Ein schmutziges Spiel
dir, alles, das Gute und das Schlechte. Das wirst du nie hinter dir lassen, nichts davon.« Sanft nahm er meine Hand von seiner Schulter und hielt sie fest. »Wir müssen tapfer sein. Wir müssen durchhalten und aus unseren Fehlern lernen, etwas anderes bleibt uns nicht.«
Als die große amerikanische Geschichte den Weg hinabgerollt und außer Sicht verschwunden war, ging ich zurück ins Haus und schloss die Tür.
Ich schenkte mir ein Glas samtroten Wein ein, schlenderte hinaus und stellte mich in der nach Blüten und Meer duftenden Nacht auf die Veranda. Während ich an meinem Elixier nippte, sang sich eine Grille die Seele aus dem Leib, und Ratten huschten in das Gebüsch am Hang.
Ohne Vorwarnung sauste eine große weiße Eule aus der Finsternis herab und landete ganz oben in der Zypresse. Ich hielt still, als die Nagergeräusche verstummten und der Ast sich ein wenig unter der Last des einzigartigen Vogels bog.
Dann trank ich den ganzen Wein aus, um ihn nicht zu vergeuden, ließ mir die segensreiche Süße durch die Kehle rinnen und presste die Lippen an den Ärmel. Als ich wieder aufblickte, sah ich das herzförmige Gesicht zu mir herab schauen.
»Vergib mir« , flüsterte ich. »Ich habe aufgegeben. Das wird nie wieder vorkommen.«
Dann ging ich hinein und packte meine Sachen wieder aus.
Humpty Dumpty kam wieder auf die Beine, aber er würde nie mehr ganz so aussehen wie vor dem tiefen Fall.
Ich versuchte, nicht dauernd an Mike zu denken. Er hatte mir eine weitere SMS geschickt und mir mitgeteilt, dass er Dexter abgeholt und die Hälfte der deftigen Tierarztrechnung bezahlt hatte, und das war das Letzte, was ich von ihm gehört hatte. Ich wusste, dass er wütend auf mich war. Aber ich war ihm gegenüber nur aufrichtig gewesen, nicht wahr? Wie es von nun an weiterging, war allein seine Entschei dung.
Tiff Tang ging recht gelassen mit dem potenziellen Provisionsverlust um und zerriss den Vertrag. Aber der El Camino war eine andere Geschichte. Ich nahm Kontakt zu dem Obdachlosenheim auf und bot an, Brodies Wagen zurückzukaufen, aber sie hatten ihn bereits veräußert. Der neue Eigentümer, ein Sechzigerjahre-Typ mit einer dröhnenden Stimme, blieb am Telefon hart. »Das ist ein netter, kleiner Schlitten, und der Handel ist abgeschlossen. Ich kann Ihnen verraten, ich habe mir Dudette – so hab ich sie genannt – fast umsonst unter den Nagel gerissen. Diese Babys sind hier unten in Laguna Beach verdammt angesagt.« Sein Gelächter klang wie ein Prusten. »Die Verkäufer waren wohl nicht so ganz auf dem Laufenden, was gerade cool ist.«
»Nein, vermutlich nicht.« Ich seufzte. »Es gibt also keine Chance, dass ich Sie überzeugen kann, mir … Dudette … zurückzuverkaufen?«
»Versuchen Sie’s in ein oder zwei Jahren noch mal, Schätzchen.« Wieder prustete er. »So lange halte ich’s ungefähr mit neuen Freundinnen aus, verstehen Sie?«
Die Zicke von der Hausverwaltung verhöhnte mich mit ähnlichen Klängen. »Es tut mir leid, Ms Zarlin, aber ihr Büro wurde bereits neu vermietet. Wir haben aber noch einen Scheck für Sie, Ihre Kaution, natürlich abzüglich der Reinigungskosten. Außerdem mussten wir in den Räumen einige Reparaturen vornehmen, daher fürchte ich …« Ich nahm das Telefon vom Ohr: Das Stakkato der Frau hörte sich an, als würde jemand die Blasen einer Luftpolsterfolie in schneller Folge zum Platzen bringen.
Sehnsüchtig dachte ich an meine Büroküche und den Geruch nach frischem Kaffee und mexikanischem Gebäck zurück. »Ich würde gern mit den neuen Mietern sprechen.« Was bedeutete, dass ich mir Hoffnungen machte, ich könnte sie dazu bringen, sich die Sache noch einmal anders zu überlegen. Ich könnte ihnen die Termitenschwärme beschreiben, den allgegenwärtigen Modergeruch und die wütenden Männer und Frauen, die regelmäßig das Büro der Wiederbeschaffungsspezialistin nebenan stürmten.
»Es wäre unethisch, diese Information weiterzugeben«, entgegnete Ms Kraft eisern.
»Schon verstanden. Sie haben die Miete erhöht.«
»Keineswegs. Das würde der Markt derzeit nicht hergeben. Aber der neue Mieter hat für sechs Monate im Voraus bezahlt.«
»Wie auch immer«, schnaubte ich. »Aber gestatten Sie ihm nicht, auch nur fünf Minuten vor Monatsende einzuziehen, oder ich zerre ihn an den Ohren zur Tür raus.«
Doch die Veränderungen hatten in meiner Abwesenheit bereits begonnen, wie ich feststellen musste, als ich mein Fahrrad auf den Hof des Bungalowkomplexes
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