Ein sinnlicher Schuft
zu. »Er ist noch reicher als ich.« Woraufhin der Gottesmann mit ausgebreiteten Armen das glückliche Paar willkommen hieß.
»Sirs und Madam, wie ich sehe, gibt es einige Dinge zu besprechen. Wenn Sie mir bitte in die Sakristei folgen wollen…«
Dann saßen sie alle beisammen. Chantal, die Berties Hand hielt. Dr. Bennett, der vergeblich ihren Puls zu kontrollieren versuchte und wohl zu ahnen begann, dass er seine Lieblingspatientin verlieren würde. Außerdem Colin und der Bischof.
Nur Lementeur blieb etwas abseitsstehen. »Von hier aus kann ich die Ereignisse besser verfolgen«, hatte er Colin zugeflüstert. »Wegen dieser Geschichte werde ich jahrelang zum Abendessen eingeladen.«
»Schmutziges Gerede.«
»Oh, ich werde Sie gut wegkommen lassen, Sir, machen Sie sich keine Sorgen. Der großmütige Ritter, der die schöne kranke Schauspielerin rettet, obwohl er eine andere liebt.«
»Woher wollen Sie das wissen?«
Lementeur lächelte. »Miss Filby ist eine sehr außergewöhnliche junge Dame, Sir. Sie haben einen bewundernswert guten Geschmack.«
Die Erinnerung an Pru schmerzte. Er seufzte erschöpft. Was machte schon ein wenig Klatsch und Tratsch? Er würde Chantal von Bertie loseisen und sie trotz dieses Zwischenspiels heiraten müssen, aber er schien seine Rechnung ohne Chantal gemacht zu haben. Die beschwor nämlich gerade ihre Liebe zu Bertram Ardmore.
»Ich musste dich verlassen«, sagte sie kläglich. »Gaffin hätte dich sonst umgebracht.«
Bertie warf Colin einen aufgebrachten Blick zu. »Und wieso warst du einverstanden, ihn zu heiraten?«
Colin runzelte die Stirn. »Ja, du warst einverstanden, mich zu heiraten. Daraus schließe ich, dass es für dich in Ordnung geht, wenn Gaffin mich umbringt.«
Chantal ignorierte seinen Einwand, wandte sich erneut an Bertie und den Bischof. »Ich musste Sir Colins Antrag annehmen, weil ich in Bath keine Menschenseele hatte, die mir geholfen hätte…«
In diesem Moment legte Bennett eine Hand schwer auf Colins Schulter. »Lassen Sie es gut sein, Mann. Sie hat Sie bloß wegen einer Sache gebraucht, weil sie nämlich pleite war.« Colin vermutete, dass es in diesem Zusammenhang auch mit des Doktors kostenfreier Behandlung zu Ende gewesen wäre.
Chantal fuhr fort: »Ich konnte dir keine Nachricht zukommen lassen, weil ich nicht glaubte, dass du mir je verzeihen würdest.«
Das Unglaubliche war, dass Colin nicht eine Sekunde den Eindruck hatte, dass Chantal Theater spielte. Keine einstudierten sehnsuchtsvollen Blicke, keine verführerische Stimme, kein berechnendes Zurschaustellen von körperlichen Reizen, kein koketter Wimpernaufschlag, keine übertriebenen Liebesbekundungen. Das hier war eine Chantal, wie er sie noch nie erlebt hatte.
Bertie umklammerte ihre Hände und presste sie dramatisch an sein Herz. »Oh, mein Darling, meine ewig Geliebte, es gibt nichts, was ich dir nicht verzeihen könnte.«
»Na, was für ein Glück«, murmelte Colin. Schließlich war Chantals Sündenregister ziemlich lang.
Der Bischof warf vehement ein großes Gesangbuch zu Boden, um dem Tollhaus Einhalt zu gebieten. Dann lächelte er Bertram Ardmore an. »Mylord, wie es scheint, haben wir ein kleines Problem. Erst heute Morgen habe ich Sir Colin eine Sondergenehmigung gewährt, damit er Miss Marchant heiraten kann. Nach dem Papier bedeutet dies, dass die beiden bereits einen Ehevertrag eingegangen sind.«
»Aber…« Chantal war entsetzt. »Wir haben das Gelübde schließlich noch nicht abgelegt! Wie können wir verheiratet sein ohne Gelübde und Trauzeremonie?«
Der Bischof rieb sich übertrieben nachdenklich das Kinn. »Das ist wahr…«
Colin hob eine Hand. »Miss Marchant vergisst in ihrer Aufregung eine Sache.« Er warf seiner Braut einen Blick zu. »Unsere Tochter«, erinnerte er sie. »Melody?«
Der Bischof erblasste. »Es gibt bereits ein Kind aus dieser Verbindung?«
Chantal winkte ab. »Nein, nein, nein. Das war alles… ein Missverständnis. Ich habe kein Kind.« Sie war wenigstens anständig genug, ein wenig beschämt auszusehen. »Ich war in dieser Hinsicht nicht ganz ehrlich.«
Dr. Bennett räusperte sich. »Wie alt ist das Kind, wenn ich fragen darf?«
»Um die drei Jahre.«
Der Arzt schüttelte den Kopf. »Dann kann ich mich für Miss Marchants Unschuld in dieser Hinsicht verbürgen. Das rheumatische Fieber, das sie vor vier Jahren erlitt, hat ihr Herz zu sehr geschwächt, als dass es einer Schwangerschaft gewachsen gewesen wäre, wenn Sie mir diese
Weitere Kostenlose Bücher