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Ein silbernes Hufeisen

Ein silbernes Hufeisen

Titel: Ein silbernes Hufeisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Barbera
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nur sich selbst, sondern auch ihn beschützen.
    „Ich hatte dich bereits aufgegeben,“ würde Tony nach einem langen Seufzer endlich zugeben und dabei beten, dass sie nicht anfangen würde, zu weinen, denn es würde ihn umbringen, täte sie dies. „Was hast du getan?“ würde sie vermutlich mit leiser, verletzter Stimme fragen, weil sie ihm zunächst nicht glauben würde, schließlich hatte er ihr gegenüber immer geschworen, dass er sie lieben würde bis an sein Lebensende. „Zu Beginn habe ich versucht, dich zu finden, aber es gab nicht einmal das kleinste Zeichen, also habe ich aufgegeben, Guinievaire. Dass ich hier bin, das ist nur ein Zufall. Ich wollte dich noch nicht einmal mehr finden. Ich habe dich rücksichtslos im Stich gelassen. Und ich habe alle meine Versprechen gebrochen.“ Dies wäre sein umfassendes Geständnis, wobei er sich nicht um Entschuldigungen bemühen würde, denn für sein Verhalten gab es ganz einfach keinerlei Entschuldigungen. „Oh,“ würde sie vermutlich leise murmeln und dabei traurig zu Boden blicken, zugleich wäre sie weitaus zu getroffen, um laut zu werden oder ihn gar anzuschreien.
    „Guinievaire,“ würde er mit einer zitternden Stimme sagen, wobei er sicherlich schon in diesem Moment beschlossen hatte, ihr zu vergeben. Immerhin hatte er sie schon immer viel zu sehr geliebt, schon vom ersten Augenblick an. Dabei hatte sie ihn davor gewarnt, aber er hatte damals nicht hören wollen und deshalb konnte Guinievaire sich auch diesmal seiner Nachsicht absolut sicher sein. Dennoch würde sie sich grauenhaft fühlen, schlicht und einfach, weil sie zugelassen hatte, dass er sich in sie verliebte und weil sie sogar zugelassen hatte, dass sie sich in ihn verliebte, obwohl sie um so vieles besser als er gewusst hatte, dass sie dies nicht hätte tun sollen.
    „Es ist in Ordnung,“ würde sie in Tonys Vorstellung sagen.
    „Ich habe dich betrogen,“ würde sie in Guinievaires Kopf sagen.
    „Nein, das ist es nicht,“ würde Tony ihr widersprechen. Er würde sich niemals derart leichtfertig vergeben und er würde es genauso wenig jemals vergessen. Dabei würde es für Guinievaire vielleicht noch nicht einmal eine besonders große oder gar überwältigende Rolle spielen, denn es war nichts Substantielles, was er getan hatte, und nichts, was tatsächlich vorgefallen war. Für Guinievaire zählte immerhin stets nur das Ergebnis und nicht etwa, wie es zu diesem gekommen war. Deswegen würde sie wohl auch ihre weiße, weiche Hand auf seine beschämte Wange legen und sich noch einmal sanft wiederholen. „Es ist in Ordnung, Tony, glaube mir. Nun bist du hier bei mir und ich vergebe dir natürlich.“ Wenn er optimistisch war, dann sagte sie eventuell auch noch etwas wie, „Ich liebe dich.“ Könnte er es ihr doch nur erzählen, könnte sie ihn doch nur erlösen von den Vorwürfen, die er sich machte! Er würde sie küssen, weil er so furchtbar erleichtert wäre über ihre vollkommene Reaktion. Alles wäre dann wieder perfekt.
    Tony würde sie sehr lange ansehen, wobei er darüber nachdenken würde, was sie ihm erzählt hatte, und er würde sich fragen, warum sie es getan hatte, wo es doch offensichtlich war, dass sie sich schlicht und einfach nichts dabei gedacht hatte. „Ein Kuss ist bedeutungslos ohne Gefühle,“ würde er dann schließlich erklären mit einer durchaus etwas strapazierten Stimme, weil er wusste, dass Guinievaire dies wirklich glaubte und Tony würde sich zumindest dazu zwingen, die Dinge von ihrem nüchternen Standpunkt aus zu sehen. Also würde sie nicken und ihm zustimmen und dann, um ihm zu beweisen, dass Küsse mit ihm ihr um so vieles wichtiger und bedeutungsvoller waren, würde sie ihn küssen auf genau die Art und Weise, wie er es gerne hatte, langsam, sanft und sehr romantisch. Er würde ihren Kuss erwidern und seine Finger fest in ihre Seiten drücken.
    Hunderte Male dachten sie beide darüber nach, wie es wohl wäre und was sie einander zu sagen hätten, hätten sie dazu die Möglichkeit. Als Tony dieser Phantasie jedoch endlich überdrüssig wurde und als er es nicht länger ertragen konnte, von ihr getrennt zu sein und mit seiner Schuld zu leben, da beschloss er, etwas unternehmen zu müssen: er musste sie befreien.
     
     
    „Schon seit einem Monat weißt du es!“ rief Vicky in einem sehr vorwurfsvollen Tonfall, dabei blickte sie Tony fassungslos an und beugte sich über den Tisch hinweg ein wenig nach vorne. „Seit einem Monat siehst du sie jeden

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