Ein schmutziges Spiel
Polizistenblick. »Was war das?«
»Ein altmodisches Megafon. Es war aus dem Requisitenbehälter gefallen.«
»Meinst du, man sollte das Mundstück auf DNS -Spuren untersuchen?«
»Einen Versuch ist es wert. Der Mörder könnte sich spontan das Megafon geschnappt und anschließend vergessen haben, es abzuwischen.«
»Ich rufe gleich morgen früh in der Forensik an«, antwortete Mike. »Die haben übrigens schon den Schnürsenkel untersucht und bestätigt, dass er mit Lilis Blut getränkt war. Aber sie werden sich fragen, warum ich an dem Megafon interessiert bin.«
»Denk dir eine plausible Erklärung aus, Mike.« Ich schob meinen Stuhl zurück und erhob mich. »Mich geht das so oder so nichts mehr an.«
»Ich kann nicht fassen, was ich da höre …« Mike leerte seine eigene Flasche. »Sag mal, wo ist eigentlich der El Camino?«
»Hat einen neuen Besitzer.«
»Was? Du hast Brodies Wagen verkauft?«
»Nein, das hätte ich nie getan. Ich habe ihn dem Obdachlosenheim gespendet«, sagte ich mit kläglicher Stimme. »Die werden ihn verkaufen und das Geld für ihre Zwecke nutzen. Auf diese Weise ist Brodies Wagen noch für jemanden gut.«
»Und jetzt? Willst du die Stadt zu Fuß verlassen?«
»Ich lease einen Wagen. Ab morgen.«
»Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Brodie hat den Wagen geliebt.«
Ich beugte mich über die kleine Mauer in die Dunkelheit der Nacht. Von hier aus konnte ich das Meer riechen, die unverkennbare, angenehme Mischung aus Salzwasser und Teer, die so kennzeichnend für den Santa-Barbara-Kanal war. »Ich kann es dir ebenso gut gleich sagen, Mike. Ich werde nicht darauf warten, dass sich ein Käufer für das Haus findet. Ich ziehe nächste Woche aus, verstaue mein Zeug in einem Lagerraum und schließe mein Büro.« Irgendwo weit unter uns ging die Alarmanlage eines Autos los.
»Jaymie. Tu das nicht.« Mikes Stimme klang hart und tonlos.
»Ich muss weg von alldem. Tut mir leid.«
»Wirklich?« Er stand auf und trat den Stuhl mit dem Fuß weg. »Du weißt, dass ich dich liebe. Das habe ich dir auf jede verdammte Art gesagt, die mir eingefallen ist! Warum hänge ich immer noch hier rum? Weil ich verdammt sicher bin, dass du mich auch liebst. Ich kann es nicht immer erkennen – dafür sorgst du schon. Aber dann und wann lässt du es eben doch durchblicken.«
In meinen Augen brannten Tränen, die ich nicht vergießen wollte. »Mike, du und ich … das ist einfach nicht möglich.«
»Ich kapier’s nicht! Wo ist das Problem?«
Ich verließ die Veranda und ging zurück ins Studio, wo ich den ganzen Nachmittag zusammengerollt in Dannys Bett zugebracht hatte. Als ich aber versuchte, die Tür hinter mir zu schließen, drängte sich Mike einfach mit herein. »Jaymie, verdammt noch mal, sag’s mir! Ich habe ein Recht, es zu erfahren.«
»Okay, schön. Erinnerst du dich an die Nacht auf der Ranch?« Mir fiel auf, dass ich knurrte wie eine in die Enge getriebene Katze. »Oben auf der Klippe?«
»Ja, ich erinnere mich.«
»Du hast daran gedacht, dass wir ein Kind haben könnten – ich weiß, das hast du.«
»Ich habe daran gedacht, das ist alles. Eines Tages in der Zukunft, verstehst du?«
»Das versuche ich ja dir zu erklären …« Doch dann klappte ich den Mund zu. Trotz meiner Entscheidung, die Stadt zu verlassen, schien mir die Vorstellung, Mike nie wiederzusehen, unerträglich. Das war nicht Teil meines Plans.
»Spuck’s aus, Jaymie. Ich bin es leid, herumzuraten.«
Nun knickte ich ein. »Ich will keine Kinder. Nicht mit dir, und überhaupt nicht mit irgendjemandem. Ich bin einfach nicht gut darin, für andere zu sorgen.«
»Würdest du mich wirklich lieben, würdest du nicht so reden. Und nicht so denken!« Jegliche Farbe schwand aus Mikes Gesicht. »Liebst du mich? Verdammt noch mal, antworte mir.«
»Ich …« Plötzlich war ich stumm, aber mein Mund stand offen wie der eines gestrandeten Fisches.
Einen Moment später kehrte er mir den Rücken zu und marschierte zur Tür hinaus.
Einsamkeit breitete sich im Studio aus. Einsamkeit – und eine merkwürdige Art der Erleichterung. Was ich zu Mike gesagt hatte, war wahr, aber da war noch mehr, tiefer verborgen in meinem Inneren. Und dort musste ich nun Gott sei Dank nicht hin.
Eine Stunde später schickte Mike mir eine SMS : Ich hole den Hund aus der Tierklinik, wenn er entlassen wird. In einem Punkt hast du recht – bei mir ist er besser aufgehoben.
Kapitel Fünfzehn
Am nächsten Morgen stolperte ich mit einem
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