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Ein seltsamer Ort zum Sterben

Ein seltsamer Ort zum Sterben

Titel: Ein seltsamer Ort zum Sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Derek B. Miller
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Abermillionen von Menschen. Als ich mich freiwillig meldete, stand Stalin an der Spitze der Sowjetunion und entwickelte nukleare Waffen, die auf uns gerichtet werden sollten. Der einzige Grund, weshalb wir ihn nicht genauso gehasst haben wie Hitler, war die massive Propaganda während des Kriegs, die uns eingetrichtert hat, dass ‹Uncle Joe› ein Held war, weil er uns eine zweite Front verschaffte. Doch Uncle Joe hatte einen Geheimpakt mit Hitler unterzeichnet, und Russland war nur deshalb auf unserer Seite, weil Deutschland es angriffen hatte. Es war nicht unsere östliche Front. Wir waren seine westliche Front!»
    «Mom sagte, du hättest manchmal geweint, wenn sie mich im Arm hielt, als ich ein Baby war.»
    «Jetzt gehst du wirklich zu weit.»
    «Warum?»
    «Wer hat dir beigebracht, so zu reden?»
    «So reden die Leute in meinem Alter nun mal. Sag einfach nur, warum.»
    «Weil ich, als ich deine Mutter so sah, hier in Amerika, an all die Frauen in Polen denken musste, die ihre eigenen Kinder in den Gaskammern an ihre nackte Brust pressten und ihnen einschärften, tief einzuatmen, damit sie nicht zu leiden hätten. An Babys, die ihre Henker noch anlächelten. Die dem eigenen Tod die Finger entgegenreckten. Und das erfüllte mich mit Wut.»
    «Du bist aus Europa zurückgekehrt, weil es dort nichts gab, was du hättest tun können», sagte Saul.
    Sheldon nickte.
    «Was soll ich jetzt tun, Dad?»
    «Wir sind am Leben, weil das hier unser Land ist. Sein ganzer Irrsinn. Seine Geschichte. Seine Probleme. Es ist unsere Zukunft. Wir verdanken ihm unser Leben. Daher bewahren wir es vor Schaden und helfen ihm, ordentlich erwachsen zu werden.»
    «Ich weiß», sagte Saul.
    «Und dieses Land ist im Krieg.»
    «Ich weiß.»
    «Ich bin nicht sicher, wie wir unsere Toten ehren sollen, wenn wir den einzigen Ort, der uns Zuflucht geboten hat, nicht schützen. Wenn wir nicht daran arbeiten, einen besseren Ort daraus zu machen.»
    «Ich gehe jetzt auf mein Zimmer.»
    «Okay.»
    «Ich liebe dich, Dad.»
    Sheldon nickte nur.
    Weniger als eine Woche später war Saul fort, und kurz darauf war er tot. Er hatte eine kurze Nachricht auf dem Küchentisch hinterlassen, darin stand, er habe sich erneut freiwillig gemeldet und werde derselben Einheit zugewiesen. Er werde bald schreiben und es sei wunderbar gewesen, sie beide gesehen zu haben. Dass er sie liebe. Dass er hoffe, seinen Vater stolz zu machen und sich schon auf den Tag freue, an dem der Krieg vorbei sein werde.

17. Kapitel
    «Ich habe meinen Sohn getötet, Bill. Er ist tot, weil er mich liebte.»
    «Er hat dich sehr geliebt.»
    «Unser Gespräch an dem Morgen ist mir als Streit in Erinnerung geblieben. Aber wahrscheinlich war es das gar nicht.»
    «Nein. Er wollte keinen Streit. Er hatte ja keine Position zu verteidigen.»
    «Ich kann nicht reden, ohne zu streiten.»
    «Das macht deinen Charme aus.»
    «Was hätte ich denn tun sollen?»
    «Du meinst, als er hereinkam? Und begann, dir Fragen zu stellen?»
    «Ja, genau.»
    «Du hättest ihn umarmen können und ihm sagen, was du empfindest.»
    «Ich habe ihm gesagt, was ich empfinde!»
    «Hast du nicht.»
    «Was weißt du schon?»
    «Was glaubst du, mit wem du hier sprichst?»
    «Was habe ich denn empfunden?»
    «Liebe und Erleichterung. Du liebtest ihn so sehr, dass du auf Abstand gehen musstest.»
    «Du redest wie ein Mädchen.»
    «Dieses Gefühl – in deinen Händen. Das manchmal dazu führt, dass du die Hände zusammenballst. Weißt du, was das ist?»
    «Arthritis.»
    «Du hast ihn nicht berührt. Bei dieser letzten Begegnung. In deinem Wohnzimmer. Er stand direkt vor dir. Und du hast ihn nicht in den Arm genommen. Hast seine Hände nicht berührt. Ihm nicht die Hand auf die Wange gelegt, wie du es bei ihm als Baby getan hast. Du hast deine Wange nicht an die seine gepresst. Das wolltest du doch eigentlich! Was für ein wunderschöner Junge. Erinnerst du dich? Er strahlte etwas Überirdisches aus. Und du hast ihn nicht berührt. Und jetzt wirst du das Gefühl in deinen Fingern nicht mehr los.»
    «Was für ein Gefühl?»
    «Die Leere. Du hast ihm von dem Schweigen erzählt. Von der Leere hast du nichts gesagt.»
    «Du bist ein richtiger Miesmacher, Bill. Weißt du das?»
    «Gleich kommt der See. Jetzt hast du die Chance, den Traktor zu verstecken.»
    «
Jup


    Sie haben fünfzig Kilometer zurückgelegt. Auf der linken Seite taucht allmählich der Rødenessjøen auf, ein kleiner See bei Akershus, den Sheldon zum Etappenziel

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