Ein silbernes Hufeisen
über das Gehörte, wobei seine Gedanken nicht eben klarer wurden, aber sie führten ihn doch immer wieder in die Vergangenheit zurück, in eine scheinbar produktive Richtung, und sie erinnerten ihn an Momente, die er schon längst vergessen hatte: Damals beim Dinner im November, hatte der Lord nicht seinen Arm um Guinievaire gelegt und von ihrer gemeinsamen Reise aufs Land erzählt? Nun, Freunde verreisten durchaus gemeinsam, dachte Tony, aber hatte er sie nicht auch beständig Engel und Schatz und Prinzessin genannt, wie es nur die wenigsten Freunde taten? Und war Guinievaire nicht nach dem Essen für eine Weile verschwunden gewesen, während Tony sich mit ihrem Vater unterhalten hatte, und war Alexander nicht in diese Konversation geplatzt? Dies alles waren keine Anhaltspunkte für irgendetwas, dachte Tony weiter, aber was war es nicht gewesen, das Cecilia an diesem Abend zu ihm gesagt hatte? Wenn Sie einmal darüber sprechen wollen, Mr Ford, niemand wird Sie so gut verstehen wie ich, so oder so ähnlich waren ihre Worte an ihn gewesen, die er damals schnell vergessen hatte, weil er ihnen keine Bedeutung beigemessen hatte. Was hatte sie jedoch gemeint, was hatten sie gemeinsam? Guinievaire und Alexander, dies war die Antwort, Tony war ihr Verlobter und Cecilia war seine Frau gewesen. War deshalb ihre Ehe gescheitert und machte es nicht Sinn? Denn warum sollte er ihr bester Freund sein wollen, wie hätte er drei lange Jahre in ihrer Nähe verbringen sollen ohne schwach zu werden? Er war nicht ihr Bruder, es gab nichts, was ihm im Weg hätte stehen sollen und warum hätte sie Nein sagen sollen zu ihm, der wie für sie geschaffen schien? Es machte Sinn, wenn man es recht bedachte, fand Tony.
Und es machte doch auch keinen Sinn, denn Guinievaire hatte ihm stets geschworen, Alexander sei ihr nichts weiter als ein Freund. Warum hätte sie deswegen lügen sollen? Warum hatte sie nicht ihn geheiratet, wenn sie ihn liebte, sondern Tonys Antrag angenommen? Vielleicht war sie bei ihm, vielleicht waren sie gemeinsam abgereist, vielleicht hatte er ihr einen Ring gekauft und ihre Hand gehalten, Guinievaire würde ihn dennoch nicht heiraten, ganz einfach weil Guinievaire Tonys Verlobte war und sie war ein guter Mensch.
8 Oktober
Guinievaire war noch niemals zuvor in Paris gewesen, und im Grunde hatte sie es auf ihrer Reise nach Italien nicht besuchen wollen, denn es war ein großer Umweg und zugleich eine sehr große Versuchung. Sie änderte ihre Pläne jedoch um ihres besten Freundes Willen, denn während sie in den ersten Tagen ihrer Reise der Meinung war, sie verliefe durchaus sehr gut, schien Alexander sich zugleich ausgesprochen zu langweilen: er klagte recht oft über ihre neue, unspontane Art der Freizeitgestaltung und dann lag er ihr in den Ohren damit, wie zum Teufel sie es nur aushalten konnte, nach neun Monaten endlich wieder in die Freiheit zu gelangen und dann nicht einmal einen Tropfen Alkohol anzurühren oder nicht einmal eine winzige, dünne Zigarette zu rauchen oder zu feiern und zu tanzen, wie sie es früher so sehr geliebt hatte. Guinievaire verdrehte dabei stets die Augen, wenn er ihr Vorhaltungen machte, aber sie konnte dennoch nicht leugnen, dass ihr die Umstellung ihres freien Lebens nicht doch mehr als schwer fiel. Als Alexander ihr also, nachdem sie in einem Gespräch nebenbei erwähnt hatte, dass sie bisher noch nie die französische Hauptstadt gesehen hatte, vorschlug, zumindest einige, wenige Tage dort zu verbringen, erklärte sie sich bereit, um ihm einen Gefallen zu tun, ein klein wenig von der Reiseroute abzuweichen. Ihr Freund, der immerhin ihr Retter und Held war, sollte nicht unter ihrem neuerlichen Anstand leiden müssen, außerdem war sie durchaus neugierig und einige wenige Stunden Ablenkung waren sicher nicht schlimm für sie, besonders nicht, weil sie fast ein ganzes Jahr nichts weiter von der Welt gesehen hatte als ein kleines Zimmer. Sie hatte sich Paris also wirklich verdient.
Und so fuhren sie schließlich auch nach Paris, wo Alex bester Freund Logan immerhin schon seit Jahren lebte und wo Alex selbst oft mit seinen Eltern gewesen war und sich dadurch natürlich bestens auskannte. Gemeinsam taten sie all die albernen Dinge, die Touristen unternahmen, waren sie in Paris: sie gingen die Champs-Elysées hinauf und natürlich nahm Alex ihre Hand, während sie unter den mittlerweile recht kahlen Bäumen schlenderten. Er nahm sie auch mit in den Louvre und sie verbrachten
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