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Ein schmutziges Spiel

Ein schmutziges Spiel

Titel: Ein schmutziges Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Keskinen
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los.«
    Die Gerichtsmedizin war nach Jahren knapper Mittel so heruntergekommen wie alle anderen städtischen Gebäude. Die Duftwolke, die gleich hinter der Tür lauerte, verriet jedoch zweifelsfrei, dass dies nicht das Rathaus war. Ich hatte ihn schon bei anderen Besuchen bemerkt, diesen Geruch, der zugleich beißend und süßlich war. Formaldehyd vielleicht? Mich erinnerte er an den Biologieunterricht in der zehnten Klasse.
    Mike zeigte dem Teenager am Empfang seine Marke. Das Mädchen hörte auf zu simsen, behielt sein Handy aber beständig im Auge. »Kann ich helfen?«
    »Dr. Jorgensen erwartet uns.«
    »Ich gebe Bescheid. Sie kennen den Weg?«
    »Direkt runter in die Hölle.« Mike sah sich zu mir um und lächelte entschuldigend. »Galgenhumor. Ein bisschen Flachserei braucht man an so einem Ort.«
    »Kann nicht schaden«, stimmte ich zu.
    Er hielt die schwere Tür auf. »Du siehst beinahe begierig aus, Jaymie.«
    »Ich habe die eine oder andere Theorie im Kopf, und ich will herausfinden, ob ich auf der richtigen Spur bin.«
    »Seltsamer Ort für ein Date, Mike.« Der Mann, der uns am Ende des Korridors in Empfang nahm, war blond und gut aussehend, abgesehen von dem arg weichen Schmollmund.
    »Vaughn, das ist Ms Zarlin«, sagte Mike in ernstem Ton. »Sie hilft bei den Ermittlungen im Fall Molina.«
    »Vaughn Jorgensen, stets zu Diensten.« Der Bursche zwinkerte doch tatsächlich.
    »Schön, Sie kennenzulernen, Vaughn.«
    »Sie müsste mal einen Blick auf das Opfer werfen«, ging Mike dazwischen.
    »Ist das ein offizieller Besuch?«
    »Komm schon, Jorgensen. Erinnerst du dich noch an den kleinen Ausrutscher, den du dir vor einer Weile geleistet hast?«
    Jorgensen zuckte mit den Schultern und konzentrierte sich wieder auf mich. »Das Vergnügen ist ganz auf meiner Seite, Ms Zarlin. Gehören Sie zur empfindlichen Sorte?«
    »Nur wenn ich’s mit Lebenden zu tun habe.« Ich schenkte ihm ein Lächeln. »Und nennen Sie mich doch bitte Jaymie.«
    Mike tat sein Missfallen mit einem Grunzlaut kund.
    »Also, Jaymie, Sie haben sich einen guten Zeitpunkt ausgesucht. Ich bin mit der abschließenden Autopsie an Molina gerade fertig geworden. Pech für mich, dass ich Sie Samuels überlassen muss; ich habe nämlich irgendeinen albernen Termin unten im Gericht.«
    Jorgensen entriegelte die Stahltür, trat hindurch und hielt sie auf. »Aber, bitte, nennen Sie mich Dr. Jorgensen . Die meisten Frauen stehen auf Doktoren, wie sieht es bei Ihnen aus?« Der Kerl alberte nur herum, aber dieses Mal hörte ich Mike ernsthaft knurren.
    »Darüber habe ich noch nie nachgedacht«, sagte ich, vorwiegend, um Mike zu ärgern. »Da könnte schon was dran sein.«
    »Hervorragend.« Er zwinkerte mir zu. »Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder, Jaymie. Irgendwann, irgendwo.«
    »Irgendwo, nur nicht hier«, korrigierte ich und deutete mit einem Winken auf den langen weißen Raum, und wir lachten beide.
    »Der Kerl ist ein Idiot«, nörgelte Mike. »Jorgensen hat mit dir geflirtet.«
    »Du hast doch selbst gesagt, ein bisschen Flachserei tut ganz gut an so einem Ort.«
    »Für dich ist es Flachserei, aber für Jorgensen ist es das Vorspiel.«
    »Da sieht man mal, wer von uns das empfindsame Seelchen ist.«
    Die Tür öffnete sich erneut, und eine mütterliche Frau in den Vierzigern mit einem runden Gesicht trat ein. »Hey, Mike. Wie läuft’s? Hab dich schon seit Monaten nicht mehr hier in der Gruft gesehen.«
    »Nina, wie geht’s? Das ist Jaymie Zarlin. Jaymie, Nina Samuels.«
    »Hi, Jaymie. Kein Wunder, dass Vaughn gerade so ein dämliches Grinsen im Gesicht hatte. Noch dämlicher als sonst, um genau zu sein.« Sie legte eine Akte auf eine Arbeitsfläche aus rostfreiem Stahl und wählte einen Schlüssel von dem Bund, der an ihrem Gürtel befestigt war. »Bereit, Leute?« Sie wartete, bis wir beide genickt hatten.
    »Nicht, dass irgendjemand auf so etwas wirklich vorbereitet sein könnte.« Sie reichte uns Handschuhe aus einem Spender an der Wand, schloss das Fach auf und zog die Lade auf einem rollbaren Untergestell heraus.
    Beinahe zärtlich schlug Nina das schwere weiße Laken zurück. Darunter lag der kleine, zierliche Leichnam von Lili Molina.
    »Falls Sie so etwas nicht gewöhnt sind, Jaymie, der Trick besteht darin, nicht beim Gesicht des Opfers hängenzubleiben. Versuchen Sie, Distanz zu wahren.« Sie studierte mich einen Moment, ehe sie sich zum Gehen wandte. »Sie schaffen das schon.«
    Mike sah zu, wie ich die Handschuhe überstreifte

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