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Ein schottischer Sommer: Roman (German Edition)

Ein schottischer Sommer: Roman (German Edition)

Titel: Ein schottischer Sommer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maryla Krüger
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und legte sein Ohr an die Ziegelmauer. Klick-klick.
    „Ich weiß nicht, Mac“, sagte er. „Das scheint irgendwie von drüben zu kommen.“
    „Das ist der Zahn der Zeit, der daran nagt, Kleiner. Mach dir keinen Kopf!“ Der Alte schaute dem Jüngeren ins Gesicht, legte schließlich sein Brot beiseite, rieb sich lächelnd die Hände und erhob sich von der Bank. „Weißt du, ich kenn da einen alten Reim. Den hat mir noch mein Großvater beigebracht. Soll ich?“ Er zwinkerte.
    Das Gesicht des Jüngeren hellte sich merklich auf, und er nickte. „Leg los, Mac! Kann nicht schaden, denke ich.“
    „Aye, also.“ Der Alte räusperte sich noch einmal, holte einen kleinen Flachmann aus der Hosentasche und stellte sich so gerade hin, wie es sein kaputter Rücken zuließ. Er hob die Flasche wie zu einem Toast und rief in der Mundart der frühen Schotten:
    „Und wenn ich hier nun sterben sollt
    Zwischen Heide, Moos und Stein
    Wenn ihr Geister mich nun holt
    Wird es nicht leicht für euch sein
    Aye, ihr Teufel! Fangt an zu beten!
    Denn des Whiskys brennend Geist
    Wird euch in den Hintern treten.“
    Beide Arbeiter brachen in haltloses Gelächter aus – bis das von fern erklingende, kaum wahrnehmbare Lachen eines Dritten mit einstimmte.
    Die beiden Arbeiter verstummten. Sie blickten sich an und spürten eine Kälte, die ihnen plötzlich in den Hemdkragen kroch. Sie sahen, wie der Mörtel sich an einigen Stellen zu Staub auflöste.
    Dann brach die gesamte Wand in sich zusammen.

Erster Teil
    Unglaube
    Glaube nicht, dass der Unglaube dir zu Hilfe kommen wird, wenn du den Tatsachen ins Auge sehen musst.

Ein Jobangebot
    Schottland – Edinburgh – drei Wochen später
    Es war ein geräumiges Vorzimmer mit zwei großen Fenstern, die einen herrlichen Blick auf den Park boten. Die Wände waren nur zum Teil tapeziert, ansonsten hatte man die alten Steinmauern naturbelassen. In anderen Räumen hätte dies wohl gemütlich gewirkt, doch hier hatte ich das Gefühl, dass dem Ganzen etwas Verschrobenes anhaftete. An den Wänden hingen vergilbte Fotografien von Männern mit langen Bärten und Zylindern, die seltsame Gerätschaften in die Kamera hielten. Darunter standen in der einen Ecke ein mannshoher Ficus, der unbedingt gegossen werden sollte, und daneben eine lange Reihe Vitrinen, die mit unzähligen Urkunden und Orden, weiteren obskuren Gerätschaften und Unmengen von Büchern gefüllt waren.
    In der anderen Ecke blickte das gemalte und lebensgroße Abbild eines altertümlichen Schotten unter seiner keck bis auf das rechte Ohr geschobenen Mütze auf mich herab. Bei genauerer Betrachtung erweckte Braveheart den Anschein, als würde er schielen und einen Drall zur linken Seite haben – so als könne er jeden Moment aus dem Bild kippen. Ich fragte mich, ob das Modell, der Künstler oder alle beide betrunken gewesen waren, und verwandelte mein erheitertes Prusten diskret in ein Räuspern. Die ältere Dame hinter dem Schreibtisch blickte von ihrer Tastatur auf, schob ihre goldene Brille auf die Nasenspitze herab und lächelte mich an. Ich erwiderte das Lächeln, strich mir eine Haarsträhne aus den Augen und versuchte, einigermaßen seriös zu wirken, als mein Blick auf den Nachttopf fiel. Er stand im untersten Regal zwischen einer rostigen Öllampe und der bauchigen Figur einer Schwangeren und war mit kleinen, nackten, tanzenden Teufeln bemalt.
    Immer mehr hatte ich das Gefühl, in einer schlechten Folge von Versteckte Kamera mitzuspielen. Ich glaubte nicht an Geister und Spuk, und trotzdem hockte ich auf diesem Stuhl, klammerte mich an meine Ledermappe und blickte zum zehnten Mal auf das goldglänzende Türschild. Der Wortlaut blieb jedoch stets der gleiche.
    The Royal Crookes Institut für paranormale Phänomene
    Edinburgh, Schottland
    Leitung: Prof. J. R. Sutherland
    Auch die Tatsache, dass ich auf eine Einladung hin hier war, machte die ganze Sache in meinen Augen nicht besser.
    Wann hatte ich eigentlich den Weg einer konstruktiven Berufslaufbahn verlassen und den Pfad hin zu einer zum Scheitern verurteilten Karriere eingeschlagen?
    Früh!, sagte meine innere Stimme. Sehr früh!
    Meine Mutter hatte damals recht gehabt, als sie sagte: „Kind, was willst du nur mit einem Philosophiestudium?“
    In meinem jugendlichen Eifer hatte ich natürlich dagegengehalten, doch dreieinhalb Semester später hatte ich mich das Gleiche gefragt und das vierte kurzerhand in den Wind geschrieben. Ich war schon immer so. Meine armen Eltern

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