Ein schwarzer Vogel
Hockley einen Paß für Südamerika beantragt hatte, und wollte verhindern, daß er dort hinfliegt; Falls er doch reisen sollte, wollte Sharpies ihm folgen und außerdem Bertha auf seine Fährte setzen. Aber vor allem wollten sie verhindern, daß Hockley die Reise überhaupt unternahm. Sie glaubten, sie könnten ihn mit den zweitausend Eiern für eine Weile an die Rennbahn fesseln. Daß das mißlang, läßt darauf schließen, daß Hockley einen sehr stark begründeten Verdacht gehegt haben muß, daß in Kolumbien dunkle Dinge vorgingen, die ihm verheimlicht werden sollten. Aber Shirleys Zweitausend-Dollars-Spende brachte ihr etwas anderes ein. Sie ließ bei Hockley eine Handvoll hübscher, blauer Kupfersulfatkristalle mitgehen, die als >Gift< bezeichnet waren, und hatte Gelegenheit, auf seiner Schreibmaschine eine Adresse zu tippen. Dadurch war ihr Besuch nicht ganz ergebnislos.«
»Nur weiter«, ermunterte mich Sellers. »Ich höre Ihnen gern zu, wenn das auch im Moment alles ist, was ich tun kann.«
»Es gibt zwei Personen, für die es ernste Folgen haben konnte, wenn Cameron Murindos Geheimnis erfahren hatte und davon Gebrauch machen würde. Die eine war Juanita Grafton und die andere Shirley Bruce.«
»Wie sind Sie überhaupt dahintergekommen?« fragte Sellers, ganz offensichtlich, um Zeit zu gewinnen.
»Ich hatte zahllose kleine Hinweise. Als ich Juanita Grafton das erstemal sah, bekam sie einen Wutanfall über das Mädchen, das angeblich ihre Tochter war. Später sah ich sie bei Shirley Bruce wieder, die sie mit einer Hingabe verwöhnte, die nur eine Mutter ihrem eigenen verzogenen Kind gegenüber an den Tag legt. Hier in Los Angeles wurde mir erzählt, daß Juanita in den Vereinigten Staaten das Leben einer Dame führt, während sie in Südamerika wie ein Pferd arbeitet. In Kolumbien erzählte man mir das Gegenteil, nämlich, daß sie dort die Dame spielte und sich in den Vereinigten Staaten als Hausmädchen verdingt. Murindo, der Verwalter des Bergwerkes, war ein Mann, der weder lesen noch schreiben konnte, aber er hinterließ in Kolumbien ein respektables Bankkonto. Er wußte etwas, das er für Geld preisgeben wollte. Es bezog sich auf eine Tochter und ein Kindermädchen. Wenn Sie das nun alles hübsch aneinanderreihen und dann auch noch auf der einen Seite die Familienähnlichkeit zwischen Juanita Grafton und Shirley Bruce berücksichtigen und auf der anderen Seite die Tatsachen, daß es zwischen Juanita und ihrer angeblichen Tochter nicht die geringste Ähnlichkeit gibt — Mann, dann brauchen Sie kein Detektiv zu sein, um sich auszurechnen, was gespielt wurde.«
Sellers zog eine Zigarre aus der Tasche, biß die Spitze mit den Zähnen ab und entzündete ein Streichholz. »Das ist ein schönes Durcheinander. Wenn ich mit der Geschichte zu meinen Vorgesetzten im Präsidium komme, werden sie mich fragen, seit wann Kommissare ihr Gehalt dafür bekommen, hinter Irrlichtern herzujagen. Aber erzählen Sie ruhig weiter, Donald. Es ist eine hübsche Story.«
»Die Person, die Cameron ermordete, war schon vorher bei ihm. Es war jemand, der mit einem Messer umgehen konnte. Nun versetzen Sie sich in Camerons Lage. Sie haben herausgebracht, daß Shirley als Kind vorsätzlich vertauscht wurde. Sie halten ihre Beweise für zutreffend. Aber Sie gehören nicht zu den Leuten, die hinter dem Rücken anderer etwas unternehmen. Was tun Sie also? Wen würden Sie sich kommen lassen, wenn Sie einen der Betroffenen vor sich haben und alles aufklären wollen? Wen würden Sie dann anrufen und sagen: Kommen Sie bitte sofort her! Es hat sich ergeben...«
»Natürlich den anderen Erben«, warf Sellers ein.
»Ganz richtig. Sie würden Robert Hockley anrufen und ihm sagen, daß Sie etwas äußerst Wichtiges erfahren hätten, denn in Kolumbien hätten Sie Beweise dafür gefunden, daß...Und in diesem Moment würde Ihnen ein Messerstich die Lippen für immer verschließen.«
»Warum hat Hockley denn nichts von diesem Telefongespräch gesagt?«
»Hockley tat etwas anderes. Er flog nach Südamerika, um selbst an Ort und Stelle nachzuforschen.«
»Aber ich denke, Cameron hatte den Tausch der Kinder bei seinem letzten Aufenthalt in Südamerika bereits aufgedeckt?«
»Das hatte er auch, aber ihm fehlten noch schlüssige Beweise. Darum stellte er nach seiner Rückkehr hier weitere Nachforschungen an. Es dauerte einige Zeit, bis er Señora Lerida ausfindig machte. Nachdem er mit ihr gesprochen hatte, ließ er Juanita Grafton zu sich
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