Ein schmutziges Spiel
Blicken.
Ich ging um die Glaswand herum und auf Dannys Kabine zu. Er hockte zusammengekauert auf dem Stuhl. Sein Kinn lag beinahe auf der Brust, und er starrte auf die Tischplatte. Ich setzte mich auf einen fleckigen Plastikstuhl und beugte mich vor. »Danny …« Aber durch das dicke Glas konnte er mich natürlich nicht hören. Ich griff zu dem schwarzen Telefon an der Wand und wartete.
Eine volle Minute verging. Ich pochte mit dem Hörer an die Glasplatte.
Danny blickte auf. Für einen einzigen Moment sah er mir in die Augen.
Ein großes Hämatom umgab ein blutunterlaufenes Auge. Entsetzen lag in seinem Blick. Danny war, wie mir bewusst wurde, vor Angst schon beinahe katatonisch.
Rasch, ehe er sich wieder abwenden konnte, signalisierte ich ihm, er solle den Hörer nehmen. Zugleich lächelte ich strahlend und hoffte, aufmunternd auf ihn zu wirken.
Er zögerte. Dann, Wunder über Wunder, machte Danny meine Bewegung nach. Er ergriff den Hörer auf seiner Seite der Trennwand und hielt ihn an sein Ohr.
»Danny«, sagte ich, so sanft ich nur konnte. »Ich bin Jaymie. Ich kenne deine Tía. Ich bin eine Freundin von Gabi.« So etwas wie Verständnis flackerte in seinem Gesicht auf. Ich wusste, ich hatte nur einen kurzen Moment, um eine Verbindung zu ihm herzustellen, mehr nicht.
»Ich werde dir helfen, Danny. Ich hinterlasse meine Telefonnummer am Empfang. Wenn du irgendwann mal reden willst, bitte um ein Telefon.« Ich studierte sein Gesicht, was vor der Krankheit gewiss attraktiv gewesen war. Kam irgendein Teil meiner Botschaft bei ihm an?
»Danny, würdest du etwas sagen? Mein Name, Jaymie – bitte sprich ihn aus.«
Er klappte den Mund auf, doch es kam nichts heraus. Und als er schließlich doch sprach, klang seine Stimme eingerostet, als hätte er sie schon lange nicht mehr benutzt. »Ich … ich …«
Doch dann blickte er plötzlich ins Leere, der Hörer fiel aus seiner Hand und baumelte an der Schnur, und sein Kopf kippte nach vorn und hing kraftlos herab.
»Ich werde dir helfen«, hörte ich mich sagen. »Danny? Ich verspreche, ich helfe dir.«
Ich sah zu, wie zwei bullige Wärter Danny aus der Kabine holten. Sie hoben ihn hoch wie eine Stoffpuppe. Ich konnte den Anblick nicht länger ertragen und wandte mich ab. Doch einen Moment später sah ich etwas aus dem Augenwinkel, das meine Aufmerksamkeit weckte. Danny lag, alle viere ausgebreitet, auf dem Boden, und die beiden Männer standen hohngrinsend über ihm.
Mir stockte der Atem. Ich war nicht so dumm, mich jetzt für Danny einzusetzen – das würde ihm nur noch mehr Scherereien einbringen.
Die Sonne stach mir in die Augen, als ich hinaus auf die Straße trat. Blind schaltete ich mein Telefon ein und tippte mühsam eine Nummer. »Gabi? Jaymie hier. Ich übernehme den Fall.«
»Na, na, Jaymie Zee.« Die tiefe, maskuline Stimme, rau und weich wie das Schnurren einer Großkatze, vibrierte in meinem Telefon. »Ich habe kürzlich erst an dich gedacht, Baby.«
»Lass das Süßholzraspeln, Consigliere. Ich kenne all deine Tricks, weißt du noch?«
»Ich weiß noch alles, Schätzchen. Aber du musst ein paar Dinge vergessen haben. Wäre das nämlich nicht so, dann hättest du schon längst angerufen.«
Seine unverschämt direkte Art brachte mich zum Lachen. Zavier Carbonel, geboren und aufgewachsen in der Bay Area, hatte einen raketenhaften Aufstieg hinter sich, von der Privatschule geradewegs durch ein Jurastudium an den Unis in Berkeley und Stanford. »Zave? Ich sage es ganz offen: Ich brauche deine Hilfe.«
»Klar, aber über das Telefon bekommst du die nicht. Wenn du was von Daddy willst, dann komm zu Daddy. Klar, was ich meine?«
»Ich werde nicht in dein Büro kommen, Zave.«
»Warum nicht? Ich hätte gedacht, eine ehrgeizige junge Dame wie du würde es genießen, bei mir hereinzuspazieren und diesen dürren Dingern, die für mich arbeiten, die Tür vor der Nase zuzuschlagen. Die wollen alle ein Stück vom guten Zave – das weißt du genau.«
»Und sie kriegen es ja auch alle. Das ist der Punkt.«
»Okay, Jaymie. Okay. Komm gegen acht zum Haus. Ich bereite das Abendessen vor. Du bist natürlich für das Dessert zuständig.«
Wieder musste ich lachen. »Du bist sooooo aalglatt. Und … Zave?«
»Ja, Babe?«
»Das ist … wichtig.«
»Kapiert.« Sein Ton wurde ernster. »Mach dir keine Sorgen, Jaymie. Wir kriegen das schon hin.«
Zaves nobles Büro lag im obersten Stock eines der höchsten Gebäude von Santa Barbara, dem Granada,
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