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Ein schöner Ort zu sterben

Ein schöner Ort zu sterben

Titel: Ein schöner Ort zu sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malla Nunn
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und schaute Paul an. »Wir wollen schließlich keinen toten Polizisten am Hals haben.«
    Emmanuel spürte, wie Henricks ganzes Gewicht von ihm gezogen wurde. Der Schmerz aber blieb, in Wellen rollte er von den Zehen bis in den Kopf. Seine Lippen waren angeschwollen und aufgeplatzt, was es schon allein sprachlich schwierig machte, die Pretorius-Brüder noch weiter zu reizen. Er hörte seinen eigenen Stoßatem. Wenn es noch eine Stunde so weiterging, hatten sie Hackfleisch aus ihm gemacht.
    »Jetzt begreifen Sie es allmählich, oder?«, sagte Piet. »Sie stecken bis zum Hals in der Scheiße.«
    Emmanuel zuckte die Achseln. Er wusste selbst, dass er in Schwierigkeiten war. Sein Gesicht, seine Brust und sein Magen meldeten es ihm.
    »Bring das Mädchen her!«, befahl Piet seinem Partner. Emmanuel richtete sich auf. Er hatte Angst, um sich selbst ebenso wie um Davida, die in ihrem weißen Baumwollnachthemd so verletzlich aussah wie eine Nymphe. Heute war für keinen ein guter Morgen. Wenn man bedachte, was Mrs. Ellis gerade durchmachte, die wusste, dass ihr Mädchen bei bewaffneten und gewalttätigen Männern eingesperrt war. Selbst King musste begriffen haben, dass er einer Macht die Tür geöffnet hatte, die er nicht mehr im Griff hatte.
    »Keine Angst«, sagte Piet zu Emmanuel, während Davida grob zum Fußende des Bettes gestoßen wurde. »Die körperliche Züchtigung ist vorbei. Jetzt kommen wir zu einer länger andauernden Strafe. Einer, die Sie mir freundlicherweise selbst in die Hand gespielt haben, in Gestalt dieses Mädchens.«
    Emmanuel versuchte aufzustehen, aber Henrick drückte ihn knurrend aufs Bett zurück. Er blickte Davida an und sah in ihren grauen Augen die Angst. Tränen liefen ihr über die Wangen, doch sie gab keinen Laut von sich.
    »War sie es wert?«, fragte Piet. »Ich hoffe es, denn die nächsten paar Jahre werden Sie im Gefängnis zubringen und sich fragen, warum Sie für eine Nacht im Lotterbett Ihr ganzes Leben und Ihre Karriere weggeworfen haben.«
    Emmanuel legte seine geschwollene Zunge an den Gaumen, bis das Gefühl einigermaßen zurückkehrte. Er wollte Davida unbedingt aus dem Zimmer und aus der Gefahrenzone schaffen, selbst wenn er dabei gegen van Niekerks strikte Anweisung verstieß, seine Vergangenheit geheim zu halten.
    »Kein Gesetz gebrochen.« Es gelang ihm, die drei Worte zwar lallend, aber immerhin verständlich auszusprechen.
    Dickie kicherte. »Haben Sie vergessen, in was für einem Land Sie leben? Sie sind mit einer Nicht-Weißen erwischt worden. Dafür kommen Sie in den Knast.«
    »Nicht weiß«, lallte Emmanuel und stellte sich dabei van Niekerks Reaktion auf das vor, was er gerade anrichtete.
    »Ich bin im Bilde, dass sie keine Weiße ist«, sagte Piet. »Deshalb gehen Sie ja auch vor die Hunde.«
    »Nicht weiß«, wiederholte Emmanuel.
    Piet starrte ihn einen Moment perplex an.
    »Erzählen Sie keinen Scheiß.« Er griff nach Emmanuels Hand und suchte die Haut unter den Fingernägeln nach dunklen Pigmenten ab. Dieser Idiotentest reichte allgemein als wissenschaftlicher Nachweis der Hautfarbe aus. Glucksend ließ er die Hand los. »Sie sind genauso weiß wie Dickie und ich.«
    Emmanuel beugte sich vor und hob einen seiner Füße bis zum Knie hoch. Er fuhr mit einem Finger unter die Innensohle des Schuhs und zog ein Blatt Papier hervor.
    »Da ist ja die verlorengegangene Geheimdienstakte …« Piet grinste. Die meisten Verhöre waren stinklangweilig. Immer dieselben Fragen, das unglaubwürdige Abstreiten, das stundenlange Prügeln. Es gab in seinem Job einfach keine echten Überraschungen mehr.
    Piet entfaltete das Blatt und stieß, kaum dass er zu Ende gelesen hatte, einen überraschten Pfiff aus.
    »Der kleine Emmanuel Kuyper«, murmelte er. »Ich kann mich noch an die Fotos erinnern, die es von Ihnen in der Zeitung gab. Von Ihnen und Ihrer kleinen Schwester. Das ganze Land hat über sie beide Tränen vergossen.«
    »Wovon redest du überhaupt?«, fragte Dickie, der dem Gespräch zu folgen versuchte. Er las nicht viel, nicht einmal die Klatschblätter, in denen es mehr Bilder als Text gab.
    »Emmanuel Kuyper – das war sein Name, bevor er ihn geändert hat, vermutlich, um nicht mehr mit seinen legendären Eltern in Verbindung gebracht zu werden«, erklärte Piet. »Unser Cooper hier ist der Junge, dessen Vater vom Vorwurf des Totschlags freigesprochen wurde, nachdem die Jury befunden hatte, dass er Grund hatte, anzunehmen, dass der Vater seiner Kinder ein

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