Ein Schöner Ort Zum Sterben
ihr angeht …«
»Jean-Louis ist ein sehr netter Junge! Sensibel und wohlerzogen. Und außerdem hat er einen Titel – lach nicht, Katie! Das ist nicht lustig!« Adelines Stimme schnappte über.
»Es tut mir Leid. Ich weiß, dass es nicht lustig ist, aber es ist albern und versnobt! Ich will nicht Comtesse irgendwas sein!«
»Dann bist du ein sehr dummes Mädchen!« Katie hatte ihre Mutter noch niemals so wütend und entschieden erlebt. Sie verstummte und starrte Adeline erstaunt an, als ihre schrille Stimme durch den Raum hallte. Adeline nutzte ihren Vorteil.
»Du glaubst, diese Dinge würden nichts zählen, weil du jung bist. Aber sie zählen eine Menge, wie du bald herausfinden wirst. Wenn ich sterbe, wird dieses Haus einmal dir gehören …«
»Rede nicht davon! Das macht mir Angst! Du bist nicht krank, jedenfalls nicht so …« Katie brach ab und lief dunkelrot an. Doch Adeline war zu sehr von ihrem eigenen Vortrag gefangen, um auf die Worte ihrer Tochter zu achten.
»Sei still und hör zu! Es steht alles in meinem Testament. Ich habe dir das Haus mitsamt allem Mobiliar vermacht, alles, was mir gehört, und das bedeutet das meiste hier.«
»Was ist mit Daddy?«, flüsterte Katie.
»Was soll schon mit ihm sein? Wenn ich vor ihm sterbe, dann weiß ich genau, was dein Vater tun wird! Er wird jemand anderes heiraten! Nun ja, soll er! Doch er wird sie nicht als seine Mätresse nach Park House bringen! Dieses Haus gehört den Devaux! Ich bin eine Devaux, und das gleiche gilt für dich!«
»Ich bin aber eigentlich eine Conway.« Verwirrung zeigte sich auf dem dünnen Gesicht ihrer Mutter, bevor Verständnis aufkeimte und Zorn in ihren Augen brannte.
»Du redest Unsinn! Du bist meine Tochter, du bist eine Devaux! Wenn dein Vater nach meinem Tod wieder heiraten und ich dir nicht das Haus vermachen würde, könnte seine neue Frau einen Sohn gebären, und die Familie würde das Haus verlieren, einfach so! Derartige Dinge habe ich schon erlebt! Anderen zu vertrauen funktioniert nicht immer. Clevere Rechtsanwälte finden für alles Auswege! Oder das Geld wird schlecht investiert, und dann stellt sich heraus, dass nichts mehr übrig ist! Deswegen ist es auch so wichtig, wen du heiratest! Mach nicht den gleichen Fehler wie ich!« Ihre Tochter war bleich geworden.
»Ich glaube nicht, dass du so über Daddy reden solltest. Er ist kein Betrüger! Ich liebe euch beide, kannst du das denn nicht verstehen? Warum können wir nicht … warum können wir nicht sein wie andere Familien auch?«
»Weil«, entgegnete ihre Mutter wütend,
»weil wir nicht irgendeine andere Familie sind! Wir sind die Devaux! Würdest du mich so lieben, wie du es sagst, dann würdest du nicht ununterbrochen mit deinem Vater zusammenarbeiten, um meine Pläne zu vereiteln! Dein Vater hat dich gegen Paris aufgewiegelt!« Ihre Augen glitzerten, und sie hatte angefangen zu schwitzen. Katie wusste, dass der Zeitpunkt gekommen war, den Streit zu beenden, oder ihre Mutter würde einen ihrer Nervenzusammenbrüche erleiden. Doch in ihr regte sich die jugendliche Rebellin.
»Das ist die reinste Erpressung! Emotionale Erpressung nenne ich das! Und ich finde es abscheulich! Alles in mir sträubt sich, wenn du so redest! Ich will nicht nach Paris! Mir gefällt es hier! Ich will mit meinen Freundinnen ausgehen und mich hier amüsieren! Und ich werde hier bleiben! Ich gehe nicht nach Paris!« Sie sprang auf und rannte aus dem Zimmer.
»Katie, komm zurück!«, kreischte Adeline, und ihre Stimme hallte durch das Obergeschoss hinter ihrer flüchtenden Tochter her.
»Nun beruhigen Sie sich, Liebes!«, sagte eine feste und entschlossene Stimme. Prue Wilcox schob sich ins Zimmer, gekleidet in eine lockere Strickjacke.
»Wir wollen uns doch nicht aufregen, oder?«
»Und ob ich mich aufrege!«, kreischte Adeline.
»Habe ich nicht allen Grund dazu?« Sie warf die Decke zurück und wollte ihre ausgemergelten Gliedmaßen aus dem Bett hieven.
»Na, na, bleiben Sie noch ein wenig liegen!« Sanft schob Prue sie auf das Bett zurück.
»Ich lasse Ihnen ein Bad einlaufen und helfe Ihnen gleich beim Aufstehen, wenn Sie sich ein wenig beruhigt haben.«
»Aber ich muss mit Katie reden! Sie muss doch einsehen …«
»Später. Katie muss jetzt los, wenn sie den Schulbus noch erreichen will. Wenn Sie sich noch weiter aufregen, muss ich Dr. Barnes rufen.« Adeline schien in sich zusammenzufallen.
»Ich will keinen Doktor!«, flüsterte sie.
»Dann müssen wir tun, was ich
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