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Ein schmutziges Spiel

Ein schmutziges Spiel

Titel: Ein schmutziges Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Keskinen
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Krone der großen Kiefer hinter der Garage pfiff. »Denk gar nicht daran, einfach ohne mich davonzulaufen, Mädchen«, murmelte er, als er schließlich den Kiesweg überquerte.
    Als Mike an die Tür hämmerte, verstummten lediglich die Grashüpfer, also stelzte er um die Ecke des Hauses, ohne den 270-Grad-Ausblick zu würdigen. Das Küchenfenster war unverhängt.
    Er drückte die Nase an das Glas und lugte hinein. Zu seiner Erleichterung stand der gelbe Resopaltisch immer noch unter dem Fenster. Und sollte Jaymie die Stadt verlassen haben, dann hatte sie sich nicht die Mühe gemacht, vorher sauber zu machen: Auf der Arbeitsplatte stapelte sich das schmutzige Geschirr.
    Die Erleichterung hielt ungefähr eine Minute an, ehe ihn eine neue Woge der Sorge überrollte. War irgendetwas passiert, etwas Schlimmes? Er pochte heftig an das Küchenfenster und brüllte ihren Namen. »Jaymie! Jaymie, bist du da drin?« Die Stille ängstigte ihn.
    Mit drei Schritten erreichte er die Küchentür. Sie war verschlossen, aber das alte, von Sonne und Salz morsche Holz bot nicht viel Widerstand. Er drückte die Schulter dagegen, und die Tür zerbarst wie ein Haufen Mikadostäbchen.
    Mike fiel halb hinein, konnte seinen Sturz aber abfangen und stürmte durch sämtliche Räume. Das Haus war leer.
    Er ging ein zweites Mal in Jaymies Schlafzimmer und blieb neben dem nicht gemachten Bett stehen. Die Decke war zurückgeschlagen. Kleidung lag verstreut auf dem Boden.
    Mike bückte sich und hob ein T-Shirt auf, das ihm vertraut war. Er drückte sich den dunkelblauen Stoff an Nase und Mund und atmete tief ein. Ihr Duft, schwach, aber unverkennbar, verstärkte seine Sorge nur noch mehr. Bitte, mach, dass es ihr gut geht.
    »Was in Gottes Namen tust du hier?«
    Mike wirbelte um die eigene Achse und sah Jaymie auf der Schwelle stehen, die Hände in die Hüften gestemmt. Ihr Haar sah aus, als hätte sie es seit Tagen nicht gekämmt, doch in ihren Augen lag ein Ausdruck großer Selbstbeherrschung.
    »Ich dachte, du wärst … ich …« Er ließ das belastende Kleidungsstück zu Boden fallen.
    »Lass mich raten. Du dachtest, ich wäre verschwunden, also hast du beschlossen, an meinem T-Shirt zu schnüffeln. Warum, wolltest du meine Witterung aufnehmen?«
    »Äh … ich …« Ihm fiel keine plausible Antwort ein.
    »Ja?«
    »Eigentlich habe ich gebetet.« Seine Kehle fühlte sich an wie zugeschnürt. »Gebetet, dass es dir gut geht.«
    »Alles, was ich anfasse, verwandelt sich in Scheiße.« Ich hob die bernsteinfarbene Flasche hoch und ließ mir die letzten Tropfen Bier in den Hals rinnen. »Kannst du Dexter eine Weile nehmen, Mike? Er kann die Tierklinik morgen oder so verlassen. Ich bin einfach nicht imstande, mich um ihn zu kümmern.«
    »Du willst den Hund weggeben? Mein Gott, Jaymie, so was tun Leute, die selbstmordgefährdet sind.«
    »Ich bin nicht selbstmordgefährdet, und ich gebe Dex nicht weg. Ich … ich glaube nur, für den Augenblick ist er bei dir vielleicht besser aufgehoben.«
    »Und ich glaube, damit könntest du sogar recht haben.« Der alte Aluminiumgartenstuhl quietschte, als Mike sein Gewicht verlagerte.
    »Wie auch immer, für mich ist es Zeit, meine Zelte abzubrechen und weiterzuziehen. Ich passe einfach nicht ins Paradies.« Ich umfasste die leere Flasche mit beiden Händen.
    »Paradies – die amerikanische Riviera – das ist Handelskammergerede, und das weißt du. Die ganze Welt ist eine Vorhölle, auch diese Stadt hängt irgendwo zwischen Himmel und Hölle fest.«
    »Tiffany Tang wäre anderer Meinung. Du solltest Ihren Werbetext lesen. Ein Stückchen Paradies auf Erden: El Balcón 12 .«
    »Schätze, es kommt ganz drauf an, was wir draus machen.« Mike beugte sich vor. »Jaymie? Was kann ich tun, um dir zu helfen? Abgesehen davon, dir die Wanderstiefel fester zu schnüren?«
    Ich ging nicht auf die Stichelei ein. »Tun? Gar nichts. Nein, warte mal …« Ich arbeitete emsig daran, das Etikett von der Flasche zu pulen. »Etwas gibt es da doch. Nicht für mich, für den Fall.«
    »Und das wäre?«
    »Du weißt doch noch, dass ich dir erzählt habe, dass Danny in die Garderobe gegangen ist, weil ihn jemand gerufen hat. Ich habe dir auch erzählt, dass er, als er den Mann nachgeahmt hat, mit tiefer, hohler Stimme gesprochen hat, so ähnlich wie bei einer Ansage oder Durchsage.«
    »Ja, ich erinnere mich.«
    »Später musste ich an etwas denken, das mir in der Garderobe aufgefallen war.«
    Mike fixierte mich mit seinem

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