Ein Schlappohr fällt vom Himmel / Der Bankmanager und der Obdachlose: Zwei zum Preis von einem (German Edition)
ihr absolut nichts getan habe.«
Obwohl Sandra am Abend ein recht langes Gespräch mit ihrer Tochter führte, führte es dennoch zu nichts. Anna-Lena blieb stur. Ludger war in ihren Augen nach wie vor Schuld am Tod ihres Vaters …
Unterdessen war wieder etwas Zeit vergangen. Ludger, der seit vielen Jahren frei wie ein Vogel lebte, zog es tagtäglich immer mehr an den Ort, wo er seinen Bruder zum ersten Mal seit Jahren wiedersah. Zwar fehlte ihm in seinem Elternhaus, außer ein Leben im Freien, absolut nichts, da Leonore wahrhaftig alles tat, damit sich ihr Ältester bei ihr wohlfühlte, wurde er dennoch immer unruhiger.
Nachdenklich saß er haargenau auf der Bank, die auch eine zeitlang Hendriks Lieblingsbank gewesen war. Wie gerne würde er die Zeit zurückdrehen, mit seinem Bruder hier sitzen und sich angeregt mit ihm unterhalten. Aber leider war ihm das nicht mehr möglich. Weil nun mal das Geschick der Menschheit in den Händen einer viel höheren Macht lag.
»Hallo Ludger, was machst du denn hier?« Erschrocken blickte er auf und schaute haargenau in ein Gesicht von dem er zwischenzeitlich in so mancher Nacht träumte.
»Sandra«, stammelte er konfus, »schön dich zu sehen. Hoffe, es geht dir gut.«
»Mir geht es gut, aber du kommst mir irgendwie so verloren vor.« Aufmerksam schaute Sandra den Mann mit dem gepflegten Dreitagebart an.
»In Gedanken habe ich eine Reise in die Vergangenheit gemacht. Ich sah Hendrik, wie er ohne einen Blick an mich zu verschwenden, achtlos an mir vorüberging oder sich wegen mir empörte, weil ich ihn um etwas Kleingeld bat. Ja, ich habe so vieles gesehen. Teilweise hatte ich sogar das Gefühl, dass er neben mir sitzen würde. Ich vermisse ihn. Ohne ihn ist mein Leben irgendwo leer.« Ludger schämte sich seiner feuchten Augen nicht.
»Hendrik war ein feiner Kerl«, entgegnete Sandra verhalten, die sich zwischenzeitlich neben Ludger niederließ. »Ich habe ihn einst sehr geliebt. Hätte diese schreckliche Krankheit nicht vollends Besitz von ihm ergriffen, dann wären wir auch noch heute ein glückliches Paar.«
»Wie wäre es Sandra, wenn wir uns einen Kaffee genehmigen würden, sozusagen um unsere trüben Gedanken zu vertreiben?« Ludger hoffte inständig, dass sie nicht ablehnen wird.
»Gerne, weshalb eigentlich nicht? Schließlich habe ich noch über eine Stunde Zeit, bis ich wieder in der Kanzlei sein muss.«
»Was hast du eigentlich für deine weitere Zukunft geplant?«, fragte Sandra ihn aufmerksam, die sich in seiner Gegenwart recht wohlfühlte.
»Tja, das ist in der Tat eine gute Frage, die ich dir zumindest im Moment nicht so recht beantworten kann. Eines steht jedoch fest, ich werde nicht immer in meinem Elternhaus bleiben können. Zumal mich irgendetwas regelrecht in die Ferne zieht.«
»Du willst wieder weg?«, Sandra schaute ihn bestürzt an. Diese Antwort hatte sie definitiv nicht von ihm erwartet.
»Ich bin ein Vagabund, obwohl es im Moment nicht so erscheint. Gut, vor vielen Jahren hatte ich noch Träume und Ziele, aber die habe ich mir durch meine Ängste selbst zunichte gemacht. Und nun stehe ich mit leeren Händen da.« Offen blickten seine blaugrauen Augen in ihr anziehendes Gesicht. Sandra gefiel ihm außerordentlich gut. Ihre inzwischen bis zu den Schultern reichenden blonden lockigen Haaren und ihre blauen Augen ließen ihn buchstäblich unruhig werden. Insgeheim bat er seinen Bruder, wegen seiner Gefühle um Vergebung.
»Du wirst doch deine Mutter nicht schon wieder enttäuschen wollen«, entgegnete Sandra nervös, die sich regelrecht vor dem Tag fürchtete, wo er so als ob es ihn nie gegeben hätte, kommentarlos wieder verschwand.
»Noch ist es ja nicht so weit«, entgegnete er verhalten, wobei er seine Hand auf ihre legte, die Sandra, so als wäre sie von der Tarantel gestochen auf der Stelle zurückzog. Wenngleich ihr die Berührung definitiv nicht unangenehm war.
»Entschuldige bitte«, bat Ludger verlegen, »ich wollte dir selbstverständlich nicht zu nahe treten.«
»Ich muss los«, hastig erhob sich Sandra von ihrem Platz. »Habe doch vollkommen vergessen, dass ich noch etwas besorgen wollte.« Enttäuscht schaute Ludger ihr hinterher, als sie, so als wäre sie vor irgendetwas auf der Flucht, davonlief. Seufzend rief er nach der Bedienung um zu zahlen. So wie es aussah, hatte er sich es soeben mit Sandra bis auf weiteres verscherzt …
Während Sandra verwirrt irgendwo auch regelrecht abgehetzt auf ihren
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