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Ein schneller Sieg

Ein schneller Sieg

Titel: Ein schneller Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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sechsgliedrige Baumkater gehörte eigentlich in die Wälder aus Kroneneichen und Pfostenbäumen in geringeren Höhen, doch auch er war hier in den Gopper Walls zu Hause. Er hatte in Honors Kindertagen genügend Zeit damit verbracht, gemeinsam mit ihr die Flanken des Gebirges zu erklimmen.
    Er tollte über den nackten Fels, und sie bereitete sich innerlich auf seinen Sprung in ihren Schoß vor, gerade noch rechtzeitig. Er landete mit einem dumpfen Schlag; sein T-Gewicht von etwas mehr als neun Kilogramm wuchs unter sphinxianischer Scherkraft auf zwölfeinhalb, und Honor ächzte.
    Wenn Nimitz davon beeindruckt war, so ließ er es sich wenigstens nicht anmerken. Er erhob sich aufs Hinterteil, legte Honor die Handpfoten seiner Körpermitte auf die Schultern und sah ihr mit hellen, grasgrünen Augen ins Gesicht. Beinahe menschliche Intelligenz musterte sie aus diesen sehr nichtmenschlichen Augen, dann berührte er sie mit einer langfingrigen Echthand an der linken Wange und stieß ein leises, erleichtertes Aufseufzen aus, als die Haut auf den sanften Druck reagierte.
    »Nein, es hat noch immer nicht aufgehört zu funktionieren«, sagte sie und strich ihm mit den Fingern über das flauschige Fell. Wieder seufzte er, diesmal ungeniert vor Vergnügen, und kauerte sich mit summendem Schnurren nieder. Wie eine schlaffe, schwere Wärmequelle ruhte er auf ihren Oberschenkeln, und seine Zufriedenheit ging auf sie über. Sie hatte von je gewußt, daß er ihre Gefühle spüren konnte, und oft hatte sie sich gefragt, ob sie die seinen wirklich ebenfalls spürte oder sich das nur einbildete. Ein Jahr zuvor hatte er schließlich bewiesen, daß sie es in der Tat konnte, und nun genoß sie seine Zufriedenheit, als wäre sie ihr Eigentum, und kraulte ihm den Rücken.
    Ruhe senkte sich über sie, durch die frische, scharfe Brise eher betont als gestört. Honor gestattete der Ruhe, sie zu erfüllen, während sie es genoß, auf dem Felsvorsprung zu sitzen, der schon seit ihrer Kindheit ihr Lieblingsplatz war. Sie war die Herrin von allem, was sie erblickte, und fragte sich, wer sie wirklich sei, Captain Dame Honor Harrington, die Gräfin von Harrington, Ritter im Orden von König Roger. Wenn sie Uniform trug, strotzte das weltraumschwarze Jackett vor Ordensbändern: dem Manticore Cross, dem Stern von Grayson, dem D.S.O. (Distinguished Service Order, Auszeichnung für hervorragende Leistung im Gefecht), der C.G.M. (Conspicuous Gallantry Medal, Orden für herausragende Tapferkeit) mit Sternhaufen, dem blutroten Band des Danks der Monarchin mit zwei Sternhaufen, zwei Verwundetenabzeichen … und die Liste ging noch weiter. Bis vor kurzem hatten ihr diese Auszeichnungen viel bedeutet, diese Anerkennungen ihrer Leistungen und Fähigkeiten. Auch jetzt noch war sie stolz darauf, aber sie waren nicht mehr der Stoff, aus dem die Träume sind. Honor hatte zu genau erfahren, womit diese kleinen Stoffbänder erkauft werden mußten.
    Nimitz hob den Kopf und drückte die Spitzen seiner Krallen leicht durch ihre Hose, um anzumerken, wie unzufrieden er mit dem Verlauf ihrer Gedanken sei. Entschuldigend streichelte sie ihm die Ohren, die Gedanken aber verfolgte sie weiter; diese Gedanken waren der Grund, warum sie die letzten vier Stunden damit verbracht hatte, zur Zuflucht ihrer Kindheit hinaufzuklettern. Nimitz musterte sie noch einen Augenblick lang, dann seufzte er resigniert, legte das Kinn in die Echthände und überließ Honor ihren Überlegungen.
    Sie berührte sich an der linken Gesichtshälfte und spannte unter ihren Fingern die Wangenmuskulatur.
    Acht sphinxianische Monate – beinahe ein ganzes T-Jahr – rekonstruierender Chirurgie und Therapie hatte es gebraucht, bis sie so weit war. Ihr Vater war einer der besten Neurochirurgen Manticores, und dennoch hatte der Schaden durch den Disruptorschuß selbst seine Fertigkeiten auf die Probe gestellt, denn Honor gehörte zu der Minderheit, die auf Regenerationstherapien nicht ansprach.
    Und ohne Regeneration kam es bei Nervenreparaturen stets zu Funktionsverlusten. In Honors Fall war der Verlust ungewöhnlich ernst und kompliziert gewesen, weil ihr Körper eine starrsinnige Neigung aufwies, Transplantationen gewöhnlichen Gewebes abzustoßen. Gleich zwei Nervenersetzungen waren fehlgeschlagen; am Ende war Dr. Alfred Harrington keine andere Wahl geblieben, als künstliche Nerven mit starken Übertragungsverstärkern zu verwenden, und die fortwährenden chirurgischen Eingriffe, die häufigen

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