Leiterin der schwedischen Strahlenschutzbehörde SSM, die für ihre scharfen Meinungsäußerungen bekannt war. »Und Sie können bei der Gelegenheit an einer nachhaltigen Veränderung der Bürgermeinung arbeiten. In den Broschüren sind ja auch eine Menge lächelnder Kinder zu sehen.«
    Die Gruppe folgte den hellen Neonröhren an der Decke und entlang der Rohre, die an der braunen Felswand verliefen, einen leicht abschüssigen Gang hinunter. Danielsson wollte dem Führungsgremium der Strahlenschutzbehörde die letzte Phase der Grabungen vorführen.
    Hinter ihnen näherten sich Schritte.
    »Die Gesteinsqualität in diesem neuen Abschnitt ist äußerst vielversprechend«, sagte Danielsson.
    Der Hall der Schritte wurde in dem Stollen immer lauter. Danielsson blieb stehen und mit ihm die Besuchergruppe. Alle drehten sich zu der leicht schwankenden Helmlampe um, die auf sie zukam. Schließlich stand ein junger Mann im SK B-Overall vor ihnen.
    »Man hat mich gebeten, Ihnen dies hier so schnell wie möglich zu übergeben«, sagte er und reichte dem Geschäftsführer ein gefaltetes Blatt Papier.
    Unter der Erde funktionierten die Handys nicht, und das Kommunikationsnetz reichte noch nicht bis in den neuen Höhlenabschnitt.
    Als Danielsson die Nachricht las, wurde seine Miene ernst.
    »Das ist eine Mitteilung von unserem Sicherheitschef. Die Reederei auf Gotland berichtet, dass der Kapitän der
MS Sigyn
vor einiger Zeit der Seenotrettungszentrale und dem diensthabenden Funker der Reederei ein schiffbrüchiges Segelboot gemeldet hat. Sie wollten sofort mit Rettungsmaßnahmen beginnen. Danach ist es trotz zahlreicher Versuche nicht mehr gelungen, eine Verbindung zu dem Schiff herzustellen.«
    Alle sahen sich verwundert an.
    »Ist die
MS Sigyn
beladen?«
    Danielsson nickte. »Sie ist auf dem Weg von Forsmark hierher nach Oskarshamn und zum Clab-Lager und hat einen Behälter mit hoch radioaktivem Atommüll an Bord.«

24
    Der Wind fegte über das Deck der
MS Sigyn
. Patrik stand mit dem Rücken zur Reling und starrte wortlos seine Gefährten an, die sich innerhalb weniger Minuten von Umweltaktivisten in Terroristen verwandelt hatten. Die Ereignisse der letzten Tage, die Vorbereitungen der Aktion, die Äußerungen von Andrus und Dominik, Beate, all das tobte wirr in seinem Kopf.
    Das Meer wälzte immer wieder von Neuem dunkle Wellen massiv und bedrohlich heran. Inmitten des hohen Seegangs steuerte Bronislaw das Segelboot geschickt neben die
Sigyn
, damit es an deren Rumpf festgemacht werden konnte. Die Rauchpatrone hatte das Boot geschwärzt, aber der Hilfsmotor funktionierte tadellos.
    Das Rettungsboot war nicht mehr zu sehen. Dominik und seine Männer hatten die gesamte Crew der
Sigyn,
bis auf den Kapitän und den Steuermann, gezwungen, ins Rettungsboot zu steigen und davonzufahren.
    Andrus und Konstantins ließen eilig ein Seil herab.
    »Zieh!«, rief Andrus über den Wind hinweg.
    Ein großer Kunststoffkoffer hob sich langsam aus dem Segelboot. Patrik sah ihn zum ersten Mal. Wo war er versteckt gewesen?
    Als wenig später der Koffer auf dem Deck der
Sigyn
abgesetzt wurde, lösten Andrus und Konstantins rasch das Seil und ließen es erneut hinab.
    Sie handelten schnell und ohne Zögern, als hätten siedasselbe schon unzählige Male zuvor getan. Andrus, der ursprünglich so sympathisch gewirkt hatte, schien mit Betreten des Schiffes jeglichen menschlichen Zug verloren zu haben.
    Mit Schwung hievten die Männer noch zwei weitere Kunststoffbehälter an Bord. Zum Schluss kam Bronislaw die Strickleiter heraufgeklettert, und das Segelboot trieb leer auf dem Wasser.
    Andrus ließ das Zahlenschlosssystem eines Koffers aufschnappen und hob den Deckel an. Vom Inhalt war Patrik nicht mehr überrascht: Sturmgewehre, eine leichte

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