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Ein Schritt ins Leere

Ein Schritt ins Leere

Titel: Ein Schritt ins Leere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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nicht bemerkt, wie sie an ihm abprallte? Der Schuft ist zu gescheit.»
    «Meinst du, wir sollten um Hilfe brüllen?»
    «Noch nicht. Ich glaube nämlich nicht, dass uns irgendjemand hören würde, und außerdem kann ich es nicht ertragen, hier im Dunkeln auf den Tod zu warten und dabei der Möglichkeit des Sprechens beraubt zu sein. Lass uns mit dem Rufen und Schreien bis zum allerletzten Moment warten, Bobby Siehst du» – ihre Stimme zitterte –, «es ist so tröstlich, mit dir reden zu können.»
    «Schilt mich lieber, dass ich dich in eine so furchtbare Lage gebracht habe!»
    «Du? Bobby, es ist doch nicht deine Schuld. Denkst du, er wird uns tatsächlich aus dem Weg räumen?»
    «Ja, Frankie. Er ist so entsetzlich gründlich!»
    «Wenn er nun auch Henry Bassington-ffrench aus dem Weg geräumt hätte? Unter einer Voraussetzung wäre das nämlich möglich: dass Sylvia mit ihm unter einer Decke steckte.»
    «Frankie…!»
    «Ja, der Gedanke ist furchtbar. Doch weshalb war Sylvia so blind hinsichtlich der Morphiumsucht ihres Gatten? Warum setzte sie uns so hartnäckigen Widerstand entgegen, als wir sie zu überreden versuchten, ihren Gatten in ein anderes Sanatorium zu schicken als den Birkenhof? Und ferner: Sie befand sich, als der Schuss abgefeuert wurde, im Haus…»
    «Dann kann sie es auch selbst getan haben», warf Bobby ein.
    «O nein. Das nicht.»
    «Und hinterher gab sie den Schlüssel vom Arbeitszimmer dem Doktor, der ihn später angeblich in Henrys Tasche fand.»
    «Ach, es ist alles so verdreht!», stöhnte Frankie verzweifelt auf. «Gerade, als gucktest du in einen Vexierspiegel. All die Menschen, die normal und recht zu sein scheinen, sind in Wirklichkeit falsch und verkehrt! Es müsste eine Möglichkeit geben, die Verbrecher zu erkennen – an den Brauen oder den Ohren oder an sonst was.»
    «Gerechter Gott!», schrie Bobby plötzlich.
    «Was ist?»
    «Frankie, das war nicht Nicholson, der eben mit der Kerze hier hereinkam.»
    «Bist du verrückt geworden? Wer war es denn?»
    «Das weiß ich nicht – Nicholson aber auf keinen Fall. Die ganze Zeit über hatte ich schon das Gefühl, dass da irgendwas nicht stimmte, aber ich konnte es nicht herausfinden. In diesem Moment, wo du von den Ohren sprichst, fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Als ich Nicholson neulich abends durch den Vorhangschlitz beobachtete, fielen mir besonders seine Ohren auf, deren Läppchen mit der Wange verwachsen sind. Aber die Ohren unseres Kerkermeisters haben eine andere Form. Das bedeutet nichts anderes, als dass ein sehr begabter Schauspieler als Dr. Nicholson auftritt.»
    «Aber warum… und wer könnte es sein?»
    «Bassington-ffrench», sagte Bobby. «Roger Bassington-ffrench! Anfänglich hatten wir auf den richtigen Mann getippt, um hernach, wie Idioten, Irrlichtern nachzujagen.»
    «Bassington-ffrench», wisperte Frankie. «Bobby, du hast Recht. Er muss es sein. Er war als Einziger dabei, als ich Nicholson wegen seines Interesses für Unfälle aufzog.»
    «Nun können wir mit dem Leben abschließen», meinte Bobby düster. «Ich hatte noch eine ganz schwache Hoffnung, dass Roger uns durch ein Wunder aufspüren würde. Vorbei! Moira eine Gefangene, du und ich an Händen und Füßen gefesselt! Niemand weiß, wo wir uns befinden. Das Spiel ist aus, Frankie.»
    Während er noch das letzte Wort sprach, wurde oben auf dem Dach ein Geräusch laut; in der nächsten Sekunde fiel mit einem schrecklichen Krach ein schwerer Körper durch das Oberlicht.
    Es war zu dunkel, um irgendetwas zu sehen.
    «Was zum Teufel ist…», begann Bobby.
    Und schon sprach eine Stimme mitten aus einem Haufen von Glasscherben heraus.
    «B-b-b-bobby», stotterte sie.
    «Verdammt will ich sein, wenn das nicht Badger ist!», staunte Bobby.

29
     
    E s war keine Minute zu verlieren, denn schon drang von unten das Geräusch von Schritten herauf.
    «Rasch, Badger, du Narr!», rief Bobby. «Zieh mir einen Schuh aus. Rasch! Keine Fragen. Wirf ihn dort in die Mitte und kriech schleunigst unters Bett! Schneller, schneller!»
    Die Schritte kamen näher. Der Schlüssel knirschte.
    Nicholson – der Pseudo-Nicholson – stand auf der Schwelle, die Kerze in der Hand.
    Er sah Bobby und Frankie, wie er sie verlassen hatte, aber mitten im Zimmer glitzerte es von Glasscherben, und inmitten der Glasscherben thronte ein Schuh!
    Nicholsons Blicke wanderten in offenkundigem Staunen von dem Schuh zu Bobby, verweilten auf dessen schuhlosem Fuß. «Donnerwetter, ein

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